te er ihn indes, wozu er noch zu brauchen war, nehmlich zu allerlei kleinen Diensten, die er ihn in und außer dem Hause verrichten ließ -- und Rei¬ ser wurde nun im Grunde völlig wie ein Do¬ mestique betrachtet, ob er gleich ein Primaner hieß.
Einmal genoß er denn doch noch die Vorrech¬ te eines Primaners, da er von dem Chorgelde, was er erhielt, seinen Theil zum Neujahrgeschen¬ ke für den Rektor mit hergab, und auch dem Aufzuge mit Fackeln beiwohnte, da dem Direk¬ tor und dem Rektor, nach hergebrachter Weise zum Neujahr eine Musik gebracht, und ein Vi¬ vat gerufen wurde. --
Ob er gleich bei diesem Zuge der letzte oder einer der letzten in der Ordnung war, so erhob es doch seinen Muth außerordentlich wieder, da er sich ohngeachtet der vielen Herabwürdigungen und Demüthigungen, die er erfahren hatte, doch hier gleichsam wieder in Reihe und Glied mit den übrigen stehen sahe, einen Degen, nebst einer Fackel tragen, und das Vivat mit rufen durfte.
Die Musik, die Zuschauer, die Erleuchtung von den Fackeln, die Anführer mit Federhüten
te er ihn indes, wozu er noch zu brauchen war, nehmlich zu allerlei kleinen Dienſten, die er ihn in und außer dem Hauſe verrichten ließ — und Rei¬ ſer wurde nun im Grunde voͤllig wie ein Do¬ meſtique betrachtet, ob er gleich ein Primaner hieß.
Einmal genoß er denn doch noch die Vorrech¬ te eines Primaners, da er von dem Chorgelde, was er erhielt, ſeinen Theil zum Neujahrgeſchen¬ ke fuͤr den Rektor mit hergab, und auch dem Aufzuge mit Fackeln beiwohnte, da dem Direk¬ tor und dem Rektor, nach hergebrachter Weiſe zum Neujahr eine Muſik gebracht, und ein Vi¬ vat gerufen wurde. —
Ob er gleich bei dieſem Zuge der letzte oder einer der letzten in der Ordnung war, ſo erhob es doch ſeinen Muth außerordentlich wieder, da er ſich ohngeachtet der vielen Herabwuͤrdigungen und Demuͤthigungen, die er erfahren hatte, doch hier gleichſam wieder in Reihe und Glied mit den uͤbrigen ſtehen ſahe, einen Degen, nebſt einer Fackel tragen, und das Vivat mit rufen durfte.
Die Muſik, die Zuſchauer, die Erleuchtung von den Fackeln, die Anfuͤhrer mit Federhuͤten
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te er ihn indes, wozu er noch zu brauchen war,
nehmlich zu allerlei kleinen Dienſten, die er ihn in
und außer dem Hauſe verrichten ließ — und Rei¬
ſer wurde nun im Grunde voͤllig wie ein Do¬
meſtique betrachtet, ob er gleich ein Primaner
hieß.
Einmal genoß er denn doch noch die Vorrech¬
te eines Primaners, da er von dem Chorgelde,
was er erhielt, ſeinen Theil zum Neujahrgeſchen¬
ke fuͤr den Rektor mit hergab, und auch dem
Aufzuge mit Fackeln beiwohnte, da dem Direk¬
tor und dem Rektor, nach hergebrachter Weiſe
zum Neujahr eine Muſik gebracht, und ein Vi¬
vat gerufen wurde. —
Ob er gleich bei dieſem Zuge der letzte oder
einer der letzten in der Ordnung war, ſo erhob
es doch ſeinen Muth außerordentlich wieder, da
er ſich ohngeachtet der vielen Herabwuͤrdigungen
und Demuͤthigungen, die er erfahren hatte, doch
hier gleichſam wieder in Reihe und Glied mit
den uͤbrigen ſtehen ſahe, einen Degen, nebſt einer
Fackel tragen, und das Vivat mit rufen durfte.
Die Muſik, die Zuſchauer, die Erleuchtung
von den Fackeln, die Anfuͤhrer mit Federhuͤten
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/148>, abgerufen am 16.07.2024.
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