Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite


lagen zu mechanischen Geschicklichkeiten scheint er auch zu haben, denn er giebt sich z.B. oft damit ab, daß er aus Bohnen, die noch in den Hülsen sind, oder andern länglichten Körpern mit vieler Mühe Holzstöße und Fugen erbaut, die ihm eine desto größere Freude machen, je höher er sie, ohne daß sie einfallen, bauen kann, oder er macht manchmal selbst aus kleinen Stückchen Holz und Fäden ganz kleine Zuggeschirre für seine hölzernen Pferde, womit er sie an irgend etwas, das einem Fuhrwerk ähnlich ist, anspannt. Auch hatte er eine große Freude daran, und war sehr dabei beschäftigt, als ich ihm einst eine Jägertasche verfertigen half, wie Robinson sich eine machte. Anlage zur Dichtkunst hingegen konnte ich nicht in ihm entdecken, vielmehr habe ich die sonderbare Bemerkung an ihm gemacht, daß er Erzählungen und Fabeln in Versen bei weitem nicht so gerne hört, als die in Prose. -- Unter seinen Leidenschaften ist wohl der Ehrtrieb die stärkste; und eben diese ist es, von der ich oben sagte, daß sie leicht ausarten könnte, wenn sie nicht jetzo schon richtig gelenkt und gehörig eingeschränkt würde. Das Lob seines Vaters zu verdienen, oder auf seiner Meriten Liste optime etc. von mir zu erhalten, dies sind ihm so wichtige Dinge, daß er alles mögliche anwendet, um nicht ihrer beraubt zu werden. Giebt ihm sein Vater eine thätige Probe seines Wohlgefallens, so wird er dadurch so sehr zum Guten angespornt, daß er nun aus allen Kräf-


lagen zu mechanischen Geschicklichkeiten scheint er auch zu haben, denn er giebt sich z.B. oft damit ab, daß er aus Bohnen, die noch in den Huͤlsen sind, oder andern laͤnglichten Koͤrpern mit vieler Muͤhe Holzstoͤße und Fugen erbaut, die ihm eine desto groͤßere Freude machen, je hoͤher er sie, ohne daß sie einfallen, bauen kann, oder er macht manchmal selbst aus kleinen Stuͤckchen Holz und Faͤden ganz kleine Zuggeschirre fuͤr seine hoͤlzernen Pferde, womit er sie an irgend etwas, das einem Fuhrwerk aͤhnlich ist, anspannt. Auch hatte er eine große Freude daran, und war sehr dabei beschaͤftigt, als ich ihm einst eine Jaͤgertasche verfertigen half, wie Robinson sich eine machte. Anlage zur Dichtkunst hingegen konnte ich nicht in ihm entdecken, vielmehr habe ich die sonderbare Bemerkung an ihm gemacht, daß er Erzaͤhlungen und Fabeln in Versen bei weitem nicht so gerne hoͤrt, als die in Prose. — Unter seinen Leidenschaften ist wohl der Ehrtrieb die staͤrkste; und eben diese ist es, von der ich oben sagte, daß sie leicht ausarten koͤnnte, wenn sie nicht jetzo schon richtig gelenkt und gehoͤrig eingeschraͤnkt wuͤrde. Das Lob seines Vaters zu verdienen, oder auf seiner Meriten Liste optime etc. von mir zu erhalten, dies sind ihm so wichtige Dinge, daß er alles moͤgliche anwendet, um nicht ihrer beraubt zu werden. Giebt ihm sein Vater eine thaͤtige Probe seines Wohlgefallens, so wird er dadurch so sehr zum Guten angespornt, daß er nun aus allen Kraͤf-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0097" n="97"/><lb/>
