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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791.

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Ach, wie dunkel, wie dunkel wird es um mich her! Jst mein Geist unsterblich? o welche bange Zweifel erwachen in meiner Seele?

Und alle diese wurden doch nur durch meinen Unmuth aufgeweckt, und mein Weinen entstand aus einer unbefriedigten Leidenschaft, und meine Leidenschaft entstand aus mir selbst, und wird mir noch manche Thräne auspressen, mein ganzes Leben hindurch.

Sie wird mich in eine einsame Hütte verbannen, und wird mich von der Gesellschaft der Menschen entfernen. Und ich werde die Tage meines Lebens in Trauern hinbringen.

Ohne von irgend einem Menschen gekannt und geliebt zu seyn.

Mit Thränen werde ich mein Brod essen, und mit nassem Blick werde ich der Sonne entgegen sehen, wenn sie aufgeht, und mit meinen Thränen werde ich sie begleiten, wenn sie untergeht, bis die Quelle versiegt, und meine Augen trocken werden.

Dann ist meine Lebenskraft verzehrt, meine Schmerzen sind vorüber, ich empfinde weder Wehmuth noch Freude mehr, ich lächle froh, und weiß nicht worüber.

Meine Leiden hören auf, und es wird besser mit mir werden; dann währet es kurze Zeit, so deckt die Erde meinen Staub, und man gedenket meiner nicht! --



Ach, wie dunkel, wie dunkel wird es um mich her! Jst mein Geist unsterblich? o welche bange Zweifel erwachen in meiner Seele?

Und alle diese wurden doch nur durch meinen Unmuth aufgeweckt, und mein Weinen entstand aus einer unbefriedigten Leidenschaft, und meine Leidenschaft entstand aus mir selbst, und wird mir noch manche Thraͤne auspressen, mein ganzes Leben hindurch.

Sie wird mich in eine einsame Huͤtte verbannen, und wird mich von der Gesellschaft der Menschen entfernen. Und ich werde die Tage meines Lebens in Trauern hinbringen.

Ohne von irgend einem Menschen gekannt und geliebt zu seyn.

Mit Thraͤnen werde ich mein Brod essen, und mit nassem Blick werde ich der Sonne entgegen sehen, wenn sie aufgeht, und mit meinen Thraͤnen werde ich sie begleiten, wenn sie untergeht, bis die Quelle versiegt, und meine Augen trocken werden.

Dann ist meine Lebenskraft verzehrt, meine Schmerzen sind voruͤber, ich empfinde weder Wehmuth noch Freude mehr, ich laͤchle froh, und weiß nicht woruͤber.

Meine Leiden hoͤren auf, und es wird besser mit mir werden; dann waͤhret es kurze Zeit, so deckt die Erde meinen Staub, und man gedenket meiner nicht! —


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[66/0068] Ach, wie dunkel, wie dunkel wird es um mich her! Jst mein Geist unsterblich? o welche bange Zweifel erwachen in meiner Seele? Und alle diese wurden doch nur durch meinen Unmuth aufgeweckt, und mein Weinen entstand aus einer unbefriedigten Leidenschaft, und meine Leidenschaft entstand aus mir selbst, und wird mir noch manche Thraͤne auspressen, mein ganzes Leben hindurch. Sie wird mich in eine einsame Huͤtte verbannen, und wird mich von der Gesellschaft der Menschen entfernen. Und ich werde die Tage meines Lebens in Trauern hinbringen. Ohne von irgend einem Menschen gekannt und geliebt zu seyn. Mit Thraͤnen werde ich mein Brod essen, und mit nassem Blick werde ich der Sonne entgegen sehen, wenn sie aufgeht, und mit meinen Thraͤnen werde ich sie begleiten, wenn sie untergeht, bis die Quelle versiegt, und meine Augen trocken werden. Dann ist meine Lebenskraft verzehrt, meine Schmerzen sind voruͤber, ich empfinde weder Wehmuth noch Freude mehr, ich laͤchle froh, und weiß nicht woruͤber. Meine Leiden hoͤren auf, und es wird besser mit mir werden; dann waͤhret es kurze Zeit, so deckt die Erde meinen Staub, und man gedenket meiner nicht! —

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0801_1791/68>, abgerufen am 18.05.2024.