Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791.
Es wird gewiß jedem Psychologen schwer werden, schon dieses nur einigermaßen zu erklären. Aber gewiß nachfolgende Umstände weit mehr noch! Nach drei Jahren ward die Heftigkeit der Krankheit so gebrochen, daß bloß alle 6 Wochen convulsivische krämpfigte Zufälle, durch 3, 4, auch 8 Tage eintraten, keine andere Zufälle aber sich äusserten. Unter diesem Zeitpunkt war der siebenjährige Krieg eingetreten. Mein Bruder bei der hannövrischen Armee engagirt; und ich ein eifriger partheinehmender Verehrer Jhres großen Königs. Jch lebte zu Glückstadt bei meinem Oheim, dem Grafen von D...., Canzler in Glückstadt, der sehr Oestreichisch gesinnt, dessen älteste Tochter aber, weil sie an den Sohn des Generallieutenannt, Graf Kielmansegg, unter dessen Regiment mein Bruder angestellt, versprochen war, mit mir eine Parthei hielt. Da ich mit jenen leidigen Zufällen bis in mein zwei und dreißigstes Jahr behaftet war, so war ich auch dort, wie gewöhnlich, von Zeit zu Zeit damit befallen. Nie war meine Seele munterer, zum Studieren mehr aufgelegt, als dann, so schwach der Körper und die Nerven auch dann und in solchem Grade waren, daß ich zuletzt krum und gebückt einherging, wenn ein solcher Zufall eintrat.
Es wird gewiß jedem Psychologen schwer werden, schon dieses nur einigermaßen zu erklaͤren. Aber gewiß nachfolgende Umstaͤnde weit mehr noch! Nach drei Jahren ward die Heftigkeit der Krankheit so gebrochen, daß bloß alle 6 Wochen convulsivische kraͤmpfigte Zufaͤlle, durch 3, 4, auch 8 Tage eintraten, keine andere Zufaͤlle aber sich aͤusserten. Unter diesem Zeitpunkt war der siebenjaͤhrige Krieg eingetreten. Mein Bruder bei der hannoͤvrischen Armee engagirt; und ich ein eifriger partheinehmender Verehrer Jhres großen Koͤnigs. Jch lebte zu Gluͤckstadt bei meinem Oheim, dem Grafen von D...., Canzler in Gluͤckstadt, der sehr Oestreichisch gesinnt, dessen aͤlteste Tochter aber, weil sie an den Sohn des Generallieutenannt, Graf Kielmansegg, unter dessen Regiment mein Bruder angestellt, versprochen war, mit mir eine Parthei hielt. Da ich mit jenen leidigen Zufaͤllen bis in mein zwei und dreißigstes Jahr behaftet war, so war ich auch dort, wie gewoͤhnlich, von Zeit zu Zeit damit befallen. Nie war meine Seele munterer, zum Studieren mehr aufgelegt, als dann, so schwach der Koͤrper und die Nerven auch dann und in solchem Grade waren, daß ich zuletzt krum und gebuͤckt einherging, wenn ein solcher Zufall eintrat. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0054" n="52"/><lb/> unwillkuͤhrliche Bewegung meines Koͤrpers, und oft folgte sie dem Koͤrper mit gaͤnzlicher Ueberlassung seiner selbst. </p> <p>Es wird gewiß jedem Psychologen schwer werden, schon dieses nur einigermaßen zu erklaͤren. Aber gewiß nachfolgende Umstaͤnde weit mehr noch! Nach drei Jahren ward die Heftigkeit der Krankheit so gebrochen, daß bloß alle 6 Wochen convulsivische kraͤmpfigte Zufaͤlle, durch 3, 4, auch 8 Tage eintraten, keine andere Zufaͤlle aber sich aͤusserten. </p> <p>Unter diesem Zeitpunkt war der siebenjaͤhrige Krieg eingetreten. Mein Bruder bei der hannoͤvrischen Armee engagirt; und ich ein eifriger partheinehmender Verehrer Jhres großen Koͤnigs. Jch lebte zu Gluͤckstadt bei meinem Oheim, dem Grafen von <hi rendition="#b">D....</hi>, Canzler in Gluͤckstadt, der sehr Oestreichisch gesinnt, dessen aͤlteste Tochter aber, weil sie an den Sohn des Generallieutenannt, Graf <hi rendition="#b">Kielmansegg,</hi> unter dessen Regiment mein Bruder angestellt, versprochen war, mit mir eine Parthei hielt. </p> <p>Da ich mit jenen leidigen Zufaͤllen bis in mein zwei und dreißigstes Jahr behaftet war, so war ich auch dort, wie gewoͤhnlich, von Zeit zu Zeit damit befallen. Nie war meine Seele munterer, zum Studieren mehr aufgelegt, als dann, so schwach der Koͤrper und die Nerven auch dann und in solchem Grade waren, daß ich zuletzt krum und gebuͤckt einherging, wenn ein solcher Zufall eintrat. </p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [52/0054]
unwillkuͤhrliche Bewegung meines Koͤrpers, und oft folgte sie dem Koͤrper mit gaͤnzlicher Ueberlassung seiner selbst.
Es wird gewiß jedem Psychologen schwer werden, schon dieses nur einigermaßen zu erklaͤren. Aber gewiß nachfolgende Umstaͤnde weit mehr noch! Nach drei Jahren ward die Heftigkeit der Krankheit so gebrochen, daß bloß alle 6 Wochen convulsivische kraͤmpfigte Zufaͤlle, durch 3, 4, auch 8 Tage eintraten, keine andere Zufaͤlle aber sich aͤusserten.
Unter diesem Zeitpunkt war der siebenjaͤhrige Krieg eingetreten. Mein Bruder bei der hannoͤvrischen Armee engagirt; und ich ein eifriger partheinehmender Verehrer Jhres großen Koͤnigs. Jch lebte zu Gluͤckstadt bei meinem Oheim, dem Grafen von D...., Canzler in Gluͤckstadt, der sehr Oestreichisch gesinnt, dessen aͤlteste Tochter aber, weil sie an den Sohn des Generallieutenannt, Graf Kielmansegg, unter dessen Regiment mein Bruder angestellt, versprochen war, mit mir eine Parthei hielt.
Da ich mit jenen leidigen Zufaͤllen bis in mein zwei und dreißigstes Jahr behaftet war, so war ich auch dort, wie gewoͤhnlich, von Zeit zu Zeit damit befallen. Nie war meine Seele munterer, zum Studieren mehr aufgelegt, als dann, so schwach der Koͤrper und die Nerven auch dann und in solchem Grade waren, daß ich zuletzt krum und gebuͤckt einherging, wenn ein solcher Zufall eintrat.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |