Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791.
Die Geschichte der Menschheit von außen, und die Geschichte des menschlichen Geistes von innen, müssen sich doch endlich auf einem Punkte begegnen, wo die wunderbaren Phänomene anfangen, sich aufzuklären; wo das Denkende und Empfindende sich selbst weniger fremde, mit sich selber vertrauter, und sich selber gesicherter wird. Da nun das Denkende durch eine dünnere Scheidewand voneinander abgesondert, sich ineinander wiederfindet; so ist die Wahrheitsforschung auch ein gemeinschaftlicher Antheil der Sterblichen, welche aus allen Zeitaltern, sich in diesem Punkte wieder zusammenfinden, der immer reiner und heller werden muß, je uneigennütziger sich die Gedanken mittheilen, und je weniger ein einzelner Sterblicher das Gebiet der Wahrheiten sich zu umfassen zutraut. Zu einer solchen Mittheilung der Gedanken soll das Magazin zur Erfahrungsseelenkunde eine fortdaurende Veranlassung geben; es soll das Mannigfaltigste von den äußern Erfahrungen unsers Wesens sammlen, und es für den Denker und Forscher aufbewahren; die Erfahrungen sollen freilich durch Nachdenken geleitet, das Nachdenken
Die Geschichte der Menschheit von außen, und die Geschichte des menschlichen Geistes von innen, muͤssen sich doch endlich auf einem Punkte begegnen, wo die wunderbaren Phaͤnomene anfangen, sich aufzuklaͤren; wo das Denkende und Empfindende sich selbst weniger fremde, mit sich selber vertrauter, und sich selber gesicherter wird. Da nun das Denkende durch eine duͤnnere Scheidewand voneinander abgesondert, sich ineinander wiederfindet; so ist die Wahrheitsforschung auch ein gemeinschaftlicher Antheil der Sterblichen, welche aus allen Zeitaltern, sich in diesem Punkte wieder zusammenfinden, der immer reiner und heller werden muß, je uneigennuͤtziger sich die Gedanken mittheilen, und je weniger ein einzelner Sterblicher das Gebiet der Wahrheiten sich zu umfassen zutraut. Zu einer solchen Mittheilung der Gedanken soll das Magazin zur Erfahrungsseelenkunde eine fortdaurende Veranlassung geben; es soll das Mannigfaltigste von den aͤußern Erfahrungen unsers Wesens sammlen, und es fuͤr den Denker und Forscher aufbewahren; die Erfahrungen sollen freilich durch Nachdenken geleitet, das Nachdenken <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0005" n="3"/><lb/> naͤhern suchen, muß auch unmittelbar sich zeigen, jemehr das Mannichfaltige sich selber auf die einfachsten und wahresten Grundsaͤtze zuruͤckfuͤhrt, welche uͤber die Verkettungen der menschlichen Dinge den reinsten Aufschluß geben. </p> <p>Die Geschichte der Menschheit von außen, und die Geschichte des menschlichen Geistes von innen, muͤssen sich doch endlich auf einem Punkte begegnen, wo die wunderbaren Phaͤnomene anfangen, sich aufzuklaͤren; wo das Denkende und Empfindende sich selbst weniger fremde, mit sich selber vertrauter, und sich selber gesicherter wird. </p> <p>Da nun das Denkende durch eine duͤnnere Scheidewand voneinander abgesondert, sich ineinander wiederfindet; so ist die Wahrheitsforschung auch ein gemeinschaftlicher Antheil der Sterblichen, welche aus allen Zeitaltern, sich in diesem Punkte wieder zusammenfinden, der immer reiner und heller werden muß, je uneigennuͤtziger sich die Gedanken mittheilen, und je weniger ein einzelner Sterblicher das Gebiet der Wahrheiten sich zu umfassen zutraut. </p> <p>Zu einer solchen Mittheilung der Gedanken soll das Magazin zur Erfahrungsseelenkunde eine fortdaurende Veranlassung geben; es soll das Mannigfaltigste von den aͤußern Erfahrungen unsers Wesens sammlen, und es fuͤr den Denker und Forscher aufbewahren; die Erfahrungen sollen freilich durch Nachdenken geleitet, das Nachdenken<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [3/0005]
naͤhern suchen, muß auch unmittelbar sich zeigen, jemehr das Mannichfaltige sich selber auf die einfachsten und wahresten Grundsaͤtze zuruͤckfuͤhrt, welche uͤber die Verkettungen der menschlichen Dinge den reinsten Aufschluß geben.
Die Geschichte der Menschheit von außen, und die Geschichte des menschlichen Geistes von innen, muͤssen sich doch endlich auf einem Punkte begegnen, wo die wunderbaren Phaͤnomene anfangen, sich aufzuklaͤren; wo das Denkende und Empfindende sich selbst weniger fremde, mit sich selber vertrauter, und sich selber gesicherter wird.
Da nun das Denkende durch eine duͤnnere Scheidewand voneinander abgesondert, sich ineinander wiederfindet; so ist die Wahrheitsforschung auch ein gemeinschaftlicher Antheil der Sterblichen, welche aus allen Zeitaltern, sich in diesem Punkte wieder zusammenfinden, der immer reiner und heller werden muß, je uneigennuͤtziger sich die Gedanken mittheilen, und je weniger ein einzelner Sterblicher das Gebiet der Wahrheiten sich zu umfassen zutraut.
Zu einer solchen Mittheilung der Gedanken soll das Magazin zur Erfahrungsseelenkunde eine fortdaurende Veranlassung geben; es soll das Mannigfaltigste von den aͤußern Erfahrungen unsers Wesens sammlen, und es fuͤr den Denker und Forscher aufbewahren; die Erfahrungen sollen freilich durch Nachdenken geleitet, das Nachdenken
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |