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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.

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aus dem siedenden Färbekessel herauszuholen,
und sie dann unmittelbar darauf in der vorbei¬
fliessenden Oker zu waschen, wo zu dem Ende
erst eine Oeffnung in das Eis mußte gehauen
werden. Dieser oft wiederholte Uebergang von
der Hitze zum Frost, machte, daß Anton beide
Hände aufsprangen, und das Blut ihm heraus¬
sprützte.

Allein statt daß dieses ihn hätte niederschla¬
gen sollen, erhob es vielmehr seinen Muth. Er
blickte mit einer Art von Stolz auf seine Hände,
und betrachtete die blutigen Merkmahle daran,
als so viel Ehrenzeichen von seiner Arbeit; und
so lange diese harten Arbeiten noch für ihn den
Reiz der Neuheit hatten, machten sie ihm ein
gewisses Vergnügen, das vorzüglich im Gefühl
seiner körperlichen Kräfte bestand; zugleich ge¬
währten sie ihm eine Art von süßem Freiheits¬
gefühl, das er bisher noch nicht gekannt hatte.

Es war ihm, als wenn er nun auch sich
selbst etwas mehr nachsehen könne, nachdem er
eben so wie die andern gearbeitet, und des Tages
Last und Hitze wie sie getragen hatte. Unter
den beschwerlichsten Arbeiten empfand er eine

aus dem ſiedenden Faͤrbekeſſel herauszuholen,
und ſie dann unmittelbar darauf in der vorbei¬
flieſſenden Oker zu waſchen, wo zu dem Ende
erſt eine Oeffnung in das Eis mußte gehauen
werden. Dieſer oft wiederholte Uebergang von
der Hitze zum Froſt, machte, daß Anton beide
Haͤnde aufſprangen, und das Blut ihm heraus¬
ſpruͤtzte.

Allein ſtatt daß dieſes ihn haͤtte niederſchla¬
gen ſollen, erhob es vielmehr ſeinen Muth. Er
blickte mit einer Art von Stolz auf ſeine Haͤnde,
und betrachtete die blutigen Merkmahle daran,
als ſo viel Ehrenzeichen von ſeiner Arbeit; und
ſo lange dieſe harten Arbeiten noch fuͤr ihn den
Reiz der Neuheit hatten, machten ſie ihm ein
gewiſſes Vergnuͤgen, das vorzuͤglich im Gefuͤhl
ſeiner koͤrperlichen Kraͤfte beſtand; zugleich ge¬
waͤhrten ſie ihm eine Art von ſuͤßem Freiheits¬
gefuͤhl, das er bisher noch nicht gekannt hatte.

Es war ihm, als wenn er nun auch ſich
ſelbſt etwas mehr nachſehen koͤnne, nachdem er
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[108/0118] aus dem ſiedenden Faͤrbekeſſel herauszuholen, und ſie dann unmittelbar darauf in der vorbei¬ flieſſenden Oker zu waſchen, wo zu dem Ende erſt eine Oeffnung in das Eis mußte gehauen werden. Dieſer oft wiederholte Uebergang von der Hitze zum Froſt, machte, daß Anton beide Haͤnde aufſprangen, und das Blut ihm heraus¬ ſpruͤtzte. Allein ſtatt daß dieſes ihn haͤtte niederſchla¬ gen ſollen, erhob es vielmehr ſeinen Muth. Er blickte mit einer Art von Stolz auf ſeine Haͤnde, und betrachtete die blutigen Merkmahle daran, als ſo viel Ehrenzeichen von ſeiner Arbeit; und ſo lange dieſe harten Arbeiten noch fuͤr ihn den Reiz der Neuheit hatten, machten ſie ihm ein gewiſſes Vergnuͤgen, das vorzuͤglich im Gefuͤhl ſeiner koͤrperlichen Kraͤfte beſtand; zugleich ge¬ waͤhrten ſie ihm eine Art von ſuͤßem Freiheits¬ gefuͤhl, das er bisher noch nicht gekannt hatte. Es war ihm, als wenn er nun auch ſich ſelbſt etwas mehr nachſehen koͤnne, nachdem er eben ſo wie die andern gearbeitet, und des Tages Laſt und Hitze wie ſie getragen hatte. Unter den beſchwerlichſten Arbeiten empfand er eine

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/118>, abgerufen am 04.12.2024.