Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

Es war wirklich damals gerade die glänzend¬
ste Schauspielerepoche in Deutschland, und es
war kein Wunder, daß die Idee sich in eine so
glänzende Laufbahn, wie die theatralische war,
zu begeben, in den Köpfen mehrerer jungen Leute
Funken schlug, und ihre Phantasie erhitzte --
das war denn damals auch der Fall bei der dra¬
matischen Gesellschaft in H. . . -- sie hatte gerade
die vortrefflichsten Muster, einen Brockmann,
Reinicke, Schröder, zu einem Zweck der Kunst
vereinigt, täglich Lorbeern einerndten sehen, und
es war wirklich kein unrühmlicher Gedanke, sol¬
chen Mustern nachzueifern. --

Und um nun diesen Endzweck zu erreichen,
brauchte man nicht erst drei Jahre auf der Uni¬
versität studirt zu haben. -- Dann kam bei Rei¬
sern die unwiderstehliche Begierde zum Reisen hin¬
zu, welche sich seit der abentheuerlichen Wallfahrt
nach Bremen seiner bemächtigt hatte -- und der
Gedanke, sich aus allen seinen bisherigen Ver¬
hältnissen, wo selbst das beste ihm doch immer
nur halb geglückt war, hinaus zu versetzen, und
sein Glück in der weiten Welt zu suchen, fing
allmälig an, bei ihm der herrschende zu werden --

N 5

Es war wirklich damals gerade die glaͤnzend¬
ſte Schauſpielerepoche in Deutſchland, und es
war kein Wunder, daß die Idee ſich in eine ſo
glaͤnzende Laufbahn, wie die theatraliſche war,
zu begeben, in den Koͤpfen mehrerer jungen Leute
Funken ſchlug, und ihre Phantaſie erhitzte —
das war denn damals auch der Fall bei der dra¬
matiſchen Geſellſchaft in H. . . — ſie hatte gerade
die vortrefflichſten Muſter, einen Brockmann,
Reinicke, Schroͤder, zu einem Zweck der Kunſt
vereinigt, taͤglich Lorbeern einerndten ſehen, und
es war wirklich kein unruͤhmlicher Gedanke, ſol¬
chen Muſtern nachzueifern. —

Und um nun dieſen Endzweck zu erreichen,
brauchte man nicht erſt drei Jahre auf der Uni¬
verſitaͤt ſtudirt zu haben. — Dann kam bei Rei¬
ſern die unwiderſtehliche Begierde zum Reiſen hin¬
zu, welche ſich ſeit der abentheuerlichen Wallfahrt
nach Bremen ſeiner bemaͤchtigt hatte — und der
Gedanke, ſich aus allen ſeinen bisherigen Ver¬
haͤltniſſen, wo ſelbſt das beſte ihm doch immer
nur halb gegluͤckt war, hinaus zu verſetzen, und
ſein Gluͤck in der weiten Welt zu ſuchen, fing
allmaͤlig an, bei ihm der herrſchende zu werden —

N 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0211" n="201"/>
      <p>Es war wirklich damals gerade die gla&#x0364;nzend¬<lb/>
&#x017F;te Schau&#x017F;pielerepoche in Deut&#x017F;chland, und es<lb/>
war kein Wunder, daß die Idee &#x017F;ich in eine &#x017F;o<lb/>
gla&#x0364;nzende Laufbahn, wie die theatrali&#x017F;che war,<lb/>
zu begeben, in den Ko&#x0364;pfen mehrerer jungen Leute<lb/>
Funken &#x017F;chlug, und ihre Phanta&#x017F;ie erhitzte &#x2014;<lb/>
das war denn damals auch der Fall bei der dra¬<lb/>
mati&#x017F;chen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft in H. . . &#x2014; &#x017F;ie hatte gerade<lb/>
die vortrefflich&#x017F;ten Mu&#x017F;ter, einen <hi rendition="#fr">Brockmann</hi>,<lb/><hi rendition="#fr">Reinicke</hi>, <hi rendition="#fr">Schro&#x0364;der</hi>, zu einem Zweck der Kun&#x017F;t<lb/>
vereinigt, ta&#x0364;glich Lorbeern einerndten &#x017F;ehen, und<lb/>
es war wirklich kein unru&#x0364;hmlicher Gedanke, &#x017F;ol¬<lb/>
chen Mu&#x017F;tern nachzueifern. &#x2014;</p><lb/>
      <p>Und um nun die&#x017F;en Endzweck zu erreichen,<lb/>
brauchte man nicht er&#x017F;t drei Jahre auf der Uni¬<lb/>
ver&#x017F;ita&#x0364;t &#x017F;tudirt zu haben. &#x2014; Dann kam bei Rei¬<lb/>
&#x017F;ern die unwider&#x017F;tehliche Begierde zum Rei&#x017F;en hin¬<lb/>
zu, welche &#x017F;ich &#x017F;eit der abentheuerlichen Wallfahrt<lb/>
nach Bremen &#x017F;einer bema&#x0364;chtigt hatte &#x2014; und der<lb/>
Gedanke, &#x017F;ich aus allen &#x017F;einen bisherigen Ver¬<lb/>
ha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en, wo &#x017F;elb&#x017F;t das be&#x017F;te ihm doch immer<lb/>
nur halb geglu&#x0364;ckt war, hinaus zu ver&#x017F;etzen, und<lb/>
&#x017F;ein Glu&#x0364;ck in der weiten Welt zu &#x017F;uchen, fing<lb/>
allma&#x0364;lig an, bei ihm der herr&#x017F;chende zu werden &#x2014;<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N 5<lb/></fw>
</p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[201/0211] Es war wirklich damals gerade die glaͤnzend¬ ſte Schauſpielerepoche in Deutſchland, und es war kein Wunder, daß die Idee ſich in eine ſo glaͤnzende Laufbahn, wie die theatraliſche war, zu begeben, in den Koͤpfen mehrerer jungen Leute Funken ſchlug, und ihre Phantaſie erhitzte — das war denn damals auch der Fall bei der dra¬ matiſchen Geſellſchaft in H. . . — ſie hatte gerade die vortrefflichſten Muſter, einen Brockmann, Reinicke, Schroͤder, zu einem Zweck der Kunſt vereinigt, taͤglich Lorbeern einerndten ſehen, und es war wirklich kein unruͤhmlicher Gedanke, ſol¬ chen Muſtern nachzueifern. — Und um nun dieſen Endzweck zu erreichen, brauchte man nicht erſt drei Jahre auf der Uni¬ verſitaͤt ſtudirt zu haben. — Dann kam bei Rei¬ ſern die unwiderſtehliche Begierde zum Reiſen hin¬ zu, welche ſich ſeit der abentheuerlichen Wallfahrt nach Bremen ſeiner bemaͤchtigt hatte — und der Gedanke, ſich aus allen ſeinen bisherigen Ver¬ haͤltniſſen, wo ſelbſt das beſte ihm doch immer nur halb gegluͤckt war, hinaus zu verſetzen, und ſein Gluͤck in der weiten Welt zu ſuchen, fing allmaͤlig an, bei ihm der herrſchende zu werden — N 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/211
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/211>, abgerufen am 21.11.2024.