Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792.
Er sprach diese Tage größtentheils von Unsterblichkeit der Seele, und von der Unzuläßigkeit aller Beweise für dieselbe. Des Selbstmordes, den er sonst mit vieler Wärme zu vertheidigen pflegte, erwähnte er dieser Tage mit keinem Worte, so gern er auch sonst davon sprach, und so sehr auch Personen, die mit ihm umgingen, auf dieses Gespräch leiteten. Führten seine Betrachtungen über Unsterblichkeit auf Selbstmord, so lenkte er ein. Die Waaren kamen an, wurden angehalten und er vor Gericht gefordert. Er schickte seinen Schwiegersohn voraus, und versprach, ihm mit seinem ältesten Sohne bald zu folgen. Um drei Uhr Nachmittags traf ich ihn mit diesem Sohne auf der Straße. Er redete mich an, und unterhielt sich mit mir ebenfalls wieder von dem Gegenstande, der ihn, wie gesagt, die letzten Tage seines Lebens am meisten beschäftigte: von Unsterblichkeit der Seele. Am Schloßplatze sagte er seinem Sohne, er solle nur allein gehn; er habe noch ein Geschäft abzumachen, das seine Gegenwart erfordere, und da er nicht wisse, wie bald er von dem bevorstehenden Verhöre werde befreit werden, wolle er es noch vor
Er sprach diese Tage groͤßtentheils von Unsterblichkeit der Seele, und von der Unzulaͤßigkeit aller Beweise fuͤr dieselbe. Des Selbstmordes, den er sonst mit vieler Waͤrme zu vertheidigen pflegte, erwaͤhnte er dieser Tage mit keinem Worte, so gern er auch sonst davon sprach, und so sehr auch Personen, die mit ihm umgingen, auf dieses Gespraͤch leiteten. Fuͤhrten seine Betrachtungen uͤber Unsterblichkeit auf Selbstmord, so lenkte er ein. Die Waaren kamen an, wurden angehalten und er vor Gericht gefordert. Er schickte seinen Schwiegersohn voraus, und versprach, ihm mit seinem aͤltesten Sohne bald zu folgen. Um drei Uhr Nachmittags traf ich ihn mit diesem Sohne auf der Straße. Er redete mich an, und unterhielt sich mit mir ebenfalls wieder von dem Gegenstande, der ihn, wie gesagt, die letzten Tage seines Lebens am meisten beschaͤftigte: von Unsterblichkeit der Seele. Am Schloßplatze sagte er seinem Sohne, er solle nur allein gehn; er habe noch ein Geschaͤft abzumachen, das seine Gegenwart erfordere, und da er nicht wisse, wie bald er von dem bevorstehenden Verhoͤre werde befreit werden, wolle er es noch vor <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0007" n="7"/><lb/> ging er oft im T.. G.. spatzieren; immer nach einem Orte, wo ein Arm der S.. eine Art von Zunge bildet. Er ging dahin, gleichsam, um sich mit dem Orte vertraut zu machen, an dem er sein Leben beschließen wollte.</p> <p>Er sprach diese Tage groͤßtentheils von Unsterblichkeit der Seele, und von der Unzulaͤßigkeit aller Beweise fuͤr dieselbe. Des Selbstmordes, den er sonst mit vieler Waͤrme zu vertheidigen pflegte, erwaͤhnte er dieser Tage mit keinem Worte, so gern er auch sonst davon sprach, und so sehr auch Personen, die mit ihm umgingen, auf dieses Gespraͤch leiteten. Fuͤhrten seine Betrachtungen uͤber Unsterblichkeit auf Selbstmord, so lenkte er ein.</p> <p>Die Waaren kamen an, wurden angehalten und er vor Gericht gefordert. Er schickte seinen Schwiegersohn voraus, und versprach, ihm mit seinem aͤltesten Sohne bald zu folgen.</p> <p>Um drei Uhr Nachmittags traf ich ihn mit diesem Sohne auf der Straße. Er redete mich an, und unterhielt sich mit mir ebenfalls wieder von dem Gegenstande, der ihn, wie gesagt, die letzten Tage seines Lebens am meisten beschaͤftigte: von Unsterblichkeit der Seele.</p> <p>Am Schloßplatze sagte er seinem Sohne, er solle nur allein gehn; er habe noch ein Geschaͤft abzumachen, das seine Gegenwart erfordere, und da er nicht wisse, wie bald er von dem bevorstehenden Verhoͤre werde befreit werden, wolle er es noch vor<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [7/0007]
ging er oft im T.. G.. spatzieren; immer nach einem Orte, wo ein Arm der S.. eine Art von Zunge bildet. Er ging dahin, gleichsam, um sich mit dem Orte vertraut zu machen, an dem er sein Leben beschließen wollte.
Er sprach diese Tage groͤßtentheils von Unsterblichkeit der Seele, und von der Unzulaͤßigkeit aller Beweise fuͤr dieselbe. Des Selbstmordes, den er sonst mit vieler Waͤrme zu vertheidigen pflegte, erwaͤhnte er dieser Tage mit keinem Worte, so gern er auch sonst davon sprach, und so sehr auch Personen, die mit ihm umgingen, auf dieses Gespraͤch leiteten. Fuͤhrten seine Betrachtungen uͤber Unsterblichkeit auf Selbstmord, so lenkte er ein.
Die Waaren kamen an, wurden angehalten und er vor Gericht gefordert. Er schickte seinen Schwiegersohn voraus, und versprach, ihm mit seinem aͤltesten Sohne bald zu folgen.
Um drei Uhr Nachmittags traf ich ihn mit diesem Sohne auf der Straße. Er redete mich an, und unterhielt sich mit mir ebenfalls wieder von dem Gegenstande, der ihn, wie gesagt, die letzten Tage seines Lebens am meisten beschaͤftigte: von Unsterblichkeit der Seele.
Am Schloßplatze sagte er seinem Sohne, er solle nur allein gehn; er habe noch ein Geschaͤft abzumachen, das seine Gegenwart erfordere, und da er nicht wisse, wie bald er von dem bevorstehenden Verhoͤre werde befreit werden, wolle er es noch vor
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