Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.Der Gedanke von Auflösung, von gänzlichem So wohlthätig reicht die Natur den Hoff¬ Als Reiser am andern Morgen spät aus sei¬ Es stieg ein Gedanke in ihm auf, sich hier Der Gedanke von Aufloͤſung, von gaͤnzlichem So wohlthaͤtig reicht die Natur den Hoff¬ Als Reiſer am andern Morgen ſpaͤt aus ſei¬ Es ſtieg ein Gedanke in ihm auf, ſich hier <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0082" n="68"/> <p>Der Gedanke von Aufloͤſung, von gaͤnzlichem<lb/> Vergeſſen ſeiner ſelbſt, von Aufhoͤren aller Er¬<lb/> innerung und alles Bewußtſeyns war ihm ſo<lb/> ſuͤß, daß er dieſe Nacht die Wohlthat des Schla¬<lb/> fes im reichſten Maaße genoß — denn kein lei¬<lb/> ſer Wunſch hemmte mehr die gaͤnzliche Abſpan¬<lb/> nung aller ſeiner Seelenkraͤfte; kein Traum von<lb/> taͤuſchender Hoffnung ſchwebte ihm mehr vor —<lb/> alles war nun vorbei, und endigte ſich in die<lb/> ewigſtille Nacht des Grabes.</p><lb/> <p>So wohlthaͤtig reicht die Natur den Hoff¬<lb/> nungsloſen auch ſchon die Schale dar, aus der<lb/> er Vergeſſenheit ſeiner Leiden trinken, und alle<lb/> Erinnerungen an irgend etwas, das er wuͤnſchte,<lb/> oder wornach er ſtrebte, aus der Seele ver¬<lb/> wiſcht werden ſollen.</p><lb/> <p>Als Reiſer am andern Morgen ſpaͤt aus ſei¬<lb/> nem tiefem Schlafe erwachte, fuͤhlte er ſich wun¬<lb/> derbar an Leib und Seele geſtaͤrkt — er fuͤhlte<lb/> Kraft in ſich, alles zu unternehmen, um auch ſelbſt<lb/> unter dieſen Umſtaͤnden noch zum Ziel ſeiner<lb/> Wuͤnſche zu gelangen.</p><lb/> <p>Es ſtieg ein Gedanke in ihm auf, ſich hier<lb/> um Unterrichtsſtunden zu bewerben; ſich durch<lb/></p> </body> </text> </TEI> [68/0082]
Der Gedanke von Aufloͤſung, von gaͤnzlichem
Vergeſſen ſeiner ſelbſt, von Aufhoͤren aller Er¬
innerung und alles Bewußtſeyns war ihm ſo
ſuͤß, daß er dieſe Nacht die Wohlthat des Schla¬
fes im reichſten Maaße genoß — denn kein lei¬
ſer Wunſch hemmte mehr die gaͤnzliche Abſpan¬
nung aller ſeiner Seelenkraͤfte; kein Traum von
taͤuſchender Hoffnung ſchwebte ihm mehr vor —
alles war nun vorbei, und endigte ſich in die
ewigſtille Nacht des Grabes.
So wohlthaͤtig reicht die Natur den Hoff¬
nungsloſen auch ſchon die Schale dar, aus der
er Vergeſſenheit ſeiner Leiden trinken, und alle
Erinnerungen an irgend etwas, das er wuͤnſchte,
oder wornach er ſtrebte, aus der Seele ver¬
wiſcht werden ſollen.
Als Reiſer am andern Morgen ſpaͤt aus ſei¬
nem tiefem Schlafe erwachte, fuͤhlte er ſich wun¬
derbar an Leib und Seele geſtaͤrkt — er fuͤhlte
Kraft in ſich, alles zu unternehmen, um auch ſelbſt
unter dieſen Umſtaͤnden noch zum Ziel ſeiner
Wuͤnſche zu gelangen.
Es ſtieg ein Gedanke in ihm auf, ſich hier
um Unterrichtsſtunden zu bewerben; ſich durch
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