Als Cephalus nun nach einiger Zeit sich wieder mit ihr versöhnte, ward Prokris von Eifersucht gequält, weil sie vernahm, daß ihr Gemahl die Nymphe Aura liebte, mit der er auf der Jagd verstohlnen Umgangs pflege. Einst versteckte Pro- kris sich im Gebüsch, um ihren Gatten zu belau- schen. Dieser seufzte, erhitzt vom Jagen, unter dem Nahmen Aura, nach nichts als nach der kühlen Luft. Prokris aber, welche den Nah- men ihrer Nebenbuhlerin von seinen Lippen zu hö- ren glaubte, regte sich im Gebüsch. Cephalus meinte das Rauschen von einem versteckten Wild zu hören, wornach er seinen Jagdspieß warf, der seine unglückliche Gattin traf, welche sterbend ihren Irrthum erst erkannte. --
Phaeton.
In Aegypten, wo Jupiter mit der Jo den Epaphus erzeugte, hatte auch Klymene dem He- lios oder dem Sonnengotte den Phaeton geboh- ren. Diesem warf einst Epaphus vor, daß er kein Sohn der Sonne sey, sondern daß seine Mutter sich dessen nur fälschlich rühme. -- Um auf die glän- zendste Weise diesen bittern Vorwurf zu widerlegen, begab sich Phaeton, auf Anstiften seiner Mutter, selber zum Pallast des Sonnengottes, und ließ sich erst von ihm beim Styx zuschwören, daß er
Als Cephalus nun nach einiger Zeit ſich wieder mit ihr verſoͤhnte, ward Prokris von Eiferſucht gequaͤlt, weil ſie vernahm, daß ihr Gemahl die Nymphe Aura liebte, mit der er auf der Jagd verſtohlnen Umgangs pflege. Einſt verſteckte Pro- kris ſich im Gebuͤſch, um ihren Gatten zu belau- ſchen. Dieſer ſeufzte, erhitzt vom Jagen, unter dem Nahmen Aura, nach nichts als nach der kuͤhlen Luft. Prokris aber, welche den Nah- men ihrer Nebenbuhlerin von ſeinen Lippen zu hoͤ- ren glaubte, regte ſich im Gebuͤſch. Cephalus meinte das Rauſchen von einem verſteckten Wild zu hoͤren, wornach er ſeinen Jagdſpieß warf, der ſeine ungluͤckliche Gattin traf, welche ſterbend ihren Irrthum erſt erkannte. —
Phaeton.
In Aegypten, wo Jupiter mit der Jo den Epaphus erzeugte, hatte auch Klymene dem He- lios oder dem Sonnengotte den Phaeton geboh- ren. Dieſem warf einſt Epaphus vor, daß er kein Sohn der Sonne ſey, ſondern daß ſeine Mutter ſich deſſen nur faͤlſchlich ruͤhme. — Um auf die glaͤn- zendſte Weiſe dieſen bittern Vorwurf zu widerlegen, begab ſich Phaeton, auf Anſtiften ſeiner Mutter, ſelber zum Pallaſt des Sonnengottes, und ließ ſich erſt von ihm beim Styx zuſchwoͤren, daß er
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0458"n="384"/><p>Als Cephalus nun nach einiger Zeit ſich wieder<lb/>
mit ihr verſoͤhnte, ward Prokris von Eiferſucht<lb/>
gequaͤlt, weil ſie vernahm, daß ihr Gemahl die<lb/>
Nymphe <hirendition="#fr">Aura</hi> liebte, mit der er auf der Jagd<lb/>
verſtohlnen Umgangs pflege. Einſt verſteckte Pro-<lb/>
kris ſich im Gebuͤſch, um ihren Gatten zu belau-<lb/>ſchen. Dieſer ſeufzte, erhitzt vom Jagen, unter<lb/>
dem Nahmen <hirendition="#fr">Aura,</hi> nach nichts als nach der<lb/><hirendition="#fr">kuͤhlen Luft.</hi> Prokris aber, welche den Nah-<lb/>
men ihrer Nebenbuhlerin von ſeinen Lippen zu hoͤ-<lb/>
ren glaubte, regte ſich im Gebuͤſch. Cephalus<lb/>
meinte das Rauſchen von einem verſteckten Wild<lb/>
zu hoͤren, wornach er ſeinen Jagdſpieß warf, der<lb/>ſeine ungluͤckliche Gattin traf, welche ſterbend ihren<lb/>
Irrthum erſt erkannte. —</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Phaeton</hi>.</hi></head><lb/><p>In Aegypten, wo Jupiter mit der <hirendition="#fr">Jo</hi> den<lb/><hirendition="#fr">Epaphus</hi> erzeugte, hatte auch <hirendition="#fr">Klymene</hi> dem <hirendition="#fr">He-<lb/>
lios</hi> oder dem Sonnengotte den <hirendition="#fr">Phaeton</hi> geboh-<lb/>
ren. Dieſem warf einſt <hirendition="#fr">Epaphus</hi> vor, daß er kein<lb/>
Sohn der Sonne ſey, ſondern daß ſeine Mutter ſich<lb/>
deſſen nur faͤlſchlich ruͤhme. — Um auf die glaͤn-<lb/>
zendſte Weiſe dieſen bittern Vorwurf zu widerlegen,<lb/>
begab ſich Phaeton, auf Anſtiften ſeiner Mutter,<lb/>ſelber zum Pallaſt des Sonnengottes, und ließ<lb/>ſich erſt von ihm beim Styx zuſchwoͤren, daß er<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[384/0458]
Als Cephalus nun nach einiger Zeit ſich wieder
mit ihr verſoͤhnte, ward Prokris von Eiferſucht
gequaͤlt, weil ſie vernahm, daß ihr Gemahl die
Nymphe Aura liebte, mit der er auf der Jagd
verſtohlnen Umgangs pflege. Einſt verſteckte Pro-
kris ſich im Gebuͤſch, um ihren Gatten zu belau-
ſchen. Dieſer ſeufzte, erhitzt vom Jagen, unter
dem Nahmen Aura, nach nichts als nach der
kuͤhlen Luft. Prokris aber, welche den Nah-
men ihrer Nebenbuhlerin von ſeinen Lippen zu hoͤ-
ren glaubte, regte ſich im Gebuͤſch. Cephalus
meinte das Rauſchen von einem verſteckten Wild
zu hoͤren, wornach er ſeinen Jagdſpieß warf, der
ſeine ungluͤckliche Gattin traf, welche ſterbend ihren
Irrthum erſt erkannte. —
Phaeton.
In Aegypten, wo Jupiter mit der Jo den
Epaphus erzeugte, hatte auch Klymene dem He-
lios oder dem Sonnengotte den Phaeton geboh-
ren. Dieſem warf einſt Epaphus vor, daß er kein
Sohn der Sonne ſey, ſondern daß ſeine Mutter ſich
deſſen nur faͤlſchlich ruͤhme. — Um auf die glaͤn-
zendſte Weiſe dieſen bittern Vorwurf zu widerlegen,
begab ſich Phaeton, auf Anſtiften ſeiner Mutter,
ſelber zum Pallaſt des Sonnengottes, und ließ
ſich erſt von ihm beim Styx zuſchwoͤren, daß er
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/458>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.