Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

weitem mit ihm zu sprechen anfing, bis er nach
und nach immer zudringlicher wurde, und ihm
endlich geradezu versicherte, daß er doch vor den
Preußischen und Kaiserlichen Werbern nicht über
Mühlhausen kommen würde, und sich also lieber
nur gleich von ihm für sieben Gulden Handgeld
anwerben lassen möchte -- so daß es den An¬
schein hatte, als wenn nun der Soldat in Rei¬
sers Phantasie, eher als er gedacht hatte, rea¬
lisirt werden könnte.

Als der Soldat hinausgegangen war, trat
der Schulmeister wieder herein, der Reisern
einen guten Morgen bot, und ihn heimlich
warnte, sich vor dem Werber in Acht zu neh¬
men, ob er gleich selbst das Soldatenleben für
so schlimm nicht hielte; denn sein Sohn sey auch
zwei Jahr in Maynzischen Diensten gewesen,
und wer keinen Paß habe, könne hier schwer¬
lich durchkommen.

Reiser versicherte ihm, daß er alles Nöthige
um sich zu legitimiren bei sich habe. Dieß war
nehmlich der lateinische Anschlagbogen, von dem
Schulaktus in Hannover, da er am Geburts¬
tage der Königin von England eine Rede hielt.

weitem mit ihm zu ſprechen anfing, bis er nach
und nach immer zudringlicher wurde, und ihm
endlich geradezu verſicherte, daß er doch vor den
Preußiſchen und Kaiſerlichen Werbern nicht uͤber
Muͤhlhauſen kommen wuͤrde, und ſich alſo lieber
nur gleich von ihm fuͤr ſieben Gulden Handgeld
anwerben laſſen moͤchte — ſo daß es den An¬
ſchein hatte, als wenn nun der Soldat in Rei¬
ſers Phantaſie, eher als er gedacht hatte, rea¬
liſirt werden koͤnnte.

Als der Soldat hinausgegangen war, trat
der Schulmeiſter wieder herein, der Reiſern
einen guten Morgen bot, und ihn heimlich
warnte, ſich vor dem Werber in Acht zu neh¬
men, ob er gleich ſelbſt das Soldatenleben fuͤr
ſo ſchlimm nicht hielte; denn ſein Sohn ſey auch
zwei Jahr in Maynziſchen Dienſten geweſen,
und wer keinen Paß habe, koͤnne hier ſchwer¬
lich durchkommen.

Reiſer verſicherte ihm, daß er alles Noͤthige
um ſich zu legitimiren bei ſich habe. Dieß war
nehmlich der lateiniſche Anſchlagbogen, von dem
Schulaktus in Hannover, da er am Geburts¬
tage der Koͤnigin von England eine Rede hielt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0041" n="27"/>
weitem mit ihm zu &#x017F;prechen anfing, bis er nach<lb/>
und nach immer zudringlicher wurde, und ihm<lb/>
endlich geradezu ver&#x017F;icherte, daß er doch vor den<lb/>
Preußi&#x017F;chen und Kai&#x017F;erlichen Werbern nicht u&#x0364;ber<lb/>
Mu&#x0364;hlhau&#x017F;en kommen wu&#x0364;rde, und &#x017F;ich al&#x017F;o lieber<lb/>
nur gleich von ihm fu&#x0364;r &#x017F;ieben Gulden Handgeld<lb/>
anwerben la&#x017F;&#x017F;en mo&#x0364;chte &#x2014; &#x017F;o daß es den An¬<lb/>
&#x017F;chein hatte, als wenn nun der Soldat in Rei¬<lb/>
&#x017F;ers Phanta&#x017F;ie, eher als er gedacht hatte, rea¬<lb/>
li&#x017F;irt werden ko&#x0364;nnte.</p><lb/>
      <p>Als der Soldat hinausgegangen war, trat<lb/>
der Schulmei&#x017F;ter wieder herein, der Rei&#x017F;ern<lb/>
einen guten Morgen bot, und ihn heimlich<lb/>
warnte, &#x017F;ich vor dem Werber in Acht zu neh¬<lb/>
men, ob er gleich &#x017F;elb&#x017F;t das Soldatenleben fu&#x0364;r<lb/>
&#x017F;o &#x017F;chlimm nicht hielte; denn &#x017F;ein Sohn &#x017F;ey auch<lb/>
zwei Jahr in Maynzi&#x017F;chen Dien&#x017F;ten gewe&#x017F;en,<lb/>
und wer keinen Paß habe, ko&#x0364;nne hier &#x017F;chwer¬<lb/>
lich durchkommen.</p><lb/>
      <p>Rei&#x017F;er ver&#x017F;icherte ihm, daß er alles No&#x0364;thige<lb/>
um &#x017F;ich zu legitimiren bei &#x017F;ich habe. Dieß war<lb/>
nehmlich der lateini&#x017F;che An&#x017F;chlagbogen, von dem<lb/>
Schulaktus in Hannover, da er am Geburts¬<lb/>
tage der Ko&#x0364;nigin von England eine Rede hielt.<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0041] weitem mit ihm zu ſprechen anfing, bis er nach und nach immer zudringlicher wurde, und ihm endlich geradezu verſicherte, daß er doch vor den Preußiſchen und Kaiſerlichen Werbern nicht uͤber Muͤhlhauſen kommen wuͤrde, und ſich alſo lieber nur gleich von ihm fuͤr ſieben Gulden Handgeld anwerben laſſen moͤchte — ſo daß es den An¬ ſchein hatte, als wenn nun der Soldat in Rei¬ ſers Phantaſie, eher als er gedacht hatte, rea¬ liſirt werden koͤnnte. Als der Soldat hinausgegangen war, trat der Schulmeiſter wieder herein, der Reiſern einen guten Morgen bot, und ihn heimlich warnte, ſich vor dem Werber in Acht zu neh¬ men, ob er gleich ſelbſt das Soldatenleben fuͤr ſo ſchlimm nicht hielte; denn ſein Sohn ſey auch zwei Jahr in Maynziſchen Dienſten geweſen, und wer keinen Paß habe, koͤnne hier ſchwer¬ lich durchkommen. Reiſer verſicherte ihm, daß er alles Noͤthige um ſich zu legitimiren bei ſich habe. Dieß war nehmlich der lateiniſche Anſchlagbogen, von dem Schulaktus in Hannover, da er am Geburts¬ tage der Koͤnigin von England eine Rede hielt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/41
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/41>, abgerufen am 21.11.2024.