Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite


sammengesetzte Jdeen, sagt man, aber das ist ein schwankender Ausdruck; eine Jdee ist nur einzeln! -- Was nun zwischen einer Jdee und einer hinzukommenden Empfindung, und zwischen einer Empfindung bis sie Jdee wird, noch im Jnnern unsrer Seele vorgehe, das liegt in zu dichtem Dunkel, und ist man auch so glücklich Begriffe davon zu haben; so empören sich wiederum unsre Zeichen der Begriffe. Etwas ist ganz sicher noch da, aber womit diese feine elementarische Stuffenfolge ausgefüllt sey, oder ob sie ausgefüllt sey, das ist eine andere Frage. --

Also der Mensch denkt immer gesellschaftliche Jdeen. Niemand wird leugnen, daß der Mensch gewisse Lieblingsideen habe, und unter diesen sich eine befinde, die ihm die vorzüglich liebste sey. Nothwendig wird die Seele sie also auch deutlicher und öfter als alle andern Jdeen denken, und wird in der ganzen Reihe ihrer Gedanken diejenigen Jdeen am deutlichsten denken, die ihr gleich sind. So wird es auch mit den Gedanken gehen: diejenigen Gedanken in denen die Jdeen vorkommen, die der Lieblingsidee gleich sind, wird sie deutlicher als alle andern, und eben so deutlich denken als die Gedanken, in denen die Lieblingsidee die Hauptidee ist. Und die Phantasie wird nicht unterlassen, zu diesen neuen Gedanken Jdeen hinzuzuthun, um sie dem Gedanken ganz ähnlich zu machen, in welchem die Lieblingsidee die Hauptidee ist. Wenn nun dieser


sammengesetzte Jdeen, sagt man, aber das ist ein schwankender Ausdruck; eine Jdee ist nur einzeln! — Was nun zwischen einer Jdee und einer hinzukommenden Empfindung, und zwischen einer Empfindung bis sie Jdee wird, noch im Jnnern unsrer Seele vorgehe, das liegt in zu dichtem Dunkel, und ist man auch so gluͤcklich Begriffe davon zu haben; so empoͤren sich wiederum unsre Zeichen der Begriffe. Etwas ist ganz sicher noch da, aber womit diese feine elementarische Stuffenfolge ausgefuͤllt sey, oder ob sie ausgefuͤllt sey, das ist eine andere Frage. —

Also der Mensch denkt immer gesellschaftliche Jdeen. Niemand wird leugnen, daß der Mensch gewisse Lieblingsideen habe, und unter diesen sich eine befinde, die ihm die vorzuͤglich liebste sey. Nothwendig wird die Seele sie also auch deutlicher und oͤfter als alle andern Jdeen denken, und wird in der ganzen Reihe ihrer Gedanken diejenigen Jdeen am deutlichsten denken, die ihr gleich sind. So wird es auch mit den Gedanken gehen: diejenigen Gedanken in denen die Jdeen vorkommen, die der Lieblingsidee gleich sind, wird sie deutlicher als alle andern, und eben so deutlich denken als die Gedanken, in denen die Lieblingsidee die Hauptidee ist. Und die Phantasie wird nicht unterlassen, zu diesen neuen Gedanken Jdeen hinzuzuthun, um sie dem Gedanken ganz aͤhnlich zu machen, in welchem die Lieblingsidee die Hauptidee ist. Wenn nun dieser

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0120" n="118"/><lb/>
sammengesetzte Jdeen, sagt man, aber das                         ist ein schwankender Ausdruck; eine Jdee ist nur einzeln! &#x2014; Was nun zwischen                         einer Jdee und einer hinzukommenden Empfindung, und zwischen einer                         Empfindung bis sie Jdee wird, noch im Jnnern unsrer Seele vorgehe, das liegt                         in zu dichtem Dunkel, und ist man auch so glu&#x0364;cklich Begriffe davon zu haben;                         so empo&#x0364;ren sich wiederum unsre Zeichen der Begriffe. Etwas ist ganz sicher                         noch da, aber womit diese feine elementarische Stuffenfolge ausgefu&#x0364;llt sey,                         oder ob sie ausgefu&#x0364;llt sey, das ist eine andere Frage. &#x2014;</p>
              <p>Also der Mensch denkt immer gesellschaftliche Jdeen. Niemand wird leugnen,                         daß der Mensch gewisse Lieblingsideen habe, und unter diesen sich eine                         befinde, die ihm die vorzu&#x0364;glich liebste sey. Nothwendig wird die Seele sie                         also auch deutlicher und o&#x0364;fter als alle andern Jdeen denken, und wird in der                         ganzen Reihe ihrer Gedanken diejenigen Jdeen am deutlichsten denken, die ihr                         gleich sind. So wird es auch mit den Gedanken gehen: diejenigen Gedanken in                         denen die Jdeen vorkommen, die der Lieblingsidee gleich sind, wird sie                         deutlicher als alle andern, und eben so deutlich denken als die Gedanken, in                         denen die Lieblingsidee die Hauptidee ist. Und die Phantasie wird nicht                         unterlassen, zu diesen neuen Gedanken Jdeen hinzuzuthun, um sie dem Gedanken                         ganz a&#x0364;hnlich zu machen, in welchem die Lieblingsidee die Hauptidee ist. Wenn                         nun dieser<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0120] sammengesetzte Jdeen, sagt man, aber das ist ein schwankender Ausdruck; eine Jdee ist nur einzeln! — Was nun zwischen einer Jdee und einer hinzukommenden Empfindung, und zwischen einer Empfindung bis sie Jdee wird, noch im Jnnern unsrer Seele vorgehe, das liegt in zu dichtem Dunkel, und ist man auch so gluͤcklich Begriffe davon zu haben; so empoͤren sich wiederum unsre Zeichen der Begriffe. Etwas ist ganz sicher noch da, aber womit diese feine elementarische Stuffenfolge ausgefuͤllt sey, oder ob sie ausgefuͤllt sey, das ist eine andere Frage. — Also der Mensch denkt immer gesellschaftliche Jdeen. Niemand wird leugnen, daß der Mensch gewisse Lieblingsideen habe, und unter diesen sich eine befinde, die ihm die vorzuͤglich liebste sey. Nothwendig wird die Seele sie also auch deutlicher und oͤfter als alle andern Jdeen denken, und wird in der ganzen Reihe ihrer Gedanken diejenigen Jdeen am deutlichsten denken, die ihr gleich sind. So wird es auch mit den Gedanken gehen: diejenigen Gedanken in denen die Jdeen vorkommen, die der Lieblingsidee gleich sind, wird sie deutlicher als alle andern, und eben so deutlich denken als die Gedanken, in denen die Lieblingsidee die Hauptidee ist. Und die Phantasie wird nicht unterlassen, zu diesen neuen Gedanken Jdeen hinzuzuthun, um sie dem Gedanken ganz aͤhnlich zu machen, in welchem die Lieblingsidee die Hauptidee ist. Wenn nun dieser

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0901_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0901_1792/120
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0901_1792/120>, abgerufen am 24.11.2024.