Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789.Zur Seelenzeichenkunde. Aus den Papieren eines Selbstbeobachters. Die Folge meiner Vorstellungen und Empfindungen gründet sich gemeiniglich auf eine gleichsam durch sich selbst entstandene, oft mir ganz unerklärbare, ohne mein Zuthun, meine Anstrengung hervorgebrachte Laune, die bald in der Organisation des Körpers, vorzüglich aber in der Eigenthümlichkeit der Denkart und der Leidenschaften ihren Grund haben mag. Selten sinds Gründe des Nachdenkens, der Ueberlegung, die mich fröhlich, oder traurig machen; ich kann mir zwar ein gewisses Frohseyn, einen Kummer der Seele, nachdem es die Umstände erfordern, so gut wie andre Menschen, erzwingen; aber gewöhnlich werde ich ganz unwillkürlich, ja oft wider meinen Willen zur Freude gestimmt, und wider meinen Willen von trüben Vorstellungen, worinn ich mehr Nahrung auch mehr Geistesthätigkeit, als in jener zu finden glaube, abgerufen. Als eine Folge jener Laune, deren Einwirkungen ich nicht früh genug vorgebaut habe, betrachte Zur Seelenzeichenkunde. Aus den Papieren eines Selbstbeobachters. Die Folge meiner Vorstellungen und Empfindungen gruͤndet sich gemeiniglich auf eine gleichsam durch sich selbst entstandene, oft mir ganz unerklaͤrbare, ohne mein Zuthun, meine Anstrengung hervorgebrachte Laune, die bald in der Organisation des Koͤrpers, vorzuͤglich aber in der Eigenthuͤmlichkeit der Denkart und der Leidenschaften ihren Grund haben mag. Selten sinds Gruͤnde des Nachdenkens, der Ueberlegung, die mich froͤhlich, oder traurig machen; ich kann mir zwar ein gewisses Frohseyn, einen Kummer der Seele, nachdem es die Umstaͤnde erfordern, so gut wie andre Menschen, erzwingen; aber gewoͤhnlich werde ich ganz unwillkuͤrlich, ja oft wider meinen Willen zur Freude gestimmt, und wider meinen Willen von truͤben Vorstellungen, worinn ich mehr Nahrung auch mehr Geistesthaͤtigkeit, als in jener zu finden glaube, abgerufen. Als eine Folge jener Laune, deren Einwirkungen ich nicht fruͤh genug vorgebaut habe, betrachte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0097" n="97"/><lb/><lb/> </div> </div> <div n="2"> <head>Zur Seelenzeichenkunde.</head><lb/> <div n="3"> <head>Aus den Papieren eines Selbstbeobachters.</head><lb/> <note type="editorial"> <bibl> <persName ref="#ref999"><note type="editorial"/>Anonym</persName> </bibl> </note> <p>Die Folge meiner Vorstellungen und Empfindungen gruͤndet sich gemeiniglich auf eine gleichsam durch sich selbst entstandene, oft mir ganz unerklaͤrbare, ohne mein Zuthun, meine Anstrengung hervorgebrachte <hi rendition="#b">Laune,</hi> die bald in der Organisation des Koͤrpers, vorzuͤglich aber in der Eigenthuͤmlichkeit der Denkart und der Leidenschaften ihren Grund haben mag. Selten sinds Gruͤnde des Nachdenkens, der Ueberlegung, die mich froͤhlich, oder traurig machen; ich kann mir zwar ein gewisses Frohseyn, einen Kummer der Seele, nachdem es die Umstaͤnde erfordern, so gut wie andre Menschen, erzwingen; aber gewoͤhnlich werde ich ganz <hi rendition="#b">unwillkuͤrlich,</hi> ja oft <hi rendition="#b">wider</hi> meinen Willen zur Freude gestimmt, und <hi rendition="#b">wider</hi> meinen Willen von truͤben Vorstellungen, worinn ich <hi rendition="#b">mehr Nahrung auch mehr Geistesthaͤtigkeit,</hi> als in jener zu finden glaube, abgerufen.</p> <p>Als eine Folge jener Laune, deren Einwirkungen ich nicht fruͤh genug vorgebaut habe, betrachte<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [97/0097]
Zur Seelenzeichenkunde.
Aus den Papieren eines Selbstbeobachters.
Die Folge meiner Vorstellungen und Empfindungen gruͤndet sich gemeiniglich auf eine gleichsam durch sich selbst entstandene, oft mir ganz unerklaͤrbare, ohne mein Zuthun, meine Anstrengung hervorgebrachte Laune, die bald in der Organisation des Koͤrpers, vorzuͤglich aber in der Eigenthuͤmlichkeit der Denkart und der Leidenschaften ihren Grund haben mag. Selten sinds Gruͤnde des Nachdenkens, der Ueberlegung, die mich froͤhlich, oder traurig machen; ich kann mir zwar ein gewisses Frohseyn, einen Kummer der Seele, nachdem es die Umstaͤnde erfordern, so gut wie andre Menschen, erzwingen; aber gewoͤhnlich werde ich ganz unwillkuͤrlich, ja oft wider meinen Willen zur Freude gestimmt, und wider meinen Willen von truͤben Vorstellungen, worinn ich mehr Nahrung auch mehr Geistesthaͤtigkeit, als in jener zu finden glaube, abgerufen.
Als eine Folge jener Laune, deren Einwirkungen ich nicht fruͤh genug vorgebaut habe, betrachte
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