Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786.verflochtne Gewebe eines Menschenlebens Wer auf sein vergangnes Leben auf¬ verflochtne Gewebe eines Menſchenlebens Wer auf ſein vergangnes Leben auf¬ <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0010"/> verflochtne Gewebe eines Menſchenlebens<lb/> aus einer unendlichen Menge von Kleinig¬<lb/> keiten beſteht, die alle in dieſer Verflech¬<lb/> tung aͤußerſt wichtig reden, ſo unbedeu¬<lb/> tend ſie an ſich ſcheinen. —</p><lb/> <p>Wer auf ſein vergangnes Leben auf¬<lb/> merkſam wird, der glaubt zuerſt oft nichts<lb/> als Zweckloſigkeit, abgerißne Faͤden, Ver¬<lb/> wirrung, Nacht und Dunkelheit zu<lb/> ſehen; je mehr ſich aber ſein Blick darauf<lb/> heftet, deſto mehr verſchwindet die Dun¬<lb/> kelheit, die Zweckloſigkeit verliert ſich all¬<lb/> maͤlig, die abgerißnen Faͤden knuͤpfen ſich<lb/> wieder an, das Untereinandergeworfene und<lb/> Verwirrte ordnet ſich — und das mißtoͤ¬<lb/> nende loͤſet ſich unvermerkt in Harmonie<lb/> und Wohlklang auf. —</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [0010]
verflochtne Gewebe eines Menſchenlebens
aus einer unendlichen Menge von Kleinig¬
keiten beſteht, die alle in dieſer Verflech¬
tung aͤußerſt wichtig reden, ſo unbedeu¬
tend ſie an ſich ſcheinen. —
Wer auf ſein vergangnes Leben auf¬
merkſam wird, der glaubt zuerſt oft nichts
als Zweckloſigkeit, abgerißne Faͤden, Ver¬
wirrung, Nacht und Dunkelheit zu
ſehen; je mehr ſich aber ſein Blick darauf
heftet, deſto mehr verſchwindet die Dun¬
kelheit, die Zweckloſigkeit verliert ſich all¬
maͤlig, die abgerißnen Faͤden knuͤpfen ſich
wieder an, das Untereinandergeworfene und
Verwirrte ordnet ſich — und das mißtoͤ¬
nende loͤſet ſich unvermerkt in Harmonie
und Wohlklang auf. —
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