Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 3. Berlin, 1791.Seit dieser Zeit habe ich mehr als dreißig Jahre hindurch Neigung zum Selbstmord in der nehmlichen Jdeenfolge gehabt. Nur der erste, schnell aufsteigende Wunsch nach dem Tode der Personen, welche die Ursache meines Verdrusses gewesen waren, hat sich schon in meinem zwölften oder dreizehnten Jahre so vollkommen verlohren, daß es mir in den Zeiten, wo mir die Menschen Ungerechtigkeiten erwiesen, die gewiß von größerer Wichtigkeit waren, als die, von welchen J. J. Rousseau, Linguet und andere, die ganze Welt ertönen ließen, dennoch nicht widerfahren ist, einen Augenblick das geringste Unglück (eine rechtmäßige und gerichtliche Strafe ausgenommen, worinn ich aber keinen Einfluß gehabt hätte) den Leuten zu wünschen, über welche ich am meisten zu klagen hatte; nicht einmal dem Bedienten, der mich vergiftet, noch den Leuten, welche mir Steine in die Straße geworfen, oder denen, die einen jungen Menschen, der mir den Bart putzte, durch Geld dazu verleiten wollten, mir die Kehle abzuschneiden u.s.w. Nur die Neigung zum Selbstmorde ist mir geblieben, bis auf die Zeiten meiner außerordentlichen Kränkungen, wo, durch die Gnade Gottes (denn von Vernunft war keine Spur in meinen damaligen Handlungen) jeder Gedanke zum Selbstmorde aus meiner Seele vertilgt war, in der er seit mehr als dreißig Jahren geherrscht hatte; oder, wie die Engländer sagen: where she had been uppermost all that Seit dieser Zeit habe ich mehr als dreißig Jahre hindurch Neigung zum Selbstmord in der nehmlichen Jdeenfolge gehabt. Nur der erste, schnell aufsteigende Wunsch nach dem Tode der Personen, welche die Ursache meines Verdrusses gewesen waren, hat sich schon in meinem zwoͤlften oder dreizehnten Jahre so vollkommen verlohren, daß es mir in den Zeiten, wo mir die Menschen Ungerechtigkeiten erwiesen, die gewiß von groͤßerer Wichtigkeit waren, als die, von welchen J. J. Rousseau, Linguet und andere, die ganze Welt ertoͤnen ließen, dennoch nicht widerfahren ist, einen Augenblick das geringste Ungluͤck (eine rechtmaͤßige und gerichtliche Strafe ausgenommen, worinn ich aber keinen Einfluß gehabt haͤtte) den Leuten zu wuͤnschen, uͤber welche ich am meisten zu klagen hatte; nicht einmal dem Bedienten, der mich vergiftet, noch den Leuten, welche mir Steine in die Straße geworfen, oder denen, die einen jungen Menschen, der mir den Bart putzte, durch Geld dazu verleiten wollten, mir die Kehle abzuschneiden u.s.w. Nur die Neigung zum Selbstmorde ist mir geblieben, bis auf die Zeiten meiner außerordentlichen Kraͤnkungen, wo, durch die Gnade Gottes (denn von Vernunft war keine Spur in meinen damaligen Handlungen) jeder Gedanke zum Selbstmorde aus meiner Seele vertilgt war, in der er seit mehr als dreißig Jahren geherrscht hatte; oder, wie die Englaͤnder sagen: where she had been uppermost all that <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0091" n="91"/><lb/> <p>Seit dieser Zeit habe ich mehr als dreißig Jahre hindurch Neigung zum Selbstmord in der nehmlichen Jdeenfolge gehabt. Nur der erste, schnell aufsteigende Wunsch nach dem Tode der Personen, welche die Ursache meines Verdrusses gewesen waren, hat sich schon in meinem zwoͤlften oder dreizehnten Jahre so vollkommen verlohren, daß es mir in den Zeiten, wo mir die Menschen Ungerechtigkeiten erwiesen, die gewiß von groͤßerer Wichtigkeit waren, als die, von welchen J. J. Rousseau, Linguet und andere, die ganze Welt ertoͤnen ließen, dennoch nicht widerfahren ist, einen Augenblick das geringste Ungluͤck (eine rechtmaͤßige und gerichtliche Strafe ausgenommen, worinn ich aber keinen Einfluß gehabt haͤtte) den Leuten zu wuͤnschen, uͤber welche ich am meisten zu klagen hatte; nicht einmal dem Bedienten, der mich vergiftet, noch den Leuten, welche mir Steine in die Straße geworfen, oder denen, die einen jungen Menschen, der mir den Bart putzte, durch Geld dazu verleiten wollten, mir die Kehle abzuschneiden u.s.w. Nur die Neigung zum Selbstmorde ist mir geblieben, bis <hi rendition="#b">auf die Zeiten meiner außerordentlichen Kraͤnkungen,</hi> wo, durch die Gnade <hi rendition="#b">Gottes</hi> (denn von Vernunft war keine Spur in meinen damaligen Handlungen) jeder Gedanke zum Selbstmorde aus meiner Seele vertilgt war, in der er seit mehr als dreißig Jahren geherrscht hatte; oder, wie die Englaͤnder sagen: <hi rendition="#aq">where she had been uppermost all that<lb/></hi></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [91/0091]
Seit dieser Zeit habe ich mehr als dreißig Jahre hindurch Neigung zum Selbstmord in der nehmlichen Jdeenfolge gehabt. Nur der erste, schnell aufsteigende Wunsch nach dem Tode der Personen, welche die Ursache meines Verdrusses gewesen waren, hat sich schon in meinem zwoͤlften oder dreizehnten Jahre so vollkommen verlohren, daß es mir in den Zeiten, wo mir die Menschen Ungerechtigkeiten erwiesen, die gewiß von groͤßerer Wichtigkeit waren, als die, von welchen J. J. Rousseau, Linguet und andere, die ganze Welt ertoͤnen ließen, dennoch nicht widerfahren ist, einen Augenblick das geringste Ungluͤck (eine rechtmaͤßige und gerichtliche Strafe ausgenommen, worinn ich aber keinen Einfluß gehabt haͤtte) den Leuten zu wuͤnschen, uͤber welche ich am meisten zu klagen hatte; nicht einmal dem Bedienten, der mich vergiftet, noch den Leuten, welche mir Steine in die Straße geworfen, oder denen, die einen jungen Menschen, der mir den Bart putzte, durch Geld dazu verleiten wollten, mir die Kehle abzuschneiden u.s.w. Nur die Neigung zum Selbstmorde ist mir geblieben, bis auf die Zeiten meiner außerordentlichen Kraͤnkungen, wo, durch die Gnade Gottes (denn von Vernunft war keine Spur in meinen damaligen Handlungen) jeder Gedanke zum Selbstmorde aus meiner Seele vertilgt war, in der er seit mehr als dreißig Jahren geherrscht hatte; oder, wie die Englaͤnder sagen: where she had been uppermost all that
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