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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.

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wo sein Freund die ersten Tage seiner Jugend
verlebt, und die ersten Eindrücke von der ihn
umgebenden Welt erhalten hatte.

Er durchlebte hier in Gedanken Philipp
Reisers Kinderjahre, und verdoppelte sich in
ihm, wenn er in dem Thal am Bache saß, und
seinen Brief las, der ihm denn sein ganzes We¬
sen wieder in Erinnerung brachte.

Darum war ihm unter den Studenten auch
O. . . . so lieb, der Philipp Reisern in Erfurt
noch gekannt hatte, und mit dem er sich am
öftersten von ihm unterredete.

Dieser O. . . . war damals ein junger lie¬
benswürdiger Schwärmer, vor seiner Phanta¬
sie schwebte noch der jugendliche Lebensreiz, und
ihn beseelten hohe Freundschaftsgefühle -- zu¬
weilen lief ein klein wenig Affektation mit unter,
im Grunde aber hatte er wirklich ein gefühl¬
volles Herz.

An ihm fand Reiser seinen Mann, und
ruhte nicht eher, bis er an einem Sonntage mit
ihm in die Karthäuserkirche gieng; denn allein
hatte er sich, weil es ihm zu auffallend schien,
noch nicht getraut, hereinzugehen.

wo ſein Freund die erſten Tage ſeiner Jugend
verlebt, und die erſten Eindruͤcke von der ihn
umgebenden Welt erhalten hatte.

Er durchlebte hier in Gedanken Philipp
Reiſers Kinderjahre, und verdoppelte ſich in
ihm, wenn er in dem Thal am Bache ſaß, und
ſeinen Brief las, der ihm denn ſein ganzes We¬
ſen wieder in Erinnerung brachte.

Darum war ihm unter den Studenten auch
O. . . . ſo lieb, der Philipp Reiſern in Erfurt
noch gekannt hatte, und mit dem er ſich am
oͤfterſten von ihm unterredete.

Dieſer O. . . . war damals ein junger lie¬
benswuͤrdiger Schwaͤrmer, vor ſeiner Phanta¬
ſie ſchwebte noch der jugendliche Lebensreiz, und
ihn beſeelten hohe Freundſchaftsgefuͤhle — zu¬
weilen lief ein klein wenig Affektation mit unter,
im Grunde aber hatte er wirklich ein gefuͤhl¬
volles Herz.

An ihm fand Reiſer ſeinen Mann, und
ruhte nicht eher, bis er an einem Sonntage mit
ihm in die Karthaͤuſerkirche gieng; denn allein
hatte er ſich, weil es ihm zu auffallend ſchien,
noch nicht getraut, hereinzugehen.

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[120/0134] wo ſein Freund die erſten Tage ſeiner Jugend verlebt, und die erſten Eindruͤcke von der ihn umgebenden Welt erhalten hatte. Er durchlebte hier in Gedanken Philipp Reiſers Kinderjahre, und verdoppelte ſich in ihm, wenn er in dem Thal am Bache ſaß, und ſeinen Brief las, der ihm denn ſein ganzes We¬ ſen wieder in Erinnerung brachte. Darum war ihm unter den Studenten auch O. . . . ſo lieb, der Philipp Reiſern in Erfurt noch gekannt hatte, und mit dem er ſich am oͤfterſten von ihm unterredete. Dieſer O. . . . war damals ein junger lie¬ benswuͤrdiger Schwaͤrmer, vor ſeiner Phanta¬ ſie ſchwebte noch der jugendliche Lebensreiz, und ihn beſeelten hohe Freundſchaftsgefuͤhle — zu¬ weilen lief ein klein wenig Affektation mit unter, im Grunde aber hatte er wirklich ein gefuͤhl¬ volles Herz. An ihm fand Reiſer ſeinen Mann, und ruhte nicht eher, bis er an einem Sonntage mit ihm in die Karthaͤuſerkirche gieng; denn allein hatte er ſich, weil es ihm zu auffallend ſchien, noch nicht getraut, hereinzugehen.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/134>, abgerufen am 24.11.2024.