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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792.

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B. J. kam also am Schabath zu diesem feierlichen Mahle. Er fand da eine große Anzahl ehrwürdiger Männer, die hier von verschiedenen Gegenden zusammen gekommen waren. Endlich erschien auch der große Mann in einer ehrfurchteinflößenden Gestalt, in weißen Atlas gekleidet. Sogar seine Schuhe und Tobaksdose waren weiß (die weiße Farbe ist bei den Kabalisten die Farbe der Gnade). Er gab einem jeden der Neuangekommenen sein Schalam, d.h. er begrüßte ihn. Man setzte sich zu Tische. Am Tische herrschte eine feierliche Stille. Nachdem man abgespeiset hatte, stimmte der hohe Obere eine feierliche den Geist erhebende Melodie an, hielt einige Zeit die Hand vor die Stirne, und fieng darauf an zu rufen: Z. aus H! M. aus R.! B. J. aus N. u.s.w. alle die Neuangekommenen bei ihren Nahmen, und den Nahmen ihrer Wohnörter, worüber diese nicht wenig erstaunten. Jeder von ihnen sollte irgend einen Vers aus der heiligen Schrift hersagen. Es sagte jeder seinen Vers. Darauf fieng der hohe Obere an eine Predigt zu halten, der die besagten Verse zum Text dienen mußten, so daß, obschon es aus ganz verschiedenen Büchern der heiligen Schrift hergenommene unzusammenhängende Verse waren, er sie dennoch mit einer solchen Kunst verband, als wenn sie ein einziges Ganzes gewesen wären; und was noch sonderbarer war, jeder dieser Männer glaubte in dem Theile der Predigt, der auf seinem Verse


B. J. kam also am Schabath zu diesem feierlichen Mahle. Er fand da eine große Anzahl ehrwuͤrdiger Maͤnner, die hier von verschiedenen Gegenden zusammen gekommen waren. Endlich erschien auch der große Mann in einer ehrfurchteinfloͤßenden Gestalt, in weißen Atlas gekleidet. Sogar seine Schuhe und Tobaksdose waren weiß (die weiße Farbe ist bei den Kabalisten die Farbe der Gnade). Er gab einem jeden der Neuangekommenen sein Schalam, d.h. er begruͤßte ihn. Man setzte sich zu Tische. Am Tische herrschte eine feierliche Stille. Nachdem man abgespeiset hatte, stimmte der hohe Obere eine feierliche den Geist erhebende Melodie an, hielt einige Zeit die Hand vor die Stirne, und fieng darauf an zu rufen: Z. aus H! M. aus R.! B. J. aus N. u.s.w. alle die Neuangekommenen bei ihren Nahmen, und den Nahmen ihrer Wohnoͤrter, woruͤber diese nicht wenig erstaunten. Jeder von ihnen sollte irgend einen Vers aus der heiligen Schrift hersagen. Es sagte jeder seinen Vers. Darauf fieng der hohe Obere an eine Predigt zu halten, der die besagten Verse zum Text dienen mußten, so daß, obschon es aus ganz verschiedenen Buͤchern der heiligen Schrift hergenommene unzusammenhaͤngende Verse waren, er sie dennoch mit einer solchen Kunst verband, als wenn sie ein einziges Ganzes gewesen waͤren; und was noch sonderbarer war, jeder dieser Maͤnner glaubte in dem Theile der Predigt, der auf seinem Verse

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[80/0080] B. J. kam also am Schabath zu diesem feierlichen Mahle. Er fand da eine große Anzahl ehrwuͤrdiger Maͤnner, die hier von verschiedenen Gegenden zusammen gekommen waren. Endlich erschien auch der große Mann in einer ehrfurchteinfloͤßenden Gestalt, in weißen Atlas gekleidet. Sogar seine Schuhe und Tobaksdose waren weiß (die weiße Farbe ist bei den Kabalisten die Farbe der Gnade). Er gab einem jeden der Neuangekommenen sein Schalam, d.h. er begruͤßte ihn. Man setzte sich zu Tische. Am Tische herrschte eine feierliche Stille. Nachdem man abgespeiset hatte, stimmte der hohe Obere eine feierliche den Geist erhebende Melodie an, hielt einige Zeit die Hand vor die Stirne, und fieng darauf an zu rufen: Z. aus H! M. aus R.! B. J. aus N. u.s.w. alle die Neuangekommenen bei ihren Nahmen, und den Nahmen ihrer Wohnoͤrter, woruͤber diese nicht wenig erstaunten. Jeder von ihnen sollte irgend einen Vers aus der heiligen Schrift hersagen. Es sagte jeder seinen Vers. Darauf fieng der hohe Obere an eine Predigt zu halten, der die besagten Verse zum Text dienen mußten, so daß, obschon es aus ganz verschiedenen Buͤchern der heiligen Schrift hergenommene unzusammenhaͤngende Verse waren, er sie dennoch mit einer solchen Kunst verband, als wenn sie ein einziges Ganzes gewesen waͤren; und was noch sonderbarer war, jeder dieser Maͤnner glaubte in dem Theile der Predigt, der auf seinem Verse

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792/80>, abgerufen am 09.11.2024.