Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite


vor, so daß diese beiden Dinge in seiner Jdee eine unaussprechlich schöne Vorstellung machten.

4) Während dieser Singeübungen kam ihm nun auch die Lust an Schreiben zu lernen, womit denn im folgenden Winter, da er schon in sein neuntes Jahr getreten war, der Anfang gemacht wurde.

Er dachte aber hierbei gleich Ehre einzulegen, indem er gar nicht begreifen konnte, wie es möglich sey, daß man nicht gleich so schreiben könne, wie es einem vorgeschrieben, da er weiter nichts dazu erforderlich glaubte, als daß man das Vorgeschriebene recht genau ansähe, und es dann eben so nachmachte.

Diese Jdee hatte sich bei ihm so festgesetzt, daß er es für ein ganz Leichtes hielt, die erste Vorschrift gleich so nachzumachen, daß man nicht unterscheiden könne, welches sein und welches des Schulmeisters Geschriebenes sey. Um desto mehr schmerzte es ihn aber, da er sich in dieser Meinung betrogen fand; denn da er nun die erste Vorschrift hatte, welche in den Grundstrichen und ersten daraus herfließenden Buchstaben bestand, die der Schulmeister an der Seite niedergeschrieben hatte, und er sich nun, sobald er zu Hause kam, ganz unbefangen dabei setzte, um diese Zeichen alle so nachzumachen, wie sie vorgeschrieben waren, wollte


vor, so daß diese beiden Dinge in seiner Jdee eine unaussprechlich schoͤne Vorstellung machten.

4) Waͤhrend dieser Singeuͤbungen kam ihm nun auch die Lust an Schreiben zu lernen, womit denn im folgenden Winter, da er schon in sein neuntes Jahr getreten war, der Anfang gemacht wurde.

Er dachte aber hierbei gleich Ehre einzulegen, indem er gar nicht begreifen konnte, wie es moͤglich sey, daß man nicht gleich so schreiben koͤnne, wie es einem vorgeschrieben, da er weiter nichts dazu erforderlich glaubte, als daß man das Vorgeschriebene recht genau ansaͤhe, und es dann eben so nachmachte.

Diese Jdee hatte sich bei ihm so festgesetzt, daß er es fuͤr ein ganz Leichtes hielt, die erste Vorschrift gleich so nachzumachen, daß man nicht unterscheiden koͤnne, welches sein und welches des Schulmeisters Geschriebenes sey. Um desto mehr schmerzte es ihn aber, da er sich in dieser Meinung betrogen fand; denn da er nun die erste Vorschrift hatte, welche in den Grundstrichen und ersten daraus herfließenden Buchstaben bestand, die der Schulmeister an der Seite niedergeschrieben hatte, und er sich nun, sobald er zu Hause kam, ganz unbefangen dabei setzte, um diese Zeichen alle so nachzumachen, wie sie vorgeschrieben waren, wollte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0111" n="111"/><lb/>
vor, so daß diese beiden Dinge in seiner Jdee eine unaussprechlich scho&#x0364;ne                         Vorstellung machten. </p>
            <p>4) Wa&#x0364;hrend dieser Singeu&#x0364;bungen kam ihm nun auch die Lust an Schreiben zu                         lernen, womit denn im folgenden Winter, da er schon in sein neuntes Jahr                         getreten war, der Anfang gemacht wurde.</p>
            <p>Er dachte aber hierbei gleich Ehre einzulegen, indem er gar nicht begreifen                         konnte, wie es mo&#x0364;glich sey, daß man nicht gleich so schreiben ko&#x0364;nne, wie es                         einem vorgeschrieben, da er weiter nichts dazu erforderlich glaubte, als daß                         man das Vorgeschriebene recht genau ansa&#x0364;he, und es dann eben so                         nachmachte.</p>
            <p>Diese Jdee hatte sich bei ihm so festgesetzt, daß er es fu&#x0364;r ein ganz Leichtes                         hielt, die erste Vorschrift gleich so nachzumachen, daß man nicht                         unterscheiden ko&#x0364;nne, welches sein und welches des Schulmeisters                         Geschriebenes sey. Um desto mehr schmerzte es ihn aber, da er sich in dieser                         Meinung betrogen fand; denn da er nun die erste Vorschrift hatte, welche in                         den Grundstrichen und ersten daraus herfließenden Buchstaben bestand, die                         der Schulmeister an der Seite niedergeschrieben hatte, und er sich nun,                         sobald er zu Hause kam, ganz unbefangen dabei setzte, um diese Zeichen alle                         so nachzumachen, wie sie vorgeschrieben waren, wollte<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0111] vor, so daß diese beiden Dinge in seiner Jdee eine unaussprechlich schoͤne Vorstellung machten. 4) Waͤhrend dieser Singeuͤbungen kam ihm nun auch die Lust an Schreiben zu lernen, womit denn im folgenden Winter, da er schon in sein neuntes Jahr getreten war, der Anfang gemacht wurde. Er dachte aber hierbei gleich Ehre einzulegen, indem er gar nicht begreifen konnte, wie es moͤglich sey, daß man nicht gleich so schreiben koͤnne, wie es einem vorgeschrieben, da er weiter nichts dazu erforderlich glaubte, als daß man das Vorgeschriebene recht genau ansaͤhe, und es dann eben so nachmachte. Diese Jdee hatte sich bei ihm so festgesetzt, daß er es fuͤr ein ganz Leichtes hielt, die erste Vorschrift gleich so nachzumachen, daß man nicht unterscheiden koͤnne, welches sein und welches des Schulmeisters Geschriebenes sey. Um desto mehr schmerzte es ihn aber, da er sich in dieser Meinung betrogen fand; denn da er nun die erste Vorschrift hatte, welche in den Grundstrichen und ersten daraus herfließenden Buchstaben bestand, die der Schulmeister an der Seite niedergeschrieben hatte, und er sich nun, sobald er zu Hause kam, ganz unbefangen dabei setzte, um diese Zeichen alle so nachzumachen, wie sie vorgeschrieben waren, wollte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0802_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0802_1791/111
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0802_1791/111>, abgerufen am 21.11.2024.