Und als bald darauf Iphitus, des Eury- tus Sohn, beim Herkules seine entlaufenen Stut- ten suchte, führte ihn dieser, der selber die Stut- ten bei sich verbarg, auf einen Hügel, und stürzte den Sohn seines Gastfreundes, ehe dieser sichs versahe, vom jähen Felsen herab.
Durch diese That befleckte Herkules seinen Ruhm, und mußte auch auf den Befehl der Göt- ter auf eine schändliche Weise dafür büßen. -- Er mußte sich der wollüstigen Königin Omphale in Lydien zum Sklaven verkaufen lassen, und weib- liche Geschäfte auf ihren Befehl verrichten.
Hier stellt die bildende Kunst Omphalen mit der Löwenhaut umgeben, und mit der Keule in der Hand, den Herkules aber in Weiberkleidern am Rocken spinnend dar. -- Der Held, der seine Laufbahn nun vollendet hatte, mußte vor seiner Vergötterung noch das Loos der Sterblichkeit em- pfinden, und so tief von seiner Größe sinken, als hoch er gestiegen war.
Allein die bestimmte Zeit dieser Dienstbarkeit verfloß; und nun rüstete Herkules sich gegen den Eurytus, der seine Tochter Jole ihm versagt hatte. Mit stürmender Hand eroberte er die Stadt Oechelia und zerstörte sie; erschlug den Eu- rytus selber; nahm Jolen gefangen, und schickte sie als eine Sklavin seiner eigenen Gemahlin De- janira zu.
Und als bald darauf Iphitus, des Eury- tus Sohn, beim Herkules ſeine entlaufenen Stut- ten ſuchte, fuͤhrte ihn dieſer, der ſelber die Stut- ten bei ſich verbarg, auf einen Huͤgel, und ſtuͤrzte den Sohn ſeines Gaſtfreundes, ehe dieſer ſichs verſahe, vom jaͤhen Felſen herab.
Durch dieſe That befleckte Herkules ſeinen Ruhm, und mußte auch auf den Befehl der Goͤt- ter auf eine ſchaͤndliche Weiſe dafuͤr buͤßen. — Er mußte ſich der wolluͤſtigen Koͤnigin Omphale in Lydien zum Sklaven verkaufen laſſen, und weib- liche Geſchaͤfte auf ihren Befehl verrichten.
Hier ſtellt die bildende Kunſt Omphalen mit der Loͤwenhaut umgeben, und mit der Keule in der Hand, den Herkules aber in Weiberkleidern am Rocken ſpinnend dar. — Der Held, der ſeine Laufbahn nun vollendet hatte, mußte vor ſeiner Vergoͤtterung noch das Loos der Sterblichkeit em- pfinden, und ſo tief von ſeiner Groͤße ſinken, als hoch er geſtiegen war.
Allein die beſtimmte Zeit dieſer Dienſtbarkeit verfloß; und nun ruͤſtete Herkules ſich gegen den Eurytus, der ſeine Tochter Jole ihm verſagt hatte. Mit ſtuͤrmender Hand eroberte er die Stadt Oechelia und zerſtoͤrte ſie; erſchlug den Eu- rytus ſelber; nahm Jolen gefangen, und ſchickte ſie als eine Sklavin ſeiner eigenen Gemahlin De- janira zu.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0300"n="250"/><p>Und als bald darauf <hirendition="#fr">Iphitus</hi>, des Eury-<lb/>
tus Sohn, beim Herkules ſeine entlaufenen Stut-<lb/>
ten ſuchte, fuͤhrte ihn dieſer, der ſelber die Stut-<lb/>
ten bei ſich verbarg, auf einen Huͤgel, und ſtuͤrzte<lb/>
den Sohn ſeines Gaſtfreundes, ehe dieſer ſichs<lb/>
verſahe, vom jaͤhen Felſen herab.</p><lb/><p>Durch dieſe That befleckte Herkules ſeinen<lb/>
Ruhm, und mußte auch auf den Befehl der Goͤt-<lb/>
ter auf eine ſchaͤndliche Weiſe dafuͤr buͤßen. — Er<lb/>
mußte ſich der wolluͤſtigen Koͤnigin <hirendition="#fr">Omphale</hi> in<lb/>
Lydien zum Sklaven verkaufen laſſen, und weib-<lb/>
liche Geſchaͤfte auf ihren Befehl verrichten.</p><lb/><p>Hier ſtellt die bildende Kunſt Omphalen mit<lb/>
der Loͤwenhaut umgeben, und mit der Keule in der<lb/>
Hand, den Herkules aber in Weiberkleidern am<lb/>
Rocken ſpinnend dar. — Der Held, der ſeine<lb/>
Laufbahn nun vollendet hatte, mußte vor ſeiner<lb/>
Vergoͤtterung noch das Loos der Sterblichkeit em-<lb/>
pfinden, und ſo tief von ſeiner Groͤße ſinken, als<lb/>
hoch er geſtiegen war.</p><lb/><p>Allein die beſtimmte Zeit dieſer Dienſtbarkeit<lb/>
verfloß; und nun ruͤſtete Herkules ſich gegen den<lb/><hirendition="#fr">Eurytus</hi>, der ſeine Tochter <hirendition="#fr">Jole</hi> ihm verſagt<lb/>
hatte. Mit ſtuͤrmender Hand eroberte er die<lb/>
Stadt Oechelia und zerſtoͤrte ſie; erſchlug den Eu-<lb/>
rytus ſelber; nahm <hirendition="#fr">Jolen</hi> gefangen, und ſchickte<lb/>ſie als eine Sklavin ſeiner eigenen Gemahlin De-<lb/>
janira zu.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[250/0300]
Und als bald darauf Iphitus, des Eury-
tus Sohn, beim Herkules ſeine entlaufenen Stut-
ten ſuchte, fuͤhrte ihn dieſer, der ſelber die Stut-
ten bei ſich verbarg, auf einen Huͤgel, und ſtuͤrzte
den Sohn ſeines Gaſtfreundes, ehe dieſer ſichs
verſahe, vom jaͤhen Felſen herab.
Durch dieſe That befleckte Herkules ſeinen
Ruhm, und mußte auch auf den Befehl der Goͤt-
ter auf eine ſchaͤndliche Weiſe dafuͤr buͤßen. — Er
mußte ſich der wolluͤſtigen Koͤnigin Omphale in
Lydien zum Sklaven verkaufen laſſen, und weib-
liche Geſchaͤfte auf ihren Befehl verrichten.
Hier ſtellt die bildende Kunſt Omphalen mit
der Loͤwenhaut umgeben, und mit der Keule in der
Hand, den Herkules aber in Weiberkleidern am
Rocken ſpinnend dar. — Der Held, der ſeine
Laufbahn nun vollendet hatte, mußte vor ſeiner
Vergoͤtterung noch das Loos der Sterblichkeit em-
pfinden, und ſo tief von ſeiner Groͤße ſinken, als
hoch er geſtiegen war.
Allein die beſtimmte Zeit dieſer Dienſtbarkeit
verfloß; und nun ruͤſtete Herkules ſich gegen den
Eurytus, der ſeine Tochter Jole ihm verſagt
hatte. Mit ſtuͤrmender Hand eroberte er die
Stadt Oechelia und zerſtoͤrte ſie; erſchlug den Eu-
rytus ſelber; nahm Jolen gefangen, und ſchickte
ſie als eine Sklavin ſeiner eigenen Gemahlin De-
janira zu.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/300>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.