Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.wenn er Dinge ausdrücken wollte, die er zu Was ihm die meiste Qual machte, war die Er dachte sich eine Art von falscher täuschender Eine falsche Sonne stieg am Horizont herauf wenn er Dinge ausdruͤcken wollte, die er zu Was ihm die meiſte Qual machte, war die Er dachte ſich eine Art von falſcher taͤuſchender Eine falſche Sonne ſtieg am Horizont herauf <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0184" n="170"/> wenn er Dinge ausdruͤcken wollte, die er zu<lb/> fuͤhlen glaubte, und die ihm doch uͤber allen Aus¬<lb/> druck waren.</p><lb/> <p>Was ihm die meiſte Qual machte, war die<lb/> Beſchreibung des Chaos, welche beinahe den<lb/> ganzen erſten Geſang ſeines Gedichts einnahm,<lb/> und worauf er mit ſeiner kranken Einbildungs¬<lb/> kraft am liebſten verweilen mochte, aber immer<lb/> fuͤr ſeine ungeheuren und groteſken Vorſtellun¬<lb/> gen keine Ausdruͤcke finden konnte.</p><lb/> <p>Er dachte ſich eine Art von falſcher taͤuſchender<lb/> Bildung in das Chaos hinein, welche im Nu wie¬<lb/> der zum Traum und Blendwerk wurde; eine Bil¬<lb/> dung die weit ſchoͤner, als die wirkliche, aber<lb/> eben deswegen von keinem Beſtand, und keiner<lb/> Dauer war.</p><lb/> <p>Eine falſche Sonne ſtieg am Horizont herauf<lb/> und kuͤndigte einen glaͤnzenden Tag an. — Der<lb/> bodenloſe Moraſt uͤberzog ſich unter ihrem truͤ¬<lb/> geriſchen Einfluß mit einer Kruſte auf welcher<lb/> Blumen ſproßten, Quellen rauſchten; ploͤtzlich<lb/> arbeiteten ſich die entgegenſtrebenden Kraͤfte aus<lb/> der Tiefe empor, der Sturm heulte aus dem Ab¬<lb/> grunde, die Finſterniß brach mit allen ihren<lb/></p> </body> </text> </TEI> [170/0184]
wenn er Dinge ausdruͤcken wollte, die er zu
fuͤhlen glaubte, und die ihm doch uͤber allen Aus¬
druck waren.
Was ihm die meiſte Qual machte, war die
Beſchreibung des Chaos, welche beinahe den
ganzen erſten Geſang ſeines Gedichts einnahm,
und worauf er mit ſeiner kranken Einbildungs¬
kraft am liebſten verweilen mochte, aber immer
fuͤr ſeine ungeheuren und groteſken Vorſtellun¬
gen keine Ausdruͤcke finden konnte.
Er dachte ſich eine Art von falſcher taͤuſchender
Bildung in das Chaos hinein, welche im Nu wie¬
der zum Traum und Blendwerk wurde; eine Bil¬
dung die weit ſchoͤner, als die wirkliche, aber
eben deswegen von keinem Beſtand, und keiner
Dauer war.
Eine falſche Sonne ſtieg am Horizont herauf
und kuͤndigte einen glaͤnzenden Tag an. — Der
bodenloſe Moraſt uͤberzog ſich unter ihrem truͤ¬
geriſchen Einfluß mit einer Kruſte auf welcher
Blumen ſproßten, Quellen rauſchten; ploͤtzlich
arbeiteten ſich die entgegenſtrebenden Kraͤfte aus
der Tiefe empor, der Sturm heulte aus dem Ab¬
grunde, die Finſterniß brach mit allen ihren
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