Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791.
Das Weinen hatte aber wieder eine traurige Folge für ihn, denn in dieser großen Betrübniß seines Herzens und Gedanken an die Dinge die hierauf folgen würden, bemerkte er nicht gleich, daß seine Thränen auf das noch nasse Geschriebene fielen, und solches in einander laufen machten, bis daß, da er sich bei solchen tiefen Gedanken auf dem Kopfe kratzte, und sich fast die Haare ausreißen wollte, ihm die Mütze vom Kopfe auf das Geschriebene fiel, und solches fast ganz auslöschte, da er denn auch gewahr wurde, daß das Papier
Das Weinen hatte aber wieder eine traurige Folge fuͤr ihn, denn in dieser großen Betruͤbniß seines Herzens und Gedanken an die Dinge die hierauf folgen wuͤrden, bemerkte er nicht gleich, daß seine Thraͤnen auf das noch nasse Geschriebene fielen, und solches in einander laufen machten, bis daß, da er sich bei solchen tiefen Gedanken auf dem Kopfe kratzte, und sich fast die Haare ausreißen wollte, ihm die Muͤtze vom Kopfe auf das Geschriebene fiel, und solches fast ganz ausloͤschte, da er denn auch gewahr wurde, daß das Papier <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0112" n="112"/><lb/> ihm zuerst der fein vorgeschriebene Aufstrich nicht gelingen, sondern dieser wurde ganz grob und ungerade; dies schlug seinen Muth gleich etwas darnieder, er hofte aber das Folgende besser machen zu koͤnnen; da er aber zu der Grobheit und Groͤße seiner Buchstaben auch noch mit den Zeilen nicht gerade, sondern immer schraͤger herunter kam, so daß er am Ende fuͤr die Zeilen der letzten Buchstaben gar keinen Platz mehr behielt, und nun aufhoͤren mußte, so fieng er, indem er sein Schreiben in eines fort betrachtete, und sich nun vorstellte, wie er anstatt Ehre einzulegen, nun mit dem groͤßten Schimpfe bestehen wuͤrde, an, bitterlich zu weinen; denn er stellte sich nun als den ungeschicktesten Menschen vor, der niemals Schreiben lernen wuͤrde, und glaubte auch ganz gewiß, dies von seinem Schulmeister zu hoͤren. </p> <p>Das Weinen hatte aber wieder eine traurige Folge fuͤr ihn, denn in dieser großen Betruͤbniß seines Herzens und Gedanken an die Dinge die hierauf folgen wuͤrden, bemerkte er nicht gleich, daß seine Thraͤnen auf das noch nasse Geschriebene fielen, und solches in einander laufen machten, bis daß, da er sich bei solchen tiefen Gedanken auf dem Kopfe kratzte, und sich fast die Haare ausreißen wollte, ihm die Muͤtze vom Kopfe auf das Geschriebene fiel, und solches fast ganz ausloͤschte, da er denn auch gewahr wurde, daß das Papier<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [112/0112]
ihm zuerst der fein vorgeschriebene Aufstrich nicht gelingen, sondern dieser wurde ganz grob und ungerade; dies schlug seinen Muth gleich etwas darnieder, er hofte aber das Folgende besser machen zu koͤnnen; da er aber zu der Grobheit und Groͤße seiner Buchstaben auch noch mit den Zeilen nicht gerade, sondern immer schraͤger herunter kam, so daß er am Ende fuͤr die Zeilen der letzten Buchstaben gar keinen Platz mehr behielt, und nun aufhoͤren mußte, so fieng er, indem er sein Schreiben in eines fort betrachtete, und sich nun vorstellte, wie er anstatt Ehre einzulegen, nun mit dem groͤßten Schimpfe bestehen wuͤrde, an, bitterlich zu weinen; denn er stellte sich nun als den ungeschicktesten Menschen vor, der niemals Schreiben lernen wuͤrde, und glaubte auch ganz gewiß, dies von seinem Schulmeister zu hoͤren.
Das Weinen hatte aber wieder eine traurige Folge fuͤr ihn, denn in dieser großen Betruͤbniß seines Herzens und Gedanken an die Dinge die hierauf folgen wuͤrden, bemerkte er nicht gleich, daß seine Thraͤnen auf das noch nasse Geschriebene fielen, und solches in einander laufen machten, bis daß, da er sich bei solchen tiefen Gedanken auf dem Kopfe kratzte, und sich fast die Haare ausreißen wollte, ihm die Muͤtze vom Kopfe auf das Geschriebene fiel, und solches fast ganz ausloͤschte, da er denn auch gewahr wurde, daß das Papier
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0802_1791 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0802_1791/112 |
Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0802_1791/112>, abgerufen am 16.02.2025. |