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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

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gethan, den Drachen, der das goldne Fließ be-
wachte, bekämpfen und erlegen.

Medea, eine Tochter des Aeetes, mächtig
in Zauberkünsten, hatte kaum den Jason erblickt,
als durch den Einfluß und die Veranstaltung der
Götter, die den Helden schützten, eine zärtliche
Neigung gegen ihn, sich in ihrem Busen regte, die
bald bis zur heftigsten Flamme der Leidenschaft
emporschoß.

Beim Tempel der Hekate, die mächtige Göt-
tin anzuflehen, begegneten sich Jason und Medea.
Medea entdeckte dem Jason ihre Liebe, und wenn
er ihr Treue schwüre, versprach sie, in den Gefah-
ren, die ihm drohten, ihm mächtig beizustehen,
und ihm zu helfen, sein glorreiches Unternehmen
sicher zu vollführen.

Jason schwur ihr Treue; Medea erwiederte
den Schwur, und machte durch ihre Zauberkraft
den Helden unüberwindlich, sie gab ihm einen
Stein, um ihn unter die aufkeimende Saat der
geharnischten Männer hinzuschleudern, und gab
ihm Kräuter und einen Trank, den Drachen ein-
zuschläfern.

Als Jason mit seinen Gefährten nun am an-
dern Tage, in Gegenwart des Königs und des
Volks auf dem Felde des Mars erschien, und man
nun im Begriff war, zuerst die flammenathmen-

gethan, den Drachen, der das goldne Fließ be-
wachte, bekaͤmpfen und erlegen.

Medea, eine Tochter des Aeetes, maͤchtig
in Zauberkuͤnſten, hatte kaum den Jaſon erblickt,
als durch den Einfluß und die Veranſtaltung der
Goͤtter, die den Helden ſchuͤtzten, eine zaͤrtliche
Neigung gegen ihn, ſich in ihrem Buſen regte, die
bald bis zur heftigſten Flamme der Leidenſchaft
emporſchoß.

Beim Tempel der Hekate, die maͤchtige Goͤt-
tin anzuflehen, begegneten ſich Jaſon und Medea.
Medea entdeckte dem Jaſon ihre Liebe, und wenn
er ihr Treue ſchwuͤre, verſprach ſie, in den Gefah-
ren, die ihm drohten, ihm maͤchtig beizuſtehen,
und ihm zu helfen, ſein glorreiches Unternehmen
ſicher zu vollfuͤhren.

Jaſon ſchwur ihr Treue; Medea erwiederte
den Schwur, und machte durch ihre Zauberkraft
den Helden unuͤberwindlich, ſie gab ihm einen
Stein, um ihn unter die aufkeimende Saat der
geharniſchten Maͤnner hinzuſchleudern, und gab
ihm Kraͤuter und einen Trank, den Drachen ein-
zuſchlaͤfern.

Als Jaſon mit ſeinen Gefaͤhrten nun am an-
dern Tage, in Gegenwart des Koͤnigs und des
Volks auf dem Felde des Mars erſchien, und man
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[269/0323] gethan, den Drachen, der das goldne Fließ be- wachte, bekaͤmpfen und erlegen. Medea, eine Tochter des Aeetes, maͤchtig in Zauberkuͤnſten, hatte kaum den Jaſon erblickt, als durch den Einfluß und die Veranſtaltung der Goͤtter, die den Helden ſchuͤtzten, eine zaͤrtliche Neigung gegen ihn, ſich in ihrem Buſen regte, die bald bis zur heftigſten Flamme der Leidenſchaft emporſchoß. Beim Tempel der Hekate, die maͤchtige Goͤt- tin anzuflehen, begegneten ſich Jaſon und Medea. Medea entdeckte dem Jaſon ihre Liebe, und wenn er ihr Treue ſchwuͤre, verſprach ſie, in den Gefah- ren, die ihm drohten, ihm maͤchtig beizuſtehen, und ihm zu helfen, ſein glorreiches Unternehmen ſicher zu vollfuͤhren. Jaſon ſchwur ihr Treue; Medea erwiederte den Schwur, und machte durch ihre Zauberkraft den Helden unuͤberwindlich, ſie gab ihm einen Stein, um ihn unter die aufkeimende Saat der geharniſchten Maͤnner hinzuſchleudern, und gab ihm Kraͤuter und einen Trank, den Drachen ein- zuſchlaͤfern. Als Jaſon mit ſeinen Gefaͤhrten nun am an- dern Tage, in Gegenwart des Koͤnigs und des Volks auf dem Felde des Mars erſchien, und man nun im Begriff war, zuerſt die flammenathmen-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/323>, abgerufen am 26.11.2024.