Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791.
Nun kam die Zeit, wo er diese Akademie verlassen, und sie mit einer vaterländischen vertauschen sollte. Er ging vor seiner Abreise noch einmal in ein Collegium, wo er gewis war, den Herrn von ** zu treffen, sah ihn fast die ganze Stunde unverwandt an, und schien ganz ruhig abzureisen. Er blieb anderthalb Jahre auf dieser Akademie, und seine Landsleute schrieben uns: --g sey ein ganz andrer Mensch geworden, er sey still und äußerst melancholisch, und man befürchte, daß ihn diese Schwermuth nie verlassen würde. --g ging nach vollendeten Studien nach seiner Vaterstadt zurück, wo ich ihn eben bei einer Durchreise gesprochen habe. Es waren grade drei Jahr, da er zum erstenmale den Herrn von ** gesehen. Er hatte unterdeß eine langwierige und schmerzhafte Krankheit ausgestanden, welche sein Nervensystem doch ziemlich durchschüttert haben mußte, allein weder die Krankheit, noch die Länge der Zeit hatten vermocht, seine unglückliche Leidenschaft ihm aus der Seele zu nehmen. Sey's daß Krankheit, oder seine Leidenschaft, oder Beide zu gleichen Theilen ihn so verändert, kurz -- ich sah in ihm einen ganz andern Menschen.
Nun kam die Zeit, wo er diese Akademie verlassen, und sie mit einer vaterlaͤndischen vertauschen sollte. Er ging vor seiner Abreise noch einmal in ein Collegium, wo er gewis war, den Herrn von ** zu treffen, sah ihn fast die ganze Stunde unverwandt an, und schien ganz ruhig abzureisen. Er blieb anderthalb Jahre auf dieser Akademie, und seine Landsleute schrieben uns: —g sey ein ganz andrer Mensch geworden, er sey still und aͤußerst melancholisch, und man befuͤrchte, daß ihn diese Schwermuth nie verlassen wuͤrde. —g ging nach vollendeten Studien nach seiner Vaterstadt zuruͤck, wo ich ihn eben bei einer Durchreise gesprochen habe. Es waren grade drei Jahr, da er zum erstenmale den Herrn von ** gesehen. Er hatte unterdeß eine langwierige und schmerzhafte Krankheit ausgestanden, welche sein Nervensystem doch ziemlich durchschuͤttert haben mußte, allein weder die Krankheit, noch die Laͤnge der Zeit hatten vermocht, seine ungluͤckliche Leidenschaft ihm aus der Seele zu nehmen. Sey's daß Krankheit, oder seine Leidenschaft, oder Beide zu gleichen Theilen ihn so veraͤndert, kurz — ich sah in ihm einen ganz andern Menschen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0011" n="9"/><lb/> dabei druͤckte er mir die Hand und Thraͤnen stockten in seinen Augen. — </p> <p>Nun kam die Zeit, wo er diese Akademie verlassen, und sie mit einer vaterlaͤndischen vertauschen sollte. </p> <p>Er ging vor seiner Abreise noch einmal in ein Collegium, wo er gewis war, den Herrn von ** zu treffen, sah ihn fast die ganze Stunde <choice><corr>unverwandt</corr><sic>unterwandt</sic></choice> an, und schien ganz ruhig abzureisen.</p> <p>Er blieb anderthalb Jahre auf dieser Akademie, und seine Landsleute schrieben uns: —g sey ein ganz andrer Mensch geworden, er sey still und aͤußerst melancholisch, und man befuͤrchte, daß ihn diese Schwermuth nie verlassen wuͤrde. </p> <p>—g ging nach vollendeten Studien nach seiner Vaterstadt zuruͤck, wo ich ihn eben bei einer Durchreise gesprochen habe. </p> <p>Es waren grade drei Jahr, da er zum erstenmale den Herrn von ** gesehen. </p> <p>Er hatte unterdeß eine langwierige und schmerzhafte Krankheit ausgestanden, welche sein Nervensystem doch ziemlich durchschuͤttert haben mußte, allein weder die Krankheit, noch die Laͤnge der Zeit hatten vermocht, seine ungluͤckliche Leidenschaft ihm aus der Seele zu nehmen. </p> <p>Sey's daß Krankheit, oder seine Leidenschaft, oder Beide zu gleichen Theilen ihn so veraͤndert, kurz — ich sah in ihm einen ganz andern Menschen. </p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [9/0011]
dabei druͤckte er mir die Hand und Thraͤnen stockten in seinen Augen. —
Nun kam die Zeit, wo er diese Akademie verlassen, und sie mit einer vaterlaͤndischen vertauschen sollte.
Er ging vor seiner Abreise noch einmal in ein Collegium, wo er gewis war, den Herrn von ** zu treffen, sah ihn fast die ganze Stunde unverwandt an, und schien ganz ruhig abzureisen.
Er blieb anderthalb Jahre auf dieser Akademie, und seine Landsleute schrieben uns: —g sey ein ganz andrer Mensch geworden, er sey still und aͤußerst melancholisch, und man befuͤrchte, daß ihn diese Schwermuth nie verlassen wuͤrde.
—g ging nach vollendeten Studien nach seiner Vaterstadt zuruͤck, wo ich ihn eben bei einer Durchreise gesprochen habe.
Es waren grade drei Jahr, da er zum erstenmale den Herrn von ** gesehen.
Er hatte unterdeß eine langwierige und schmerzhafte Krankheit ausgestanden, welche sein Nervensystem doch ziemlich durchschuͤttert haben mußte, allein weder die Krankheit, noch die Laͤnge der Zeit hatten vermocht, seine ungluͤckliche Leidenschaft ihm aus der Seele zu nehmen.
Sey's daß Krankheit, oder seine Leidenschaft, oder Beide zu gleichen Theilen ihn so veraͤndert, kurz — ich sah in ihm einen ganz andern Menschen.
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
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