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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.

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men von selbst auf alle die verschiedenen Syste¬
me, welche von den Weltweisen der alten und
neuern Zeiten vorgetragen, und immer von einer
unzähligen Menge nachgebetet sind.

Während der Zeit war nun auch der Direktor
B..., von dessen Freundschaft Reiser so viel ge¬
hofft hatte, und so sehr in seiner Hoffnung ge¬
täuscht war, nach einer kleinen Stadt nicht weit
von H... als Superintendent befördert worden,
und ein andrer Nahmens S... an dessen Stelle
gekommen. --

Diese Veränderung interessirte Reisern eben
nicht sehr, der damals an nichts, als an seine
Methaphysik dachte. -- Der neue Direktor war
ein alter Mann, welcher aber Kenntnisse und
viel Geschmack besaß, und von Pendanterei,
welches bei alten Schulmännern ein so seltener
Fall ist, ziemlich frei war.

Während dieser Veränderung fielen eine große
Menge Schulstunden ohnedem aus. -- Reisers
Versäumniß wurde also eben so merklich nicht --
Und wenn nun ja eine Versäumniß von öffent¬
lichen Schulstunden gut genutzt worden ist, so
war es die seinige -- in welcher er in Zeit von ein

men von ſelbſt auf alle die verſchiedenen Syſte¬
me, welche von den Weltweiſen der alten und
neuern Zeiten vorgetragen, und immer von einer
unzaͤhligen Menge nachgebetet ſind.

Waͤhrend der Zeit war nun auch der Direktor
B..., von deſſen Freundſchaft Reiſer ſo viel ge¬
hofft hatte, und ſo ſehr in ſeiner Hoffnung ge¬
taͤuſcht war, nach einer kleinen Stadt nicht weit
von H... als Superintendent befoͤrdert worden,
und ein andrer Nahmens S... an deſſen Stelle
gekommen. —

Dieſe Veraͤnderung intereſſirte Reiſern eben
nicht ſehr, der damals an nichts, als an ſeine
Methaphyſik dachte. — Der neue Direktor war
ein alter Mann, welcher aber Kenntniſſe und
viel Geſchmack beſaß, und von Pendanterei,
welches bei alten Schulmaͤnnern ein ſo ſeltener
Fall iſt, ziemlich frei war.

Waͤhrend dieſer Veraͤnderung fielen eine große
Menge Schulſtunden ohnedem aus. — Reiſers
Verſaͤumniß wurde alſo eben ſo merklich nicht —
Und wenn nun ja eine Verſaͤumniß von oͤffent¬
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[30/0040] men von ſelbſt auf alle die verſchiedenen Syſte¬ me, welche von den Weltweiſen der alten und neuern Zeiten vorgetragen, und immer von einer unzaͤhligen Menge nachgebetet ſind. Waͤhrend der Zeit war nun auch der Direktor B..., von deſſen Freundſchaft Reiſer ſo viel ge¬ hofft hatte, und ſo ſehr in ſeiner Hoffnung ge¬ taͤuſcht war, nach einer kleinen Stadt nicht weit von H... als Superintendent befoͤrdert worden, und ein andrer Nahmens S... an deſſen Stelle gekommen. — Dieſe Veraͤnderung intereſſirte Reiſern eben nicht ſehr, der damals an nichts, als an ſeine Methaphyſik dachte. — Der neue Direktor war ein alter Mann, welcher aber Kenntniſſe und viel Geſchmack beſaß, und von Pendanterei, welches bei alten Schulmaͤnnern ein ſo ſeltener Fall iſt, ziemlich frei war. Waͤhrend dieſer Veraͤnderung fielen eine große Menge Schulſtunden ohnedem aus. — Reiſers Verſaͤumniß wurde alſo eben ſo merklich nicht — Und wenn nun ja eine Verſaͤumniß von oͤffent¬ lichen Schulſtunden gut genutzt worden iſt, ſo war es die ſeinige — in welcher er in Zeit von ein

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/40>, abgerufen am 21.11.2024.