Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.gelesen zu haben, der erst ein Jahr nachher Hier hatte er in dem vorigen Jahre, da er Auf diesen einsamen Spatziergängen verfer¬ Welch eine Göttin geußt Entzücken
Ins Herz des Fühlenden? Läßt mitleidsvoll vor seinen Blicken Oft Scenen sanfter Freud' entstehn, Und bildet ihre Haine schön Sanfttraurender Melancholie? geleſen zu haben, der erſt ein Jahr nachher Hier hatte er in dem vorigen Jahre, da er Auf dieſen einſamen Spatziergaͤngen verfer¬ Welch eine Goͤttin geußt Entzuͤcken
Ins Herz des Fuͤhlenden? Laͤßt mitleidsvoll vor ſeinen Blicken Oft Scenen ſanfter Freud' entſtehn‚ Und bildet ihre Haine ſchoͤn Sanfttraurender Melancholie? <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0208" n="198"/> geleſen zu haben, der erſt ein Jahr nachher<lb/> erſchien. —</p><lb/> <p>Hier hatte er in dem vorigen Jahre, da er<lb/> neunzehn Jahr alt war, an einem rauhen Sep¬<lb/> temberabend ſeinen Geburtstag gefeiert — und<lb/> ſich ſelber die heiligſten Geluͤbde gethan, ſein<lb/> kuͤnftiges Leben beſſer als das vergangne zu<lb/> nutzen. —</p><lb/> <p>Auf dieſen einſamen Spatziergaͤngen verfer¬<lb/> tigte er denn auch ſeinen Prolog, der ſich wie ſeine<lb/> Rede mit <hi rendition="#fr">welch ein</hi> anfing; denn in das ſanft¬<lb/> klingende <hi rendition="#fr">welch ein</hi> hatte er ſich ordentlich ver¬<lb/> liebt, es ſchien gleich eine ſolche Fuͤlle von Ideen<lb/> zu faſſen, und alles folgende hinein zu fuͤgen —<lb/> er konnte ſich keinen vollklingendern Anfang den¬<lb/> ken, und hub daher denn auch ſeinen Prolog an:</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Welch eine Goͤttin geußt Entzuͤcken</l><lb/> <l>Ins Herz des Fuͤhlenden?</l><lb/> <l>Laͤßt mitleidsvoll vor ſeinen Blicken</l><lb/> <l>Oft Scenen ſanfter Freud' entſtehn‚</l><lb/> <l>Und bildet ihre Haine ſchoͤn</l><lb/> <l>Sanfttraurender Melancholie?</l><lb/> </lg> </lg> </body> </text> </TEI> [198/0208]
geleſen zu haben, der erſt ein Jahr nachher
erſchien. —
Hier hatte er in dem vorigen Jahre, da er
neunzehn Jahr alt war, an einem rauhen Sep¬
temberabend ſeinen Geburtstag gefeiert — und
ſich ſelber die heiligſten Geluͤbde gethan, ſein
kuͤnftiges Leben beſſer als das vergangne zu
nutzen. —
Auf dieſen einſamen Spatziergaͤngen verfer¬
tigte er denn auch ſeinen Prolog, der ſich wie ſeine
Rede mit welch ein anfing; denn in das ſanft¬
klingende welch ein hatte er ſich ordentlich ver¬
liebt, es ſchien gleich eine ſolche Fuͤlle von Ideen
zu faſſen, und alles folgende hinein zu fuͤgen —
er konnte ſich keinen vollklingendern Anfang den¬
ken, und hub daher denn auch ſeinen Prolog an:
Welch eine Goͤttin geußt Entzuͤcken
Ins Herz des Fuͤhlenden?
Laͤßt mitleidsvoll vor ſeinen Blicken
Oft Scenen ſanfter Freud' entſtehn‚
Und bildet ihre Haine ſchoͤn
Sanfttraurender Melancholie?
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