Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.Die Leiden der Poesie Können daher wohl in jedem Betracht eine Diese geheimen Leiden waren es, womit Wenn ihn der Reiz der Dichtkunst unwill¬ Die Leiden der Poeſie Koͤnnen daher wohl in jedem Betracht eine Dieſe geheimen Leiden waren es, womit Wenn ihn der Reiz der Dichtkunſt unwill¬ <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0170" n="156"/> <p> <hi rendition="#g">Die Leiden der Poeſie</hi> </p><lb/> <p>Koͤnnen daher wohl in jedem Betracht eine<lb/> eigene Rubrik in Reiſers Leidensgeſchichte aus¬<lb/> machen, welche ſeinen innern und aͤußern Zu¬<lb/> ſtand in allen Verhaͤltniſſen darſtellen ſollen,<lb/> und wodurch dasjenige gewiß werden ſoll, was<lb/> bei vielen Menſchen ihr ganzes Leben hindurch,<lb/> ihnen ſelbſt unbewußt, und im Dunkeln verbor¬<lb/> gen bleibt, weil ſie Scheu tragen, bis auf den<lb/> Grund und die Quelle ihrer unangenehmen<lb/> Empfindungen zuruͤckzugehen.</p><lb/> <p>Dieſe geheimen Leiden waren es, womit<lb/> Reiſer beinahe von ſeiner Kindheit an, zu kaͤm¬<lb/> pfen hatte.</p><lb/> <p>Wenn ihn der Reiz der Dichtkunſt unwill¬<lb/> kuͤhrlich anwandelte, ſo entſtand zuerſt eine<lb/> wehmuͤthige Empfindung in ſeiner Seele, er<lb/> dachte ſich ein Etwas, worin er ſich ſelbſt ver¬<lb/> lohr, wogegen alles, was er je gehoͤrt, gele¬<lb/> ſen oder gedacht hatte, ſich verlohr, und deſ¬<lb/> ſen Daſeyn, wenn es nun wuͤrklich von ihm<lb/> dargeſtellt waͤre, ein bisher noch ungefuͤhltes,<lb/> unnennbares Vergnuͤgen verurſachen wuͤrde.</p><lb/> </body> </text> </TEI> [156/0170]
Die Leiden der Poeſie
Koͤnnen daher wohl in jedem Betracht eine
eigene Rubrik in Reiſers Leidensgeſchichte aus¬
machen, welche ſeinen innern und aͤußern Zu¬
ſtand in allen Verhaͤltniſſen darſtellen ſollen,
und wodurch dasjenige gewiß werden ſoll, was
bei vielen Menſchen ihr ganzes Leben hindurch,
ihnen ſelbſt unbewußt, und im Dunkeln verbor¬
gen bleibt, weil ſie Scheu tragen, bis auf den
Grund und die Quelle ihrer unangenehmen
Empfindungen zuruͤckzugehen.
Dieſe geheimen Leiden waren es, womit
Reiſer beinahe von ſeiner Kindheit an, zu kaͤm¬
pfen hatte.
Wenn ihn der Reiz der Dichtkunſt unwill¬
kuͤhrlich anwandelte, ſo entſtand zuerſt eine
wehmuͤthige Empfindung in ſeiner Seele, er
dachte ſich ein Etwas, worin er ſich ſelbſt ver¬
lohr, wogegen alles, was er je gehoͤrt, gele¬
ſen oder gedacht hatte, ſich verlohr, und deſ¬
ſen Daſeyn, wenn es nun wuͤrklich von ihm
dargeſtellt waͤre, ein bisher noch ungefuͤhltes,
unnennbares Vergnuͤgen verurſachen wuͤrde.
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