lagen zu mechanischen Geschicklichkeiten scheint                         er auch zu haben, denn er giebt sich z.B. oft damit ab, daß er aus Bohnen,                         die noch in den Hu&#x0364;lsen sind, oder andern la&#x0364;nglichten Ko&#x0364;rpern mit vieler Mu&#x0364;he                         Holzsto&#x0364;ße und Fugen erbaut, die ihm eine desto gro&#x0364;ßere Freude machen, je                         ho&#x0364;her er sie, ohne daß sie einfallen, bauen kann, oder er macht manchmal                         selbst aus kleinen Stu&#x0364;ckchen Holz und Fa&#x0364;den ganz kleine Zuggeschirre fu&#x0364;r                         seine ho&#x0364;lzernen Pferde, womit er sie an irgend etwas, das einem Fuhrwerk                         a&#x0364;hnlich ist, anspannt. Auch hatte er eine große Freude daran, und war sehr                         dabei bescha&#x0364;ftigt, als ich ihm einst eine Ja&#x0364;gertasche verfertigen half, wie                         Robinson sich eine machte. Anlage zur Dichtkunst hingegen konnte ich nicht                         in ihm entdecken, vielmehr habe ich die sonderbare Bemerkung an ihm gemacht,                         daß er Erza&#x0364;hlungen und Fabeln in Versen bei weitem nicht so gerne ho&#x0364;rt, als                         die in Prose. &#x2014; Unter seinen Leidenschaften ist wohl der <hi rendition="#b">Ehrtrieb </hi> die sta&#x0364;rkste; und eben diese ist es, von der ich oben                         sagte, daß sie leicht ausarten ko&#x0364;nnte, wenn sie nicht jetzo schon richtig                         gelenkt und geho&#x0364;rig eingeschra&#x0364;nkt wu&#x0364;rde. Das Lob seines Vaters zu verdienen,                         oder auf seiner Meriten Liste <hi rendition="#aq">optime</hi> etc. von                         mir zu erhalten, dies sind ihm so wichtige Dinge, daß er alles mo&#x0364;gliche                         anwendet, um nicht ihrer beraubt zu werden. Giebt ihm sein Vater eine                         tha&#x0364;tige Probe seines Wohlgefallens, so wird er dadurch so sehr zum Guten                         angespornt, daß er nun aus allen Kra&#x0364;f-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[97/0097] lagen zu mechanischen Geschicklichkeiten scheint er auch zu haben, denn er giebt sich z.B. oft damit ab, daß er aus Bohnen, die noch in den Huͤlsen sind, oder andern laͤnglichten Koͤrpern mit vieler Muͤhe Holzstoͤße und Fugen erbaut, die ihm eine desto groͤßere Freude machen, je hoͤher er sie, ohne daß sie einfallen, bauen kann, oder er macht manchmal selbst aus kleinen Stuͤckchen Holz und Faͤden ganz kleine Zuggeschirre fuͤr seine hoͤlzernen Pferde, womit er sie an irgend etwas, das einem Fuhrwerk aͤhnlich ist, anspannt. Auch hatte er eine große Freude daran, und war sehr dabei beschaͤftigt, als ich ihm einst eine Jaͤgertasche verfertigen half, wie Robinson sich eine machte. Anlage zur Dichtkunst hingegen konnte ich nicht in ihm entdecken, vielmehr habe ich die sonderbare Bemerkung an ihm gemacht, daß er Erzaͤhlungen und Fabeln in Versen bei weitem nicht so gerne hoͤrt, als die in Prose. — Unter seinen Leidenschaften ist wohl der Ehrtrieb die staͤrkste; und eben diese ist es, von der ich oben sagte, daß sie leicht ausarten koͤnnte, wenn sie nicht jetzo schon richtig gelenkt und gehoͤrig eingeschraͤnkt wuͤrde. Das Lob seines Vaters zu verdienen, oder auf seiner Meriten Liste optime etc. von mir zu erhalten, dies sind ihm so wichtige Dinge, daß er alles moͤgliche anwendet, um nicht ihrer beraubt zu werden. Giebt ihm sein Vater eine thaͤtige Probe seines Wohlgefallens, so wird er dadurch so sehr zum Guten angespornt, daß er nun aus allen Kraͤf-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789/97
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789/97>, abgerufen am 27.11.2024.