Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791.
Der Zeitpunkt der Entwicklung des Keims, sagen unsere Sinne, ist, so bald als er in das Jnnre der Gebährmutter eingedrungen ist, da doch gewiß nach aller Wahrscheinlichkeit seine Entwicklung schon von Ewigkeit her angefangen und der Keim nur dieses Orts bedurfte, um einer vollendeteren Ausbildung entgegenzugehen. Die Natur steht niemals still, überall Entwicklung und Wachsthum, so wohl im Großen als im Kleinen, so in dem alterndem Greise, so in dem Keime, der in dem neugebohrnen Kinde zu einer künftigen Generation verborgen liegt: immer Fortschreiten auf höhere Stufen der Vollkommenheit und Ausbildung. Wollt ihr also einen Anfang der Entwicklung festsetzen, so nehmet den Anfang des Weltgebäudes, hier ist der Standpunkt, wo sie beginnet, und das Ende -- Ewigkeit. -- Jhr Weisen macht die ganze Natur tod und ohne Leben, da sie doch überall lebt und arbeitet. Der erste Athemzug, mit welchem das Leben des Kindes anfähet, ist, sagt ihr, der Augenblick, wo das Kind sein Wehklagen anstimmet, ungewohnt
Der Zeitpunkt der Entwicklung des Keims, sagen unsere Sinne, ist, so bald als er in das Jnnre der Gebaͤhrmutter eingedrungen ist, da doch gewiß nach aller Wahrscheinlichkeit seine Entwicklung schon von Ewigkeit her angefangen und der Keim nur dieses Orts bedurfte, um einer vollendeteren Ausbildung entgegenzugehen. Die Natur steht niemals still, uͤberall Entwicklung und Wachsthum, so wohl im Großen als im Kleinen, so in dem alterndem Greise, so in dem Keime, der in dem neugebohrnen Kinde zu einer kuͤnftigen Generation verborgen liegt: immer Fortschreiten auf hoͤhere Stufen der Vollkommenheit und Ausbildung. Wollt ihr also einen Anfang der Entwicklung festsetzen, so nehmet den Anfang des Weltgebaͤudes, hier ist der Standpunkt, wo sie beginnet, und das Ende — Ewigkeit. — Jhr Weisen macht die ganze Natur tod und ohne Leben, da sie doch uͤberall lebt und arbeitet. Der erste Athemzug, mit welchem das Leben des Kindes anfaͤhet, ist, sagt ihr, der Augenblick, wo das Kind sein Wehklagen anstimmet, ungewohnt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0036" n="34"/><lb/> einerlei Gesetzen, nur fuͤr uns verschiedenen, da unsere Sinne an das Groͤbere gewoͤhnt, nicht Ursache und Wuͤrkung, Mittel und Endzweck in dem Kleinen der Natur wahrnehmen koͤnnen. So weit als moͤglich muͤssen wir uns also von den taͤuschenden Sinnen entfernen, und Schlusart des Analogischen in dergleichen Untersuchungen zu Huͤlfe nehmen. </p> <p>Der Zeitpunkt der Entwicklung des Keims, sagen unsere Sinne, ist, so bald als er in das Jnnre der Gebaͤhrmutter eingedrungen ist, da doch gewiß nach aller Wahrscheinlichkeit seine Entwicklung schon von Ewigkeit her angefangen und der Keim nur dieses Orts bedurfte, um einer vollendeteren Ausbildung entgegenzugehen. Die Natur steht niemals still, uͤberall Entwicklung und Wachsthum, so wohl im Großen als im Kleinen, so in dem alterndem Greise, so in dem Keime, der in dem neugebohrnen Kinde zu einer kuͤnftigen Generation verborgen liegt: immer Fortschreiten auf hoͤhere Stufen der Vollkommenheit und Ausbildung. </p> <p>Wollt ihr also einen Anfang der Entwicklung festsetzen, so nehmet den Anfang des Weltgebaͤudes, hier ist der Standpunkt, wo sie beginnet, und das Ende — Ewigkeit. — </p> <p>Jhr Weisen macht die ganze Natur tod und ohne Leben, da sie doch uͤberall lebt und arbeitet. Der erste Athemzug, mit welchem das Leben des Kindes anfaͤhet, ist, sagt ihr, der Augenblick, wo das Kind sein Wehklagen anstimmet, ungewohnt<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [34/0036]
einerlei Gesetzen, nur fuͤr uns verschiedenen, da unsere Sinne an das Groͤbere gewoͤhnt, nicht Ursache und Wuͤrkung, Mittel und Endzweck in dem Kleinen der Natur wahrnehmen koͤnnen. So weit als moͤglich muͤssen wir uns also von den taͤuschenden Sinnen entfernen, und Schlusart des Analogischen in dergleichen Untersuchungen zu Huͤlfe nehmen.
Der Zeitpunkt der Entwicklung des Keims, sagen unsere Sinne, ist, so bald als er in das Jnnre der Gebaͤhrmutter eingedrungen ist, da doch gewiß nach aller Wahrscheinlichkeit seine Entwicklung schon von Ewigkeit her angefangen und der Keim nur dieses Orts bedurfte, um einer vollendeteren Ausbildung entgegenzugehen. Die Natur steht niemals still, uͤberall Entwicklung und Wachsthum, so wohl im Großen als im Kleinen, so in dem alterndem Greise, so in dem Keime, der in dem neugebohrnen Kinde zu einer kuͤnftigen Generation verborgen liegt: immer Fortschreiten auf hoͤhere Stufen der Vollkommenheit und Ausbildung.
Wollt ihr also einen Anfang der Entwicklung festsetzen, so nehmet den Anfang des Weltgebaͤudes, hier ist der Standpunkt, wo sie beginnet, und das Ende — Ewigkeit. —
Jhr Weisen macht die ganze Natur tod und ohne Leben, da sie doch uͤberall lebt und arbeitet. Der erste Athemzug, mit welchem das Leben des Kindes anfaͤhet, ist, sagt ihr, der Augenblick, wo das Kind sein Wehklagen anstimmet, ungewohnt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |