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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.

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einem eingebildeten Mißfallen des göttlichen We¬
sens aufopferte, bemerkte niemand.

Indes war ihm das liebreiche Betragen, das
man in P. gegen ihn bewies, sehr aufmunternd,
und erhob seinen niedergedrückten Geist ein
wenig. Wegen seiner Schmerzen am Fuße be¬
zeugte man ihm Mitleid, im v. F..schen Hause
begegnete man ihm leutselig, und der Hr. v. F.
küßte ihn auf die Stirne, so oft er ihm auf der
Straße begegnete. Dergleichen Begegnungen
waren ihm ganz etwas Ungewohntes und Rüh¬
rendes, das seine Stirne wieder freier, sein Auge
offner, und seine Seele heitrer machte.

Er fing nun auch an, sich auf die Poesie zu
legen, und besang, was er sah und hörte. Er
hatte zwei Stiefbrüder, die beide in P. das
Schneiderhandwerk lernten, und deren Meister
ebenfalls Anhänger der Lehre des Hrn. v. F.
waren. Von diesen nahm er in Versen, die er
selbst gemacht und auswendig gelernt hatte, sehr
rührend Abschied, so wie auch von dem v. F..schen
Hause.

Freilich kehrte er nun nicht so wieder von P.
zu Hause, wie er erwartet hatte, aber doch war

einem eingebildeten Mißfallen des goͤttlichen We¬
ſens aufopferte, bemerkte niemand.

Indes war ihm das liebreiche Betragen, das
man in P. gegen ihn bewies, ſehr aufmunternd,
und erhob ſeinen niedergedruͤckten Geiſt ein
wenig. Wegen ſeiner Schmerzen am Fuße be¬
zeugte man ihm Mitleid, im v. F..ſchen Hauſe
begegnete man ihm leutſelig, und der Hr. v. F.
kuͤßte ihn auf die Stirne, ſo oft er ihm auf der
Straße begegnete. Dergleichen Begegnungen
waren ihm ganz etwas Ungewohntes und Ruͤh¬
rendes, das ſeine Stirne wieder freier, ſein Auge
offner, und ſeine Seele heitrer machte.

Er fing nun auch an, ſich auf die Poeſie zu
legen, und beſang, was er ſah und hoͤrte. Er
hatte zwei Stiefbruͤder, die beide in P. das
Schneiderhandwerk lernten, und deren Meiſter
ebenfalls Anhaͤnger der Lehre des Hrn. v. F.
waren. Von dieſen nahm er in Verſen, die er
ſelbſt gemacht und auswendig gelernt hatte, ſehr
ruͤhrend Abſchied, ſo wie auch von dem v. F..ſchen
Hauſe.

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[40/0050] einem eingebildeten Mißfallen des goͤttlichen We¬ ſens aufopferte, bemerkte niemand. Indes war ihm das liebreiche Betragen, das man in P. gegen ihn bewies, ſehr aufmunternd, und erhob ſeinen niedergedruͤckten Geiſt ein wenig. Wegen ſeiner Schmerzen am Fuße be¬ zeugte man ihm Mitleid, im v. F..ſchen Hauſe begegnete man ihm leutſelig, und der Hr. v. F. kuͤßte ihn auf die Stirne, ſo oft er ihm auf der Straße begegnete. Dergleichen Begegnungen waren ihm ganz etwas Ungewohntes und Ruͤh¬ rendes, das ſeine Stirne wieder freier, ſein Auge offner, und ſeine Seele heitrer machte. Er fing nun auch an, ſich auf die Poeſie zu legen, und beſang, was er ſah und hoͤrte. Er hatte zwei Stiefbruͤder, die beide in P. das Schneiderhandwerk lernten, und deren Meiſter ebenfalls Anhaͤnger der Lehre des Hrn. v. F. waren. Von dieſen nahm er in Verſen, die er ſelbſt gemacht und auswendig gelernt hatte, ſehr ruͤhrend Abſchied, ſo wie auch von dem v. F..ſchen Hauſe. Freilich kehrte er nun nicht ſo wieder von P. zu Hauſe, wie er erwartet hatte, aber doch war

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/50>, abgerufen am 04.12.2024.