Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div type="letter" n="3"> <p><pb facs="#f0088" n="88"/><lb/> Freund von zwei andern, deren der eine den zu simpeln Spinoza als einen ehrlichen großen Aprioristen, ohne sein System anzunehmen, zuerst muthig vertheidigt hat, der andre die Kabbala Bereschith von Ensoph und Adam Kadmon als das vollstaͤndigste, deutlichste, unzertrennte Ordnungsganze oder Lichtsystem von allen <choice><corr>Emanationslehren</corr><sic>Emationslehren</sic></choice> des Orients hervorzuziehen mit grundklarer Behauptung das Herz hatte, wie der Schweizer selbst einen Gamaliel als philosophischen Juden und <persName ref="#ref0119"><note type="editorial">Mendelssohn, Moses</note>Mendelssohns</persName> Freund zum <hi rendition="#b">Schiedrichter</hi> in Wunderbetrachtungen zwischen <persName ref="#ref0027"><note type="editorial">Lavater, Johann Caspar</note>Lavater</persName> und seinen Gegnern, zwischen Extremen, machte Anno 1780 in Gamaliels Spatziergaͤngen. So vielfach sympathetische Geistesverwandschaft ging schon vor unserm unversehenen Zusammentreffen im Seelenmagazin voraus. Wenn das nun <hi rendition="#i">a priori Harmonia præstabilita</hi> waͤre! Laßt uns versuchen, wie weit? Jhr Woͤrterbuch, die einzige Schrift, so hier von Jhnen antreffen konnte, kam mir beim ersten Anblick auch unverstaͤndlich, zu fremd transcendental vor, und groͤßern Maͤnnern, als meine Kleinigkeit ist, all Jhre Schreiben laͤngst supertranscendental, Jhr Woͤrterbuch aber endlich herzhaft zur Hand genommen, zeigte mir unversehens eine Menge Beruͤhrungspunkte und Analogien <hi rendition="#i">in infinitum</hi> von meiner Denkart. Doch kann ich kein Hebraͤisch, und bin kein Mathematiker, wie Spinoza. </p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [88/0088]
Freund von zwei andern, deren der eine den zu simpeln Spinoza als einen ehrlichen großen Aprioristen, ohne sein System anzunehmen, zuerst muthig vertheidigt hat, der andre die Kabbala Bereschith von Ensoph und Adam Kadmon als das vollstaͤndigste, deutlichste, unzertrennte Ordnungsganze oder Lichtsystem von allen Emanationslehren des Orients hervorzuziehen mit grundklarer Behauptung das Herz hatte, wie der Schweizer selbst einen Gamaliel als philosophischen Juden und Mendelssohns Freund zum Schiedrichter in Wunderbetrachtungen zwischen Lavater und seinen Gegnern, zwischen Extremen, machte Anno 1780 in Gamaliels Spatziergaͤngen. So vielfach sympathetische Geistesverwandschaft ging schon vor unserm unversehenen Zusammentreffen im Seelenmagazin voraus. Wenn das nun a priori Harmonia præstabilita waͤre! Laßt uns versuchen, wie weit? Jhr Woͤrterbuch, die einzige Schrift, so hier von Jhnen antreffen konnte, kam mir beim ersten Anblick auch unverstaͤndlich, zu fremd transcendental vor, und groͤßern Maͤnnern, als meine Kleinigkeit ist, all Jhre Schreiben laͤngst supertranscendental, Jhr Woͤrterbuch aber endlich herzhaft zur Hand genommen, zeigte mir unversehens eine Menge Beruͤhrungspunkte und Analogien in infinitum von meiner Denkart. Doch kann ich kein Hebraͤisch, und bin kein Mathematiker, wie Spinoza.
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