Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite


praktischen Religionsphilosophie empfänglich. Die besteht ganz einfältig in geradem Rechtthun, und damit alles an Gott überlassen, ihm folgen im guten Thun und Leiden, und darin mit Ruhe der Seele, des Vertrauens auf Gott und sein Ebenbild, ins Unendliche fortgehen. Alles geht stufenweise zur Einfalt der ewigen Natur, und sprungweise kanns und solls nicht.

Bei diesem stillen und sanften Geistesübergang in allgemeine Einfachheit, wurde sie eine Herzensvertraute unsers anfangs gedachten Schweizer-Philosophen, den wir Arcas nennen, als ganzen Freund der Arkadischen Natureinfalt. Sie eröfnete ihm gelegentlich alle ihre Herzens- und Geistesbeschaffenheit, ihrer Angelegenheit gemäß, so viel sie davon wie stammelnd ausdrücken konnte, weil sie keine metaphysisch abstrakte Sprache gelernt hatte, und er verstand sie ganz und gab ihr simpeln Beifall, wo sie den rechten Weg traf, nach seiner Einsicht, zu allgemeiner Billigkeit der Achtung für Gott und den Nächsten, und schnitt nur im Rathen allmählich ab, was überflüssig von zu großem Eifer des Naturels schiene, um ihr Wesen in mehr Gleichgewicht und damit in guten Bestand und ebenmäßigen Fortgang zu bringen, zumal aller Bestand, der Beharrungsstand aller Dinge, geistig und physisch (nach des simpeln Naturäquators, des grundverständigen Schweizers Lamberts Philosophie, wie nach aller Welt Erfahrung, deren Grund auch Herders Gott


praktischen Religionsphilosophie empfaͤnglich. Die besteht ganz einfaͤltig in geradem Rechtthun, und damit alles an Gott uͤberlassen, ihm folgen im guten Thun und Leiden, und darin mit Ruhe der Seele, des Vertrauens auf Gott und sein Ebenbild, ins Unendliche fortgehen. Alles geht stufenweise zur Einfalt der ewigen Natur, und sprungweise kanns und solls nicht.

Bei diesem stillen und sanften Geistesuͤbergang in allgemeine Einfachheit, wurde sie eine Herzensvertraute unsers anfangs gedachten Schweizer-Philosophen, den wir Arcas nennen, als ganzen Freund der Arkadischen Natureinfalt. Sie eroͤfnete ihm gelegentlich alle ihre Herzens- und Geistesbeschaffenheit, ihrer Angelegenheit gemaͤß, so viel sie davon wie stammelnd ausdruͤcken konnte, weil sie keine metaphysisch abstrakte Sprache gelernt hatte, und er verstand sie ganz und gab ihr simpeln Beifall, wo sie den rechten Weg traf, nach seiner Einsicht, zu allgemeiner Billigkeit der Achtung fuͤr Gott und den Naͤchsten, und schnitt nur im Rathen allmaͤhlich ab, was uͤberfluͤssig von zu großem Eifer des Naturels schiene, um ihr Wesen in mehr Gleichgewicht und damit in guten Bestand und ebenmaͤßigen Fortgang zu bringen, zumal aller Bestand, der Beharrungsstand aller Dinge, geistig und physisch (nach des simpeln Naturaͤquators, des grundverstaͤndigen Schweizers Lamberts Philosophie, wie nach aller Welt Erfahrung, deren Grund auch Herders Gott

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0101" n="101"/><lb/>
praktischen  Religionsphilosophie empfa&#x0364;nglich. Die besteht ganz  einfa&#x0364;ltig in geradem Rechtthun, und damit alles an  Gott u&#x0364;berlassen, ihm folgen im guten Thun und  Leiden, und darin mit Ruhe der Seele, des Vertrauens  auf Gott und sein Ebenbild, ins Unendliche  fortgehen. Alles geht stufenweise zur Einfalt der  ewigen Natur, und sprungweise kanns und solls  nicht.</p>
            <p>Bei diesem stillen und sanften Geistesu&#x0364;bergang in  allgemeine Einfachheit, wurde sie eine  Herzensvertraute unsers anfangs gedachten  Schweizer-Philosophen, den wir Arcas nennen, als  ganzen Freund der Arkadischen Natureinfalt. Sie  ero&#x0364;fnete ihm gelegentlich alle ihre Herzens- und  Geistesbeschaffenheit, ihrer Angelegenheit gema&#x0364;ß, so  viel sie davon wie stammelnd ausdru&#x0364;cken konnte, weil  sie keine metaphysisch abstrakte Sprache gelernt  hatte, und er verstand sie ganz und gab ihr simpeln  Beifall, wo sie den rechten Weg traf, nach seiner  Einsicht, zu allgemeiner Billigkeit der Achtung fu&#x0364;r  Gott und den Na&#x0364;chsten, und schnitt nur im Rathen  allma&#x0364;hlich ab, was u&#x0364;berflu&#x0364;ssig von zu großem Eifer  des Naturels schiene, um ihr Wesen in mehr  Gleichgewicht und damit in guten Bestand und  ebenma&#x0364;ßigen Fortgang zu bringen, zumal aller  Bestand, der Beharrungsstand aller Dinge, geistig  und physisch (nach des simpeln Natura&#x0364;quators, des  grundversta&#x0364;ndigen Schweizers <hi rendition="#b">Lamberts</hi> Philosophie, wie nach aller Welt  Erfahrung, deren Grund auch <hi rendition="#b">Herders Gott</hi><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[101/0101] praktischen Religionsphilosophie empfaͤnglich. Die besteht ganz einfaͤltig in geradem Rechtthun, und damit alles an Gott uͤberlassen, ihm folgen im guten Thun und Leiden, und darin mit Ruhe der Seele, des Vertrauens auf Gott und sein Ebenbild, ins Unendliche fortgehen. Alles geht stufenweise zur Einfalt der ewigen Natur, und sprungweise kanns und solls nicht. Bei diesem stillen und sanften Geistesuͤbergang in allgemeine Einfachheit, wurde sie eine Herzensvertraute unsers anfangs gedachten Schweizer-Philosophen, den wir Arcas nennen, als ganzen Freund der Arkadischen Natureinfalt. Sie eroͤfnete ihm gelegentlich alle ihre Herzens- und Geistesbeschaffenheit, ihrer Angelegenheit gemaͤß, so viel sie davon wie stammelnd ausdruͤcken konnte, weil sie keine metaphysisch abstrakte Sprache gelernt hatte, und er verstand sie ganz und gab ihr simpeln Beifall, wo sie den rechten Weg traf, nach seiner Einsicht, zu allgemeiner Billigkeit der Achtung fuͤr Gott und den Naͤchsten, und schnitt nur im Rathen allmaͤhlich ab, was uͤberfluͤssig von zu großem Eifer des Naturels schiene, um ihr Wesen in mehr Gleichgewicht und damit in guten Bestand und ebenmaͤßigen Fortgang zu bringen, zumal aller Bestand, der Beharrungsstand aller Dinge, geistig und physisch (nach des simpeln Naturaͤquators, des grundverstaͤndigen Schweizers Lamberts Philosophie, wie nach aller Welt Erfahrung, deren Grund auch Herders Gott

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792/101
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792/101>, abgerufen am 11.05.2024.