Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844.arbeitet, wie teuflisch beredt er die gierigen Blicke mit seinem Spießgesellen gegenüber tauscht. Ist die Kunst bei einem Volke nur noch auf die Hölle der Leidenschaften angewiesen, so genügt es, daß sie sich glühend herausstellt, um wirkliche Poesie zu sein. Dieß verstand Meister Caravaggio! Dieses infernalische Leben hat in Neapel seine Schwefelblüthe emporgetrieben; dort wucherten auch die Naturalisten nach jeder Richtung hin aus. Wir treten hier aus dem Zimmer des Guido in das Eine hohe calabresische Hirtengestalt mit dunkelm, sonnenverbranntem Gesichte und schwarzen, wilden Augen knieet hier bei der Schaftränke, auf dem linken Kniee liegend, das rechte vorgebogen wie ein Räuber im Hinterhalt lauernd. Seine linke Hand drückt er wie eine habsüchtige Geierkralle auf die Brust, während arbeitet, wie teuflisch beredt er die gierigen Blicke mit seinem Spießgesellen gegenüber tauscht. Ist die Kunst bei einem Volke nur noch auf die Hölle der Leidenschaften angewiesen, so genügt es, daß sie sich glühend herausstellt, um wirkliche Poesie zu sein. Dieß verstand Meister Caravaggio! Dieses infernalische Leben hat in Neapel seine Schwefelblüthe emporgetrieben; dort wucherten auch die Naturalisten nach jeder Richtung hin aus. Wir treten hier aus dem Zimmer des Guido in das Eine hohe calabresische Hirtengestalt mit dunkelm, sonnenverbranntem Gesichte und schwarzen, wilden Augen knieet hier bei der Schaftränke, auf dem linken Kniee liegend, das rechte vorgebogen wie ein Räuber im Hinterhalt lauernd. Seine linke Hand drückt er wie eine habsüchtige Geierkralle auf die Brust, während <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0083" n="73"/> arbeitet, wie teuflisch beredt er die gierigen Blicke mit seinem Spießgesellen gegenüber tauscht. Ist die Kunst bei einem Volke nur noch auf die Hölle der Leidenschaften angewiesen, so genügt es, daß sie sich glühend herausstellt, um wirkliche Poesie zu sein. Dieß verstand Meister Caravaggio!</p> <p>Dieses infernalische Leben hat in Neapel seine Schwefelblüthe emporgetrieben; dort wucherten auch die Naturalisten nach jeder Richtung hin aus.</p> <p>Wir treten hier aus dem Zimmer des Guido in das<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Zimmer der Neapolitaner</hi></hi><lb/> und vor den größten Gegner der Caracci’s,<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Giuseppe Ribera,</hi></hi><lb/> den Spanier, daher Spagnoletto genannt, welcher jedoch in Neapel seine Kunst ausbildete. Er vertritt am mächtigsten in eigenthümlicher Weise die Richtung seines Meisters Caravaggio. Sein hervorstechendes Werk ist hier<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Jacob, als Laban’s Schafhirte.</hi></hi></p> <p>Eine hohe calabresische Hirtengestalt mit dunkelm, sonnenverbranntem Gesichte und schwarzen, wilden Augen knieet hier bei der Schaftränke, auf dem linken Kniee liegend, das rechte vorgebogen wie ein Räuber im Hinterhalt lauernd. Seine linke Hand drückt er wie eine habsüchtige Geierkralle auf die Brust, während </p> </div> </body> </text> </TEI> [73/0083]
arbeitet, wie teuflisch beredt er die gierigen Blicke mit seinem Spießgesellen gegenüber tauscht. Ist die Kunst bei einem Volke nur noch auf die Hölle der Leidenschaften angewiesen, so genügt es, daß sie sich glühend herausstellt, um wirkliche Poesie zu sein. Dieß verstand Meister Caravaggio!
Dieses infernalische Leben hat in Neapel seine Schwefelblüthe emporgetrieben; dort wucherten auch die Naturalisten nach jeder Richtung hin aus.
Wir treten hier aus dem Zimmer des Guido in das
Zimmer der Neapolitaner
und vor den größten Gegner der Caracci’s,
Giuseppe Ribera,
den Spanier, daher Spagnoletto genannt, welcher jedoch in Neapel seine Kunst ausbildete. Er vertritt am mächtigsten in eigenthümlicher Weise die Richtung seines Meisters Caravaggio. Sein hervorstechendes Werk ist hier
Jacob, als Laban’s Schafhirte.
Eine hohe calabresische Hirtengestalt mit dunkelm, sonnenverbranntem Gesichte und schwarzen, wilden Augen knieet hier bei der Schaftränke, auf dem linken Kniee liegend, das rechte vorgebogen wie ein Räuber im Hinterhalt lauernd. Seine linke Hand drückt er wie eine habsüchtige Geierkralle auf die Brust, während
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Zitationshilfe: | Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mosen_galerie_1844/83>, abgerufen am 16.07.2024. |