wie mächtig er wieder das durch Stimme und Ausdruck zu sagen im Stande wäre, was er so tief empfand -- solche erschütternde Empfindun¬ gen wieder bei tausenden zu erregen, wie Reincke, der den Klavigo spielte, in ihm erregt hatte, das war für ihn ein so großer, stolzer, nnd die Seele erhebender Gedanke, wie vielleicht nie für irgend einen Sterblichen eine Rolle in einem Trauerspiel gewesen seyn mag. -- Hier wäre nun alles das weit über seine Erwartung erfüllt worden, was er sich schon vor mehr, als fünf Jahren gewünscht hatte. -- Denn das Auditorium war hier so glänzend und zahlreich, wie es vielleicht nie ge¬ wesen seyn mochte. -- Das Schauspielhaus, welches einige tausend Personen faßte, war so voll, daß niemand mehr Platz darin fand, und unter den Zuschauern befanden sich der Prinz, nebst dem ganzen Adel, die Geistlichkeit und die Gelehrten und Künstler der Stadt. -- Vor ei¬ nem solchen Auditorium, und dazu in einer Stadt, die beinahe seine Vaterstadt war, worin er erzogen, und so mancherlei wiederwärtige Schicksale erlebt hatte, sich mit aller der Stärke der Empfindung und des Ausdrucks, die er [b][i][s]
wie maͤchtig er wieder das durch Stimme und Ausdruck zu ſagen im Stande waͤre, was er ſo tief empfand — ſolche erſchuͤtternde Empfindun¬ gen wieder bei tauſenden zu erregen, wie Reincke, der den Klavigo ſpielte, in ihm erregt hatte, das war fuͤr ihn ein ſo großer, ſtolzer, nnd die Seele erhebender Gedanke, wie vielleicht nie fuͤr irgend einen Sterblichen eine Rolle in einem Trauerſpiel geweſen ſeyn mag. — Hier waͤre nun alles das weit uͤber ſeine Erwartung erfuͤllt worden, was er ſich ſchon vor mehr, als fuͤnf Jahren gewuͤnſcht hatte. — Denn das Auditorium war hier ſo glaͤnzend und zahlreich, wie es vielleicht nie ge¬ weſen ſeyn mochte. — Das Schauſpielhaus, welches einige tauſend Perſonen faßte, war ſo voll, daß niemand mehr Platz darin fand, und unter den Zuſchauern befanden ſich der Prinz, nebſt dem ganzen Adel, die Geiſtlichkeit und die Gelehrten und Kuͤnſtler der Stadt. — Vor ei¬ nem ſolchen Auditorium, und dazu in einer Stadt, die beinahe ſeine Vaterſtadt war, worin er erzogen, und ſo mancherlei wiederwaͤrtige Schickſale erlebt hatte, ſich mit aller der Staͤrke der Empfindung und des Ausdrucks, die er [b][i][s]
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[205/0215]
wie maͤchtig er wieder das durch Stimme und
Ausdruck zu ſagen im Stande waͤre, was er ſo
tief empfand — ſolche erſchuͤtternde Empfindun¬
gen wieder bei tauſenden zu erregen, wie Reincke,
der den Klavigo ſpielte, in ihm erregt hatte, das
war fuͤr ihn ein ſo großer, ſtolzer, nnd die Seele
erhebender Gedanke, wie vielleicht nie fuͤr irgend
einen Sterblichen eine Rolle in einem Trauerſpiel
geweſen ſeyn mag. — Hier waͤre nun alles das
weit uͤber ſeine Erwartung erfuͤllt worden, was
er ſich ſchon vor mehr, als fuͤnf Jahren gewuͤnſcht
hatte. — Denn das Auditorium war hier ſo
glaͤnzend und zahlreich, wie es vielleicht nie ge¬
weſen ſeyn mochte. — Das Schauſpielhaus,
welches einige tauſend Perſonen faßte, war ſo
voll, daß niemand mehr Platz darin fand, und
unter den Zuſchauern befanden ſich der Prinz,
nebſt dem ganzen Adel, die Geiſtlichkeit und die
Gelehrten und Kuͤnſtler der Stadt. — Vor ei¬
nem ſolchen Auditorium, und dazu in einer
Stadt, die beinahe ſeine Vaterſtadt war, worin
er erzogen, und ſo mancherlei wiederwaͤrtige
Schickſale erlebt hatte, ſich mit aller der Staͤrke
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/215>, abgerufen am 16.02.2025.
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