Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

und entblößten Degen -- das alles beseelte ihn
wieder mit neuem Mnth, da er sich in diesem
glänzenden Anfzuge mit befand --

Und da er am andern Tage mit unter der
Zahl der Primaner stand, und dem Recktor mit ei¬
ner lateinischen Anrede an ihn, das Neujahrs¬
geschenk, wozu Reiser doch auch seinen Theil
beigetragen hatte, auf einem silbernen Teller über¬
reicht wurde; so fühlte er sich einmal mit einigem
Wohlgefallen wieder in der wirklichen Welt --
Er sahe sich doch hier nicht ganz ausgeschlossen
und verdrängt -- Allein wie sehr verbitterte
ihm der Haß und Uebermuth seiner Mitschüler
auch diese kleine Aufmunterung wieder! --

Der Rektor bewirthete die Primaner, welche
ihm das Geschenk gebracht hatten, mit Wein
und Kuchen -- Diese tranken zu wiederhohlten
malen seine Gesundheit, wobei sie denn am
Ende, da ihnen der Wein in die Köpfe stieg,
ziemlich laut wurden -- Reiser trank einige
Gläser Wein, ohne schlimme Folgen zu besor¬
gen -- allein die gänzliche Ungewohnheit des
Weintrinkens machte, daß ihn ein paar Gläser

und entbloͤßten Degen — das alles beſeelte ihn
wieder mit neuem Mnth, da er ſich in dieſem
glaͤnzenden Anfzuge mit befand —

Und da er am andern Tage mit unter der
Zahl der Primaner ſtand, und dem Recktor mit ei¬
ner lateiniſchen Anrede an ihn, das Neujahrs¬
geſchenk, wozu Reiſer doch auch ſeinen Theil
beigetragen hatte, auf einem ſilbernen Teller uͤber¬
reicht wurde; ſo fuͤhlte er ſich einmal mit einigem
Wohlgefallen wieder in der wirklichen Welt —
Er ſahe ſich doch hier nicht ganz ausgeſchloſſen
und verdraͤngt — Allein wie ſehr verbitterte
ihm der Haß und Uebermuth ſeiner Mitſchuͤler
auch dieſe kleine Aufmunterung wieder! —

Der Rektor bewirthete die Primaner, welche
ihm das Geſchenk gebracht hatten, mit Wein
und Kuchen — Dieſe tranken zu wiederhohlten
malen ſeine Geſundheit, wobei ſie denn am
Ende, da ihnen der Wein in die Koͤpfe ſtieg,
ziemlich laut wurden — Reiſer trank einige
Glaͤſer Wein, ohne ſchlimme Folgen zu beſor¬
gen — allein die gaͤnzliche Ungewohnheit des
Weintrinkens machte, daß ihn ein paar Glaͤſer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0149" n="139"/>
und entblo&#x0364;ßten Degen &#x2014; das alles be&#x017F;eelte ihn<lb/>
wieder mit neuem Mnth, da er &#x017F;ich in die&#x017F;em<lb/>
gla&#x0364;nzenden Anfzuge mit befand &#x2014;</p><lb/>
      <p>Und da er am andern Tage mit unter der<lb/>
Zahl der Primaner &#x017F;tand, und dem Recktor mit ei¬<lb/>
ner lateini&#x017F;chen Anrede an ihn, das Neujahrs¬<lb/>
ge&#x017F;chenk, wozu Rei&#x017F;er doch auch &#x017F;einen Theil<lb/>
beigetragen hatte, auf einem &#x017F;ilbernen Teller u&#x0364;ber¬<lb/>
reicht wurde; &#x017F;o fu&#x0364;hlte er &#x017F;ich einmal mit einigem<lb/>
Wohlgefallen wieder in der wirklichen Welt &#x2014;<lb/>
Er &#x017F;ahe &#x017F;ich doch hier nicht ganz ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en<lb/>
und verdra&#x0364;ngt &#x2014; Allein wie &#x017F;ehr verbitterte<lb/>
ihm der Haß und Uebermuth &#x017F;einer Mit&#x017F;chu&#x0364;ler<lb/>
auch die&#x017F;e kleine Aufmunterung wieder! &#x2014;</p><lb/>
      <p>Der Rektor bewirthete die Primaner, welche<lb/>
ihm das Ge&#x017F;chenk gebracht hatten, mit Wein<lb/>
und Kuchen &#x2014; Die&#x017F;e tranken zu wiederhohlten<lb/>
malen &#x017F;eine Ge&#x017F;undheit, wobei &#x017F;ie denn am<lb/>
Ende, da ihnen der Wein in die Ko&#x0364;pfe &#x017F;tieg,<lb/>
ziemlich laut wurden &#x2014; Rei&#x017F;er trank einige<lb/>
Gla&#x0364;&#x017F;er Wein, ohne &#x017F;chlimme Folgen zu be&#x017F;or¬<lb/>
gen &#x2014; allein die ga&#x0364;nzliche Ungewohnheit des<lb/>
Weintrinkens machte, daß ihn ein paar Gla&#x0364;&#x017F;er<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0149] und entbloͤßten Degen — das alles beſeelte ihn wieder mit neuem Mnth, da er ſich in dieſem glaͤnzenden Anfzuge mit befand — Und da er am andern Tage mit unter der Zahl der Primaner ſtand, und dem Recktor mit ei¬ ner lateiniſchen Anrede an ihn, das Neujahrs¬ geſchenk, wozu Reiſer doch auch ſeinen Theil beigetragen hatte, auf einem ſilbernen Teller uͤber¬ reicht wurde; ſo fuͤhlte er ſich einmal mit einigem Wohlgefallen wieder in der wirklichen Welt — Er ſahe ſich doch hier nicht ganz ausgeſchloſſen und verdraͤngt — Allein wie ſehr verbitterte ihm der Haß und Uebermuth ſeiner Mitſchuͤler auch dieſe kleine Aufmunterung wieder! — Der Rektor bewirthete die Primaner, welche ihm das Geſchenk gebracht hatten, mit Wein und Kuchen — Dieſe tranken zu wiederhohlten malen ſeine Geſundheit, wobei ſie denn am Ende, da ihnen der Wein in die Koͤpfe ſtieg, ziemlich laut wurden — Reiſer trank einige Glaͤſer Wein, ohne ſchlimme Folgen zu beſor¬ gen — allein die gaͤnzliche Ungewohnheit des Weintrinkens machte, daß ihn ein paar Glaͤſer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/149
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/149>, abgerufen am 22.11.2024.