Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.jetzt nur für sich allein hatte entwickeln können, Aber vom sterbenden Sokrates an schien Er suchte sich die Rolle des Klavigo zu erbit¬ Dieß griff ihn auf seiner verwundbarsten Sei¬ Philipp Reiser machte indes auf seiner Stube jetzt nur fuͤr ſich allein hatte entwickeln koͤnnen, Aber vom ſterbenden Sokrates an ſchien Er ſuchte ſich die Rolle des Klavigo zu erbit¬ Dieß griff ihn auf ſeiner verwundbarſten Sei¬ Philipp Reiſer machte indes auf ſeiner Stube <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0216" n="206"/> jetzt nur fuͤr ſich allein hatte entwickeln koͤnnen,<lb/><hi rendition="#fr">oͤffentlich</hi> zu zeigen — konnte in ſeiner Lage<lb/> wohl etwas wuͤnſchenswertheres fuͤr ihn ſeyn.—</p><lb/> <p>Aber vom <hi rendition="#fr">ſterbenden Sokrates</hi> an ſchien<lb/> der Genius der Schauſpielkunſt auf ihn zu<lb/> zuͤrnen.</p><lb/> <p>Er ſuchte ſich die Rolle des Klavigo zu erbit¬<lb/> ten und zu ertrotzen, aber beides half nichts; ſein<lb/> Nebenbuhler ſiegte. —</p><lb/> <p>Dieß griff ihn auf ſeiner verwundbarſten Sei¬<lb/> te, auf dem zaͤrtlichſten Fleck ſeines Lebens an —<lb/> alles uͤbrige wurde ihm nun dadurch verbittert —<lb/> Keiner unter allen, der ihm die Rolle des Kla¬<lb/> vigo abgetreten haͤtte, wuͤrde ſoviel darunter ver¬<lb/> lohren haben, als er, daß er ſie nicht erhielt. —<lb/> Da ſein eigentlicher gegenwaͤrtiger Lebensfleck<lb/> ihm ſo verdunkelt war, ſo zog es ſich auch wieder<lb/> uͤber ſein ganzes uͤbriges Leben wie ein Flor; alles<lb/> huͤllte ſich ihm in melancholiſche Trauer — er<lb/> ſuchte die Einſamkeit wieder, wo er nur konnte<lb/> und fing an, ſich in ſeinem aͤußern zu vernach¬<lb/> laͤſſigen. —</p><lb/> <p>Philipp Reiſer machte indes auf ſeiner Stube<lb/> Klaviere, und nahm an allen dieſen Poſſen kei¬<lb/></p> </body> </text> </TEI> [206/0216]
jetzt nur fuͤr ſich allein hatte entwickeln koͤnnen,
oͤffentlich zu zeigen — konnte in ſeiner Lage
wohl etwas wuͤnſchenswertheres fuͤr ihn ſeyn.—
Aber vom ſterbenden Sokrates an ſchien
der Genius der Schauſpielkunſt auf ihn zu
zuͤrnen.
Er ſuchte ſich die Rolle des Klavigo zu erbit¬
ten und zu ertrotzen, aber beides half nichts; ſein
Nebenbuhler ſiegte. —
Dieß griff ihn auf ſeiner verwundbarſten Sei¬
te, auf dem zaͤrtlichſten Fleck ſeines Lebens an —
alles uͤbrige wurde ihm nun dadurch verbittert —
Keiner unter allen, der ihm die Rolle des Kla¬
vigo abgetreten haͤtte, wuͤrde ſoviel darunter ver¬
lohren haben, als er, daß er ſie nicht erhielt. —
Da ſein eigentlicher gegenwaͤrtiger Lebensfleck
ihm ſo verdunkelt war, ſo zog es ſich auch wieder
uͤber ſein ganzes uͤbriges Leben wie ein Flor; alles
huͤllte ſich ihm in melancholiſche Trauer — er
ſuchte die Einſamkeit wieder, wo er nur konnte
und fing an, ſich in ſeinem aͤußern zu vernach¬
laͤſſigen. —
Philipp Reiſer machte indes auf ſeiner Stube
Klaviere, und nahm an allen dieſen Poſſen kei¬
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