Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.Selbst die Wehmuth, die er empfand, da Das Wandern fing ihm an, so lieb zu wer¬ Selbſt die Wehmuth, die er empfand, da Das Wandern fing ihm an, ſo lieb zu wer¬ <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0184" n="174"/> <p>Selbſt die Wehmuth, die er empfand, da<lb/> ihm nun die Thore der Stadt, in welcher er<lb/> noch geſtern mit einer Anzahl ihm wohlwollender<lb/> Menſchen vertraulich an einem Tiſche geſeſſen<lb/> hatte, aus den Augen ſchwanden, und er alſo<lb/> nun ſogar die letzten hervorragenden Spuren,<lb/> dieſes ihm in der kurzen Zeit ſo lieb gewordenen<lb/> Ortes, aus ſeinem Geſichtskreiſe verlohren hatte<lb/> — ſelbſt dieſe Wemuth hatte einen nieempfun¬<lb/> denen Reiz fuͤr ihn — er kam ſich ſelber groͤßer<lb/> vor, weil er eigenmaͤchtig, ganz ohne irgend ei¬<lb/> nen aͤußern Antrieb — nun zum erſtenmale eine<lb/> Reiſe nach einer ganz fremden Stadt gethan<lb/> hatte, in der er binnen ein paar Tage mehr<lb/> Menſchen fand, die ihm wohl wollten, als er<lb/> in H. . . ganze Jahre hindurch nicht hatte finden<lb/> koͤnnen. —</p><lb/> <p>Das Wandern fing ihm an, ſo lieb zu wer¬<lb/> den — er phantaſirte ſich durch tauſend ange¬<lb/> nehme Vorſtellungen die Ermuͤdung hinweg —<lb/> wenn es dunkel wuͤrde, ſo betrachtete er den<lb/> vor ihm ſich hinſchlaͤngelnden Weg, auf den<lb/> er beſtaͤndig ſein Augenmerk heften mußte, gleich¬<lb/> ſam wie einen treuen Freund, der ihn leitete. —<lb/></p> </body> </text> </TEI> [174/0184]
Selbſt die Wehmuth, die er empfand, da
ihm nun die Thore der Stadt, in welcher er
noch geſtern mit einer Anzahl ihm wohlwollender
Menſchen vertraulich an einem Tiſche geſeſſen
hatte, aus den Augen ſchwanden, und er alſo
nun ſogar die letzten hervorragenden Spuren,
dieſes ihm in der kurzen Zeit ſo lieb gewordenen
Ortes, aus ſeinem Geſichtskreiſe verlohren hatte
— ſelbſt dieſe Wemuth hatte einen nieempfun¬
denen Reiz fuͤr ihn — er kam ſich ſelber groͤßer
vor, weil er eigenmaͤchtig, ganz ohne irgend ei¬
nen aͤußern Antrieb — nun zum erſtenmale eine
Reiſe nach einer ganz fremden Stadt gethan
hatte, in der er binnen ein paar Tage mehr
Menſchen fand, die ihm wohl wollten, als er
in H. . . ganze Jahre hindurch nicht hatte finden
koͤnnen. —
Das Wandern fing ihm an, ſo lieb zu wer¬
den — er phantaſirte ſich durch tauſend ange¬
nehme Vorſtellungen die Ermuͤdung hinweg —
wenn es dunkel wuͤrde, ſo betrachtete er den
vor ihm ſich hinſchlaͤngelnden Weg, auf den
er beſtaͤndig ſein Augenmerk heften mußte, gleich¬
ſam wie einen treuen Freund, der ihn leitete. —
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