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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.

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herrschte eine Todtenstille. -- Das Haus, die
Stube, worin er wohnte, alles kam ihm anders,
fremd, und sonderbar vor. -- Diese Nachtwan¬
derung hatte eine Veränderung in seinem ganzen
Gedankensystem hervorgebracht -- er fühlte sich
in seiner Wohnung von nun an nicht mehr zu
Hause -- die Ortsideen schwankten in seinem
Kopfe hin und her -- er war den ganzen Tag
über, wie ein Träumender -- bei dem allen
aber war ihm die Erinnerung an die Nachtwan¬
derung angenehm. -- Das Krächzen der beiden
Raben, die über seinem Kopfe hinflogen, der
kleine Dorfkirchhof, die durchwanderten
Kornfelder
, alles drängte sich nun in seiner
Einbildungskraft zusammen, und machte zusam¬
men eine dunkle Gruppe, ein schönes Nachtstück
aus, woran sich seine Phantasie noch oft nachher
in einsamen Stunden ergötzt hat. --

Allein sein Aufenthalt in H. . . wurde ihm
von nun an, wo möglich noch verhaßter -- und
der Wandergeist hatte sich seiner nun ganz be¬
mächtigt -- dieß war aber auch der Fall bei meh¬
rern von den jungen Leuten, welche mit Komö¬
die gespielt hatten. -- Einer Nahmens T. . .,

herrſchte eine Todtenſtille. — Das Haus, die
Stube, worin er wohnte, alles kam ihm anders,
fremd, und ſonderbar vor. — Dieſe Nachtwan¬
derung hatte eine Veraͤnderung in ſeinem ganzen
Gedankenſyſtem hervorgebracht — er fuͤhlte ſich
in ſeiner Wohnung von nun an nicht mehr zu
Hauſe — die Ortsideen ſchwankten in ſeinem
Kopfe hin und her — er war den ganzen Tag
uͤber, wie ein Traͤumender — bei dem allen
aber war ihm die Erinnerung an die Nachtwan¬
derung angenehm. — Das Kraͤchzen der beiden
Raben, die uͤber ſeinem Kopfe hinflogen, der
kleine Dorfkirchhof, die durchwanderten
Kornfelder
, alles draͤngte ſich nun in ſeiner
Einbildungskraft zuſammen, und machte zuſam¬
men eine dunkle Gruppe, ein ſchoͤnes Nachtſtuͤck
aus, woran ſich ſeine Phantaſie noch oft nachher
in einſamen Stunden ergoͤtzt hat. —

Allein ſein Aufenthalt in H. . . wurde ihm
von nun an, wo moͤglich noch verhaßter — und
der Wandergeiſt hatte ſich ſeiner nun ganz be¬
maͤchtigt — dieß war aber auch der Fall bei meh¬
rern von den jungen Leuten, welche mit Komoͤ¬
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[234/0244] herrſchte eine Todtenſtille. — Das Haus, die Stube, worin er wohnte, alles kam ihm anders, fremd, und ſonderbar vor. — Dieſe Nachtwan¬ derung hatte eine Veraͤnderung in ſeinem ganzen Gedankenſyſtem hervorgebracht — er fuͤhlte ſich in ſeiner Wohnung von nun an nicht mehr zu Hauſe — die Ortsideen ſchwankten in ſeinem Kopfe hin und her — er war den ganzen Tag uͤber, wie ein Traͤumender — bei dem allen aber war ihm die Erinnerung an die Nachtwan¬ derung angenehm. — Das Kraͤchzen der beiden Raben, die uͤber ſeinem Kopfe hinflogen, der kleine Dorfkirchhof, die durchwanderten Kornfelder, alles draͤngte ſich nun in ſeiner Einbildungskraft zuſammen, und machte zuſam¬ men eine dunkle Gruppe, ein ſchoͤnes Nachtſtuͤck aus, woran ſich ſeine Phantaſie noch oft nachher in einſamen Stunden ergoͤtzt hat. — Allein ſein Aufenthalt in H. . . wurde ihm von nun an, wo moͤglich noch verhaßter — und der Wandergeiſt hatte ſich ſeiner nun ganz be¬ maͤchtigt — dieß war aber auch der Fall bei meh¬ rern von den jungen Leuten, welche mit Komoͤ¬ die geſpielt hatten. — Einer Nahmens T. . .,

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/244>, abgerufen am 21.11.2024.