Den Menschen gaben die Götter vielen Kum- mer zu tragen; Sie selber aber sind sorglos.
Pan.
Das ganze Geschlecht der Satyrn und Fau- nen wurde gleichsam auf einmal unter der Götter- gestalt des Pan begriffen, in welcher sich diese Dichtung wieder vereinzelte; denn die Bildung des Pan ist übrigens von der Bildung der Sa- tyrn nicht verschieden, ausgenommen, daß Pan einen Mantel oder eine Bockshaut um die Schul- tern, und einen gekrümmten Schäferstab oder eine siebenröhrige Flöte in den Händen trägt. -- Die übrigen Waldgötter mit den Ziegenfüßen hießen von ihm auch Aegipanen.
Der siebenröhrigen Flöte schreibt die Dichtung folgenden Ursprung zu: als Pan die Nymphe Syrinx, von Lieb' entbrannt, verfolgte, und diese bis an den Fluß Ladon vor ihm flohe, wo ihr Lauf gehemmt war, ward sie plötzlich in ein Schilfrohr verwandelt, welches Pan umarmte. --
Der Wind, der in das Rohr blies, brachte klagende Töne hervor; und Pan suchte diese Töne wieder zu erwecken, indem er sieben Rohre, das folgende immer um ein bestimmtes Maaß kürzer als das vorhergehende, zusammenfügte, und so
Den Menſchen gaben die Goͤtter vielen Kum- mer zu tragen; Sie ſelber aber ſind ſorglos.
Pan.
Das ganze Geſchlecht der Satyrn und Fau- nen wurde gleichſam auf einmal unter der Goͤtter- geſtalt des Pan begriffen, in welcher ſich dieſe Dichtung wieder vereinzelte; denn die Bildung des Pan iſt uͤbrigens von der Bildung der Sa- tyrn nicht verſchieden, ausgenommen, daß Pan einen Mantel oder eine Bockshaut um die Schul- tern, und einen gekruͤmmten Schaͤferſtab oder eine ſiebenroͤhrige Floͤte in den Haͤnden traͤgt. — Die uͤbrigen Waldgoͤtter mit den Ziegenfuͤßen hießen von ihm auch Aegipanen.
Der ſiebenroͤhrigen Floͤte ſchreibt die Dichtung folgenden Urſprung zu: als Pan die Nymphe Syrinx, von Lieb’ entbrannt, verfolgte, und dieſe bis an den Fluß Ladon vor ihm flohe, wo ihr Lauf gehemmt war, ward ſie ploͤtzlich in ein Schilfrohr verwandelt, welches Pan umarmte. —
Der Wind, der in das Rohr blies, brachte klagende Toͤne hervor; und Pan ſuchte dieſe Toͤne wieder zu erwecken, indem er ſieben Rohre, das folgende immer um ein beſtimmtes Maaß kuͤrzer als das vorhergehende, zuſammenfuͤgte, und ſo
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0381"n="319"/><lgtype="poem"><l>Den Menſchen gaben die Goͤtter vielen Kum-</l><lb/><l>mer zu tragen;</l><lb/><l>Sie ſelber aber ſind <hirendition="#fr">ſorglos.</hi></l></lg></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Pan</hi>.</hi></head><lb/><p>Das ganze Geſchlecht der Satyrn und Fau-<lb/>
nen wurde gleichſam auf einmal unter der Goͤtter-<lb/>
geſtalt des Pan begriffen, in welcher ſich dieſe<lb/>
Dichtung wieder <hirendition="#fr">vereinzelte;</hi> denn die Bildung<lb/>
des Pan iſt uͤbrigens von der Bildung der Sa-<lb/>
tyrn nicht verſchieden, ausgenommen, daß Pan<lb/>
einen Mantel oder eine Bockshaut um die Schul-<lb/>
tern, und einen gekruͤmmten Schaͤferſtab oder eine<lb/>ſiebenroͤhrige Floͤte in den Haͤnden traͤgt. — Die<lb/>
uͤbrigen Waldgoͤtter mit den Ziegenfuͤßen hießen<lb/>
von ihm auch <hirendition="#fr">Aegipanen.</hi></p><lb/><p>Der ſiebenroͤhrigen Floͤte ſchreibt die Dichtung<lb/>
folgenden Urſprung zu: als <hirendition="#fr">Pan</hi> die Nymphe<lb/><hirendition="#fr">Syrinx,</hi> von Lieb’ entbrannt, verfolgte, und<lb/>
dieſe bis an den Fluß <hirendition="#fr">Ladon</hi> vor ihm flohe, wo<lb/>
ihr Lauf gehemmt war, ward ſie ploͤtzlich in ein<lb/><hirendition="#fr">Schilfrohr</hi> verwandelt, welches Pan umarmte. —</p><lb/><p>Der Wind, der in das Rohr blies, brachte<lb/>
klagende Toͤne hervor; und Pan ſuchte dieſe Toͤne<lb/>
wieder zu erwecken, indem er ſieben Rohre, das<lb/>
folgende immer um ein beſtimmtes Maaß kuͤrzer<lb/>
als das vorhergehende, zuſammenfuͤgte, und ſo<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[319/0381]
Den Menſchen gaben die Goͤtter vielen Kum-
mer zu tragen;
Sie ſelber aber ſind ſorglos.
Pan.
Das ganze Geſchlecht der Satyrn und Fau-
nen wurde gleichſam auf einmal unter der Goͤtter-
geſtalt des Pan begriffen, in welcher ſich dieſe
Dichtung wieder vereinzelte; denn die Bildung
des Pan iſt uͤbrigens von der Bildung der Sa-
tyrn nicht verſchieden, ausgenommen, daß Pan
einen Mantel oder eine Bockshaut um die Schul-
tern, und einen gekruͤmmten Schaͤferſtab oder eine
ſiebenroͤhrige Floͤte in den Haͤnden traͤgt. — Die
uͤbrigen Waldgoͤtter mit den Ziegenfuͤßen hießen
von ihm auch Aegipanen.
Der ſiebenroͤhrigen Floͤte ſchreibt die Dichtung
folgenden Urſprung zu: als Pan die Nymphe
Syrinx, von Lieb’ entbrannt, verfolgte, und
dieſe bis an den Fluß Ladon vor ihm flohe, wo
ihr Lauf gehemmt war, ward ſie ploͤtzlich in ein
Schilfrohr verwandelt, welches Pan umarmte. —
Der Wind, der in das Rohr blies, brachte
klagende Toͤne hervor; und Pan ſuchte dieſe Toͤne
wieder zu erwecken, indem er ſieben Rohre, das
folgende immer um ein beſtimmtes Maaß kuͤrzer
als das vorhergehende, zuſammenfuͤgte, und ſo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/381>, abgerufen am 01.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.