Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite


des besten menschlichen Gemeinsinns von rein harmonischem Sinn, Verstand und Willen die originale orientalische Simplicitätsphilosophie wieder herzustellen, die der ganzen h. Schrift zum Grund liegt? Denn von lauter Hebräern ist auch das N. T. her, ein mehr geistiger und allgemeiner Patriarchismus, der auf die ganze Erde sich verbreiten konnte. Die edelste und göttliche Humanität kommt also von lauter Hebräern ursprünglich, ihr Geistessegen überfloß in alle Welt, und nun bei der Revolution des Geistes aller Völker zum äußersten Ziel und Grund, den sie nur erreichen können, auch zur ersten Einfalt der Menschennatur, wo sie solche finden können, soll der edle und geistige Hebräer allein zurückbleiben? oder doch nur von fremdem Geistesgut, von occidentalischen und nordischen Geistesfrüchten sich nähren, bilden und groß werden? Jmmerhin, auch das ist gut, und brauchbar in der Fremdlingschaft, sich in alles dienliche Fremde fügen zu können, unendliche Biegsamkeit, allen alles auf gute Art in rechtem Sinn werden zu mögen, ist selbst allgemeinnützige Nachahmung des Schöpfers oder Allvaters, aber Biegsamkeit, Füglichkeit, ist bloß Mittel: so unendlich biegsam und füglich man zu unschuldigen, brauchbaren, rechtmäßigen Mittelformen seyn kann, so fest muß man in ewigem Grund und Zweck seyn, darzu muß alles recht und gut Mögliche dienen, aber Grund und Zweck muß herrschen, Gesetz und Regel gebend re-


des besten menschlichen Gemeinsinns von rein harmonischem Sinn, Verstand und Willen die originale orientalische Simplicitaͤtsphilosophie wieder herzustellen, die der ganzen h. Schrift zum Grund liegt? Denn von lauter Hebraͤern ist auch das N. T. her, ein mehr geistiger und allgemeiner Patriarchismus, der auf die ganze Erde sich verbreiten konnte. Die edelste und goͤttliche Humanitaͤt kommt also von lauter Hebraͤern urspruͤnglich, ihr Geistessegen uͤberfloß in alle Welt, und nun bei der Revolution des Geistes aller Voͤlker zum aͤußersten Ziel und Grund, den sie nur erreichen koͤnnen, auch zur ersten Einfalt der Menschennatur, wo sie solche finden koͤnnen, soll der edle und geistige Hebraͤer allein zuruͤckbleiben? oder doch nur von fremdem Geistesgut, von occidentalischen und nordischen Geistesfruͤchten sich naͤhren, bilden und groß werden? Jmmerhin, auch das ist gut, und brauchbar in der Fremdlingschaft, sich in alles dienliche Fremde fuͤgen zu koͤnnen, unendliche Biegsamkeit, allen alles auf gute Art in rechtem Sinn werden zu moͤgen, ist selbst allgemeinnuͤtzige Nachahmung des Schoͤpfers oder Allvaters, aber Biegsamkeit, Fuͤglichkeit, ist bloß Mittel: so unendlich biegsam und fuͤglich man zu unschuldigen, brauchbaren, rechtmaͤßigen Mittelformen seyn kann, so fest muß man in ewigem Grund und Zweck seyn, darzu muß alles recht und gut Moͤgliche dienen, aber Grund und Zweck muß herrschen, Gesetz und Regel gebend re-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div type="letter" n="3">
            <p><pb facs="#f0096" n="96"/><lb/>
des besten menschlichen                         Gemeinsinns von rein harmonischem Sinn, Verstand und Willen die originale                         orientalische Simplicita&#x0364;tsphilosophie wieder herzustellen, die der ganzen h.                         Schrift zum Grund liegt? Denn von lauter Hebra&#x0364;ern ist auch das N. T. her,                         ein mehr geistiger und allgemeiner Patriarchismus, der auf die ganze Erde                         sich verbreiten konnte. Die edelste und go&#x0364;ttliche Humanita&#x0364;t kommt also von                         lauter Hebra&#x0364;ern urspru&#x0364;nglich, ihr Geistessegen u&#x0364;berfloß in alle Welt, und                         nun bei der Revolution des Geistes aller Vo&#x0364;lker zum a&#x0364;ußersten Ziel und                         Grund, den sie nur erreichen ko&#x0364;nnen, auch zur ersten Einfalt der                         Menschennatur, wo sie solche finden ko&#x0364;nnen, soll der edle und geistige                         Hebra&#x0364;er allein zuru&#x0364;ckbleiben? oder doch nur von fremdem Geistesgut, von                         occidentalischen und nordischen Geistesfru&#x0364;chten sich na&#x0364;hren, bilden und groß                         werden? Jmmerhin, auch das ist gut, und brauchbar in der Fremdlingschaft,                         sich in alles dienliche Fremde fu&#x0364;gen zu ko&#x0364;nnen, unendliche Biegsamkeit,                         allen alles auf gute Art in rechtem Sinn werden zu mo&#x0364;gen, ist selbst                         allgemeinnu&#x0364;tzige Nachahmung des Scho&#x0364;pfers oder Allvaters, aber Biegsamkeit,                         Fu&#x0364;glichkeit, ist bloß Mittel: so unendlich biegsam und fu&#x0364;glich man zu                         unschuldigen, brauchbaren, rechtma&#x0364;ßigen Mittelformen seyn kann, so fest muß                         man in ewigem Grund und Zweck seyn, darzu muß alles recht und gut Mo&#x0364;gliche                         dienen, aber Grund und Zweck muß herrschen, Gesetz und Regel gebend re-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[96/0096] des besten menschlichen Gemeinsinns von rein harmonischem Sinn, Verstand und Willen die originale orientalische Simplicitaͤtsphilosophie wieder herzustellen, die der ganzen h. Schrift zum Grund liegt? Denn von lauter Hebraͤern ist auch das N. T. her, ein mehr geistiger und allgemeiner Patriarchismus, der auf die ganze Erde sich verbreiten konnte. Die edelste und goͤttliche Humanitaͤt kommt also von lauter Hebraͤern urspruͤnglich, ihr Geistessegen uͤberfloß in alle Welt, und nun bei der Revolution des Geistes aller Voͤlker zum aͤußersten Ziel und Grund, den sie nur erreichen koͤnnen, auch zur ersten Einfalt der Menschennatur, wo sie solche finden koͤnnen, soll der edle und geistige Hebraͤer allein zuruͤckbleiben? oder doch nur von fremdem Geistesgut, von occidentalischen und nordischen Geistesfruͤchten sich naͤhren, bilden und groß werden? Jmmerhin, auch das ist gut, und brauchbar in der Fremdlingschaft, sich in alles dienliche Fremde fuͤgen zu koͤnnen, unendliche Biegsamkeit, allen alles auf gute Art in rechtem Sinn werden zu moͤgen, ist selbst allgemeinnuͤtzige Nachahmung des Schoͤpfers oder Allvaters, aber Biegsamkeit, Fuͤglichkeit, ist bloß Mittel: so unendlich biegsam und fuͤglich man zu unschuldigen, brauchbaren, rechtmaͤßigen Mittelformen seyn kann, so fest muß man in ewigem Grund und Zweck seyn, darzu muß alles recht und gut Moͤgliche dienen, aber Grund und Zweck muß herrschen, Gesetz und Regel gebend re-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0903_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0903_1792/96
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0903_1792/96>, abgerufen am 21.11.2024.