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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.

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ser sein Schnupftuch mit Freuden wieder gab,
und ihn zugleich versicherte, daß sein Garten
ihm zu jeder Zeit offen stände, um so viel Pflau¬
men, wie er wollte, zu pflücken, und daß er
ihm in jeder Sache dienen würde, wo er nur
könnte; denn ein so außerordentlicher Fall sey
ihm noch nicht vorgekommen.

Als Reiser im Weggehen über diesen sonder¬
baren Zufall nachdachte, fiel er ihm um so mehr
auf, weil dieß das erstemal in seinem Leben war,
daß ihm ein eigentlich glückliches Ereigniß be¬
gegnete, wobei mehrere Umstände sich verei¬
nigen mußten, die sich sonst selten zu vereini¬
gen pflegen.

Sein Glück scheinet sich in dieser Kleinigkeit
gleichsam ganz erschöpft zu haben, um ihn im
Großen wieder destomehr büßen zu lassen, was
er auf keine andre Weise, als durch sein Da¬
seyn verschuldet hatte.

Es war, wie bei dem Landprediger von Wa¬
kefield, der einen ganz ungewöhnlich glücklichen
Wurf mit den Würfeln that, indem er mit sei¬
nem Freunde um wenige Pfennige spielte, kurz
vorher, ehe er die Nachricht von dem Banque¬

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ſer ſein Schnupftuch mit Freuden wieder gab,
und ihn zugleich verſicherte, daß ſein Garten
ihm zu jeder Zeit offen ſtaͤnde, um ſo viel Pflau¬
men, wie er wollte, zu pfluͤcken, und daß er
ihm in jeder Sache dienen wuͤrde, wo er nur
koͤnnte; denn ein ſo außerordentlicher Fall ſey
ihm noch nicht vorgekommen.

Als Reiſer im Weggehen uͤber dieſen ſonder¬
baren Zufall nachdachte, fiel er ihm um ſo mehr
auf, weil dieß das erſtemal in ſeinem Leben war,
daß ihm ein eigentlich gluͤckliches Ereigniß be¬
gegnete, wobei mehrere Umſtaͤnde ſich verei¬
nigen mußten, die ſich ſonſt ſelten zu vereini¬
gen pflegen.

Sein Gluͤck ſcheinet ſich in dieſer Kleinigkeit
gleichſam ganz erſchoͤpft zu haben, um ihn im
Großen wieder deſtomehr buͤßen zu laſſen, was
er auf keine andre Weiſe, als durch ſein Da¬
ſeyn verſchuldet hatte.

Es war, wie bei dem Landprediger von Wa¬
kefield, der einen ganz ungewoͤhnlich gluͤcklichen
Wurf mit den Wuͤrfeln that, indem er mit ſei¬
nem Freunde um wenige Pfennige ſpielte, kurz
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[153/0167] ſer ſein Schnupftuch mit Freuden wieder gab, und ihn zugleich verſicherte, daß ſein Garten ihm zu jeder Zeit offen ſtaͤnde, um ſo viel Pflau¬ men, wie er wollte, zu pfluͤcken, und daß er ihm in jeder Sache dienen wuͤrde, wo er nur koͤnnte; denn ein ſo außerordentlicher Fall ſey ihm noch nicht vorgekommen. Als Reiſer im Weggehen uͤber dieſen ſonder¬ baren Zufall nachdachte, fiel er ihm um ſo mehr auf, weil dieß das erſtemal in ſeinem Leben war, daß ihm ein eigentlich gluͤckliches Ereigniß be¬ gegnete, wobei mehrere Umſtaͤnde ſich verei¬ nigen mußten, die ſich ſonſt ſelten zu vereini¬ gen pflegen. Sein Gluͤck ſcheinet ſich in dieſer Kleinigkeit gleichſam ganz erſchoͤpft zu haben, um ihn im Großen wieder deſtomehr buͤßen zu laſſen, was er auf keine andre Weiſe, als durch ſein Da¬ ſeyn verſchuldet hatte. Es war, wie bei dem Landprediger von Wa¬ kefield, der einen ganz ungewoͤhnlich gluͤcklichen Wurf mit den Wuͤrfeln that, indem er mit ſei¬ nem Freunde um wenige Pfennige ſpielte, kurz vorher, ehe er die Nachricht von dem Banque¬ K 5

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/167>, abgerufen am 21.11.2024.