Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789.
M. J. D. Mauchart.
M. J. D. Mauchart. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0105" n="105"/><lb/> oft anfangs ganz in sich versenkt, endlich aber geht er davon weg, und sagt: »ach, das sind ja nur Bilder, denen thuts nicht weh. Nicht wahr?« — Neben dem sind die Anlagen und Faͤhigkeiten seiner Seele eben so vorzuͤglich, als die seines Bruders. Verstand, Fassungskraft, Gedaͤchtniß, Einbildungskraft und Witz sind in gleichem Grade und in der gluͤcklichsten Mischung bei ihm vereinigt. Was man ihm sagt, faßt er schnell und leicht, ist aber nicht zufrieden, bis er die Sache ganz begriffen hat, und wenn ihm daher anfaͤnglich etwas nicht ganz deutlich ist, so ruht er so lange nicht mit Fragen, bis es ihm voͤllig hell geworden ist; nicht ganz so gluͤcklich ist er im Behalten dessen, was er gefaßt hat. Was er liebt, daruͤber denkt er nach, und macht dann Einwendungen dagegen, die von vielem Verstande zeugen. So las er einst Abends in meinem Zimmer vor sich in der Bibel. Ploͤtzlich fuhr er auf und sagte: »Ei, man sagt, die Bibel sey wahr, und das ist doch nichts!« Jch fragte: Warum? Dann zeigte er mir die Stellen: Pred. Sal. 1, 4. und Kap. 3, 19. und sagte: »Das ist ja nicht wahr, was hier steht.« Jch erklaͤrte ihm dann die Stellen, und endlich gab er sich zufrieden. Ein anderesmal fragte er mich schnell: »Jst der Wind ewig?« Warum? sagte ich, Er: »weil er unsichtbar ist; es heißt ja in einem Spruch: was unsichtbar ist, das ist ewig.«</p> <p rendition="#right"> <hi rendition="#aq">M.</hi> <hi rendition="#b"> <persName ref="#ref13"><note type="editorial">Mauchart, Jmmanuel David</note>J. D. Mauchart.</persName> </hi> </p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [105/0105]
oft anfangs ganz in sich versenkt, endlich aber geht er davon weg, und sagt: »ach, das sind ja nur Bilder, denen thuts nicht weh. Nicht wahr?« — Neben dem sind die Anlagen und Faͤhigkeiten seiner Seele eben so vorzuͤglich, als die seines Bruders. Verstand, Fassungskraft, Gedaͤchtniß, Einbildungskraft und Witz sind in gleichem Grade und in der gluͤcklichsten Mischung bei ihm vereinigt. Was man ihm sagt, faßt er schnell und leicht, ist aber nicht zufrieden, bis er die Sache ganz begriffen hat, und wenn ihm daher anfaͤnglich etwas nicht ganz deutlich ist, so ruht er so lange nicht mit Fragen, bis es ihm voͤllig hell geworden ist; nicht ganz so gluͤcklich ist er im Behalten dessen, was er gefaßt hat. Was er liebt, daruͤber denkt er nach, und macht dann Einwendungen dagegen, die von vielem Verstande zeugen. So las er einst Abends in meinem Zimmer vor sich in der Bibel. Ploͤtzlich fuhr er auf und sagte: »Ei, man sagt, die Bibel sey wahr, und das ist doch nichts!« Jch fragte: Warum? Dann zeigte er mir die Stellen: Pred. Sal. 1, 4. und Kap. 3, 19. und sagte: »Das ist ja nicht wahr, was hier steht.« Jch erklaͤrte ihm dann die Stellen, und endlich gab er sich zufrieden. Ein anderesmal fragte er mich schnell: »Jst der Wind ewig?« Warum? sagte ich, Er: »weil er unsichtbar ist; es heißt ja in einem Spruch: was unsichtbar ist, das ist ewig.«
M. J. D. Mauchart.
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