Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789.
"Endlich entschloß ich mich, einen Ausweg zu treffen, und fiel auf den Gedanken, selber ein kleines Theater zu errichten. Jch hatte noch einige Schulkameraden in meiner Vaterstadt, und weil ich von S... aus oft dahin kam, so wurde ich mit diesen eins, in einem ihrer Häuser ein Theater aufzurichten, wo wir alle Wochen einmal spielen wollten; wir gewannen auch einige Mädchens dazu, und nun glaubte ich alle meine Wünsche erreicht zu haben, als die Aeltern meines Kameraden unser Vorhaben begünstigten, und noch mehr, als wir wirklich darauf zur Probe ein kleines Schauspiel aufführten." -- "Zu dem Ende habe ich, wie Du weist, die vielen Komödien theils abgeschrieben, theils aus Moliere übersetzt, theils selbst verfertigt, wozu ich nur die Sch...sche Komödienzettel, worauf der Titel und die Personen eines Stücks standen, gebrauchte. Jch habe sie Dir, wenn ichs noch recht weiß, einmal gezeigt, und ich wünsche nur, daß ich sie aufbehalten hätte, weil ich vielleicht noch jetzt mir manches daraus abstrahiren könnte." -- "Allein aus unserm Theater wurde außer der ersten Probe nichts. Denn es kam ein Zufall dazwischen, der -- ich danke Gott noch dafür, wenn ich mich seiner erinnere -- mich vor dem Unglück,
»Endlich entschloß ich mich, einen Ausweg zu treffen, und fiel auf den Gedanken, selber ein kleines Theater zu errichten. Jch hatte noch einige Schulkameraden in meiner Vaterstadt, und weil ich von S... aus oft dahin kam, so wurde ich mit diesen eins, in einem ihrer Haͤuser ein Theater aufzurichten, wo wir alle Wochen einmal spielen wollten; wir gewannen auch einige Maͤdchens dazu, und nun glaubte ich alle meine Wuͤnsche erreicht zu haben, als die Aeltern meines Kameraden unser Vorhaben beguͤnstigten, und noch mehr, als wir wirklich darauf zur Probe ein kleines Schauspiel auffuͤhrten.« — »Zu dem Ende habe ich, wie Du weist, die vielen Komoͤdien theils abgeschrieben, theils aus Moliere uͤbersetzt, theils selbst verfertigt, wozu ich nur die Sch...sche Komoͤdienzettel, worauf der Titel und die Personen eines Stuͤcks standen, gebrauchte. Jch habe sie Dir, wenn ichs noch recht weiß, einmal gezeigt, und ich wuͤnsche nur, daß ich sie aufbehalten haͤtte, weil ich vielleicht noch jetzt mir manches daraus abstrahiren koͤnnte.« — »Allein aus unserm Theater wurde außer der ersten Probe nichts. Denn es kam ein Zufall dazwischen, der — ich danke Gott noch dafuͤr, wenn ich mich seiner erinnere — mich vor dem Ungluͤck, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0111" n="111"/><lb/> das damals zu S... noch herrschte: ein Komoͤdiant duͤrfe nicht zum heil. Abendmahl gehen, und koͤnne auch nicht selig werden.«</p> <p>»Endlich entschloß ich mich, einen Ausweg zu treffen, und fiel auf den Gedanken, selber ein kleines Theater zu errichten. Jch hatte noch einige Schulkameraden in meiner Vaterstadt, und weil ich von S... aus oft dahin kam, so wurde ich mit diesen eins, in einem ihrer Haͤuser ein Theater aufzurichten, wo wir alle Wochen einmal spielen wollten; wir gewannen auch einige Maͤdchens dazu, und nun glaubte ich alle meine Wuͤnsche erreicht zu haben, als die Aeltern meines Kameraden unser Vorhaben beguͤnstigten, und noch mehr, als wir wirklich darauf zur Probe ein kleines Schauspiel auffuͤhrten.« —</p> <p>»Zu dem Ende habe ich, wie Du weist, die vielen Komoͤdien theils abgeschrieben, theils aus Moliere uͤbersetzt, theils selbst verfertigt, wozu ich nur die Sch...sche Komoͤdienzettel, worauf der Titel und die Personen eines Stuͤcks standen, gebrauchte. Jch habe sie Dir, wenn ichs noch recht weiß, einmal gezeigt, und ich wuͤnsche nur, daß ich sie aufbehalten haͤtte, weil ich vielleicht noch jetzt mir manches daraus abstrahiren koͤnnte.« —</p> <p>»Allein aus unserm Theater wurde außer der ersten Probe nichts. Denn es kam ein Zufall dazwischen, der — ich danke Gott noch dafuͤr, wenn ich mich seiner erinnere — mich vor dem Ungluͤck,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [111/0111]
das damals zu S... noch herrschte: ein Komoͤdiant duͤrfe nicht zum heil. Abendmahl gehen, und koͤnne auch nicht selig werden.«
»Endlich entschloß ich mich, einen Ausweg zu treffen, und fiel auf den Gedanken, selber ein kleines Theater zu errichten. Jch hatte noch einige Schulkameraden in meiner Vaterstadt, und weil ich von S... aus oft dahin kam, so wurde ich mit diesen eins, in einem ihrer Haͤuser ein Theater aufzurichten, wo wir alle Wochen einmal spielen wollten; wir gewannen auch einige Maͤdchens dazu, und nun glaubte ich alle meine Wuͤnsche erreicht zu haben, als die Aeltern meines Kameraden unser Vorhaben beguͤnstigten, und noch mehr, als wir wirklich darauf zur Probe ein kleines Schauspiel auffuͤhrten.« —
»Zu dem Ende habe ich, wie Du weist, die vielen Komoͤdien theils abgeschrieben, theils aus Moliere uͤbersetzt, theils selbst verfertigt, wozu ich nur die Sch...sche Komoͤdienzettel, worauf der Titel und die Personen eines Stuͤcks standen, gebrauchte. Jch habe sie Dir, wenn ichs noch recht weiß, einmal gezeigt, und ich wuͤnsche nur, daß ich sie aufbehalten haͤtte, weil ich vielleicht noch jetzt mir manches daraus abstrahiren koͤnnte.« —
»Allein aus unserm Theater wurde außer der ersten Probe nichts. Denn es kam ein Zufall dazwischen, der — ich danke Gott noch dafuͤr, wenn ich mich seiner erinnere — mich vor dem Ungluͤck,
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789/111>, abgerufen am 16.02.2025. |