Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.sind -- und der dennoch immer eine Lücke in Die Seele des Weisen. Des Weisen Seel in ihrem Fluge Erhub sich über Wolken hoch; Und folgte kühn dem innern Zuge, Der mächtig himmelan sie zog. -- Sie strebt, das Leere auszufüllen. Das sie in sich mit Ekel sieht. Und forscht, um die Begier zu stillen. Nach Wahrheit, die ihr stets entflieht. Sie thürmt Gedanken auf Gedanken, Durchschauet kühn der Himmel Heer, Erschwingt den Weltbau ohne Schranken, Doch der Gedanke läßt sie leer. -- Sie wagt es nun, sich selbst zu denken.
Sich, die so oft sich selbst entflieht; Wagt's, in ihr Seyn sich zu versenken. Und sieht, daß sie sich selbst nicht gnügt. -- ſind — und der dennoch immer eine Luͤcke in Die Seele des Weiſen. Des Weiſen Seel in ihrem Fluge Erhub ſich uͤber Wolken hoch; Und folgte kuͤhn dem innern Zuge, Der maͤchtig himmelan ſie zog. — Sie ſtrebt, das Leere auszufuͤllen. Das ſie in ſich mit Ekel ſieht. Und forſcht, um die Begier zu ſtillen. Nach Wahrheit, die ihr ſtets entflieht. Sie thuͤrmt Gedanken auf Gedanken, Durchſchauet kuͤhn der Himmel Heer, Erſchwingt den Weltbau ohne Schranken, Doch der Gedanke laͤßt ſie leer. — Sie wagt es nun, ſich ſelbſt zu denken.
Sich, die ſo oft ſich ſelbſt entflieht; Wagt's, in ihr Seyn ſich zu verſenken. Und ſieht, daß ſie ſich ſelbſt nicht gnuͤgt. — <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0112" n="102"/> ſind — und der dennoch immer eine Luͤcke in<lb/> ſich fuͤhlt, die nur durch die Idee vom Unend¬<lb/> lichen ausgefuͤllt werden kann, und ſo brachte er<lb/> dann wieder, mit einigem Zwang wegen des Aus¬<lb/> drucks, folgendes Gedicht zuwege:</p><lb/> <p rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Die Seele des Weiſen.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Des Weiſen Seel in ihrem Fluge</l><lb/> <l>Erhub ſich uͤber Wolken hoch;</l><lb/> <l>Und folgte kuͤhn dem innern Zuge,</l><lb/> <l>Der maͤchtig himmelan ſie zog. —</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Sie ſtrebt, das Leere auszufuͤllen.</l><lb/> <l>Das ſie in ſich mit Ekel ſieht.</l><lb/> <l>Und forſcht, um die Begier zu ſtillen.</l><lb/> <l>Nach Wahrheit, die ihr ſtets entflieht.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Sie thuͤrmt Gedanken auf Gedanken,</l><lb/> <l>Durchſchauet kuͤhn der Himmel Heer,</l><lb/> <l>Erſchwingt den Weltbau ohne Schranken,</l><lb/> <l>Doch der Gedanke laͤßt ſie leer. —</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Sie wagt es nun, ſich ſelbſt zu denken.</l><lb/> <l>Sich, die ſo oft ſich ſelbſt entflieht;</l><lb/> <l>Wagt's, in ihr Seyn ſich zu verſenken.</l><lb/> <l>Und ſieht, daß ſie ſich ſelbſt nicht gnuͤgt. —</l><lb/> </lg> </lg> </body> </text> </TEI> [102/0112]
ſind — und der dennoch immer eine Luͤcke in
ſich fuͤhlt, die nur durch die Idee vom Unend¬
lichen ausgefuͤllt werden kann, und ſo brachte er
dann wieder, mit einigem Zwang wegen des Aus¬
drucks, folgendes Gedicht zuwege:
Die Seele des Weiſen.
Des Weiſen Seel in ihrem Fluge
Erhub ſich uͤber Wolken hoch;
Und folgte kuͤhn dem innern Zuge,
Der maͤchtig himmelan ſie zog. —
Sie ſtrebt, das Leere auszufuͤllen.
Das ſie in ſich mit Ekel ſieht.
Und forſcht, um die Begier zu ſtillen.
Nach Wahrheit, die ihr ſtets entflieht.
Sie thuͤrmt Gedanken auf Gedanken,
Durchſchauet kuͤhn der Himmel Heer,
Erſchwingt den Weltbau ohne Schranken,
Doch der Gedanke laͤßt ſie leer. —
Sie wagt es nun, ſich ſelbſt zu denken.
Sich, die ſo oft ſich ſelbſt entflieht;
Wagt's, in ihr Seyn ſich zu verſenken.
Und ſieht, daß ſie ſich ſelbſt nicht gnuͤgt. —
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