Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0093" n="93"/><lb/> loser — muͤßiger Moment ist Tortur fuͤr meine Seele. Sie fuͤhlt in sich das Leere; und das Gefuͤhl der Leerheit im Menschen kann nur das peinlichste seyn. Der Wuͤrkung nach, vermoͤge des stillen Tobens einer heftigen unbefriedigten Begierde, und der verzehrenden innerlichen, oft sich aͤußerlich empoͤrenden, aufbrausenden Unruh, koͤmmt dieses Gefuͤhl der <hi rendition="#b">Sehnsucht</hi> am naͤchsten. Ganz natuͤrlich. Jm Menschen ist ein ewiger, und ununterbrochener, nothwendiger, wechselseitiger Einfluß der Seele und des Koͤrpers. Da die Urkraͤfte eines lebendigen Koͤrpers stets wirksam sind, und die Lebenssaͤfte stets in ihrem Kreislauf herumgetrieben, folglich die inneren Werkzeuge und der Seelenorgan stets regegemacht werden, und theils, indem sie auf den Koͤrper zuruͤck wirken, ihr Beduͤrfniß — durch die aͤußern Werkzeuge aͤußern muͤssen; theils in sich selbst Vorrath aufsuchen; das Gedaͤchtniß zu Huͤlfe nehmen, und veraltete Jdeen zuruͤck rufen. So ist der ganze Mensch thaͤtig, so muß alles in ihm thaͤtig — wuͤrkend seyn. — So ist der Trieb zur Geschaͤftigkeit <hi rendition="#b">allgemein,</hi> und in der menschlichen Natur gegruͤndet. Die Hauptsache bleibt dieselbe; so unabaͤnderlich die menschliche Natur <hi rendition="#b">im allgemeinen</hi> ist; so unabaͤnderlich sind die Triebe, die in ihrer Wesenheit angepflanzt liegen. Menschliche Natur im Jndividuum aber modifizirt sich; so wie ihr Verhaͤltniß zu andern Jndividuen; folglich auch ihre Triebe<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [93/0093]
loser — muͤßiger Moment ist Tortur fuͤr meine Seele. Sie fuͤhlt in sich das Leere; und das Gefuͤhl der Leerheit im Menschen kann nur das peinlichste seyn. Der Wuͤrkung nach, vermoͤge des stillen Tobens einer heftigen unbefriedigten Begierde, und der verzehrenden innerlichen, oft sich aͤußerlich empoͤrenden, aufbrausenden Unruh, koͤmmt dieses Gefuͤhl der Sehnsucht am naͤchsten. Ganz natuͤrlich. Jm Menschen ist ein ewiger, und ununterbrochener, nothwendiger, wechselseitiger Einfluß der Seele und des Koͤrpers. Da die Urkraͤfte eines lebendigen Koͤrpers stets wirksam sind, und die Lebenssaͤfte stets in ihrem Kreislauf herumgetrieben, folglich die inneren Werkzeuge und der Seelenorgan stets regegemacht werden, und theils, indem sie auf den Koͤrper zuruͤck wirken, ihr Beduͤrfniß — durch die aͤußern Werkzeuge aͤußern muͤssen; theils in sich selbst Vorrath aufsuchen; das Gedaͤchtniß zu Huͤlfe nehmen, und veraltete Jdeen zuruͤck rufen. So ist der ganze Mensch thaͤtig, so muß alles in ihm thaͤtig — wuͤrkend seyn. — So ist der Trieb zur Geschaͤftigkeit allgemein, und in der menschlichen Natur gegruͤndet. Die Hauptsache bleibt dieselbe; so unabaͤnderlich die menschliche Natur im allgemeinen ist; so unabaͤnderlich sind die Triebe, die in ihrer Wesenheit angepflanzt liegen. Menschliche Natur im Jndividuum aber modifizirt sich; so wie ihr Verhaͤltniß zu andern Jndividuen; folglich auch ihre Triebe
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