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Moser, Johann Jacob: Abgenöthigte Beleuchtung der Ignorantz und vielfältigen Unwahrheiten. [s. l.], 1731.

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Probstlicher Seits nicht nöhtig/ dem nudo asserto eines Causidici, welcher
offenbahr/ wann er nur könte/ diesem Hoch-Stifft gern wehe thun möchte/
das geringste entgegen zu setzen: Doch die Malice und Ignorance dieses Man-
nes noch deutlicher zu Tag zu legen/ will man supererogatorie erweisen/ daß
dieser von dem Gegner fast auf allen Linien recoquirte und durch das gantze
Geschmier praesupponirte Satz so wenig fidem historicam habe/ als sein Au-
tor bonam fidem.

Dann 1. ist eine niemals bestrittene Wahrheit/ daß das Bisthum Hildes-
heim von Kayser Carolo M. gestifftet worden ist/ nun ist aber eine unter den
Gelehrten ebenfalls gantz ausgemachte Sache/ daß zu Zeiten Caroli M. Sach-
ser kein Hertzogthum oder geschlossen Territorium gewesen/ Witekindus auch
höchstens nur den Personal-Hertzoglichen Titul geführet/ der erste Hertzog oder
vielmehr Graff in Sachsen Ecbertus aber erst unter Kayser Ludovico Pio ge-
lebet habe/ wie dieses die beyde offtangezogene Braunschweigische JCti PFEF-
FINGER in Vitriar. illustrat. Tom. II. p, 89. seq.
und LEIBNIZ in Introd. ad
Scriptor. rer. Brunsvic. Tom. II. in recens. Vitae S. Idae & Translationis S. Pu-
sinnae ad Hervordiam Westphaliae
selbst gestehen müssen. Jst nun aber bey
Stifftung des Bisthums Hildesheim noch kein Hertzog zu Sachsen in rerum
natura
gewesen/ wie haben ihme dann die weltliche Regalia in dem Stifft an-
vertrauet werden können?

So wenig also das Bisthum Hildesheim zu Zeit seiner Stifftung denen
Hertzogen zu Sachsen oder Braunschweig untergeben worden ist/ oder auch
nur hat können untergeben werden/ eben so wenig findet sich auch so wohl bey
alten als neuen Historicis nur die geringste Spuhr/ daß in denen folgenden
etlichen hundert Jahren einem Hertzogen zu Sachsen oder Braunschweig ein-
gefallen wäre/ sich einer Landes-Hoheit über ermeltes Reichs-Stifft anzu-
massen/ ausser daß zu Zeiten Bischoffs Conradi II. Hertzog Otten eine derglei-
chen Lust angekommen; wie es aber ihme gelungen und was der Kayser und
das gesammte Reich auf sothane Praetension gehalten haben/ das lehret uns
das Chronicon Hildesiense, (welchem der Gegner selbst p. 34. eine ohnwider-
sprechliche Autorität beygelegt) apud LEIBNITIUM Script. rer. Brunsvic.
Tom. I. p. 752.
mit folgenden Worten: Praeter haec omnia Dioecesin nostram
a Jurisdictione Ducataus, quam Jurisdictionem Dominus Otto, Dux Brun-
svicensis sibi usurpare coram Domino Imperatore & Principibus in Curia
solemni apud Magunciam intendebat, prudenter liberavit, ibidem voce
publica protestans coram omnibus, Hildensemensem Episcopatum nullius
Dominio, nullius Ducatui, praeterquam solius Episcopi, subjacere, & hoc
fuit ab universis Principibus approbatum.
Jetzt quid ad haec? Hic Rho-
dus, hic salta!
Leibnizens Ausflucht/ daß es ein testimonium domesticum
seye/ ist von geringem Gewicht. Wann dann wir die testimonia domestica
alter Historicorum, die sonsten unverdächtig seynd/ und deren assertum mit
der Analogie der übrigen Historie übereinkommt/ nicht mehr passiren lassen
wollen/ wo würden wir mit der Historie hinkommen? Und wie würden sich
die Braunschweigische JCti und Historici sperren/ wann man ihnen die testi-
monia
ihrer Scriptorum domesticorum nicht mehr wollte gelten lassen/ auf
welche sie doch in denen wichtigsten Strittigkeiten so vieles bauen. Zu deme
so attestiret eben dieses auch der dem Gegner so hochgelobte PAPPENBURG,
(der nach des Adversarii Meynung p. 24. sein Chronic aus dem Hildesheimi-
schen Archiv geschrieben hat) in diesen terminis: "Die Hertzogen von Braun-
"schweig hatten vormalens lange und viele Jahren dem Bisthum hart zugese-
"tzet/ selbiges bekümmert und starck angefochten/ als weil das Stifft zwischen
"ihren Länderen und Fürstenthümern gelegen/ und von denselben gantz und

gar

Probſtlicher Seits nicht noͤhtig/ dem nudo aſſerto eines Cauſidici, welcher
offenbahr/ wann er nur koͤnte/ dieſem Hoch-Stifft gern wehe thun moͤchte/
das geringſte entgegen zu ſetzen: Doch die Malice und Ignorance dieſes Man-
nes noch deutlicher zu Tag zu legen/ will man ſupererogatoriè erweiſen/ daß
dieſer von dem Gegner faſt auf allen Linien recoquirte und durch das gantze
Geſchmier præſupponirte Satz ſo wenig fidem hiſtoricam habe/ als ſein Au-
tor bonam fidem.

Dann 1. iſt eine niemals beſtrittene Wahrheit/ daß das Biſthum Hildes-
heim von Kayſer Carolo M. geſtifftet worden iſt/ nun iſt aber eine unter den
Gelehrten ebenfalls gantz ausgemachte Sache/ daß zu Zeiten Caroli M. Sach-
ſer kein Hertzogthum oder geſchloſſen Territorium geweſen/ Witekindus auch
hoͤchſtens nur den Perſonal-Hertzoglichen Titul gefuͤhret/ der erſte Hertzog oder
vielmehr Graff in Sachſen Ecbertus aber erſt unter Kayſer Ludovico Pio ge-
lebet habe/ wie dieſes die beyde offtangezogene Braunſchweigiſche JCti PFEF-
FINGER in Vitriar. illuſtrat. Tom. II. p, 89. ſeq.
und LEIBNIZ in Introd. ad
Scriptor. rer. Brunſvic. Tom. II. in recenſ. Vitæ S. Idæ & Translationis S. Pu-
ſinnæ ad Hervordiam Weſtphaliæ
ſelbſt geſtehen muͤſſen. Jſt nun aber bey
Stifftung des Biſthums Hildesheim noch kein Hertzog zu Sachſen in rerum
natura
geweſen/ wie haben ihme dann die weltliche Regalia in dem Stifft an-
vertrauet werden koͤnnen?

So wenig alſo das Biſthum Hildesheim zu Zeit ſeiner Stifftung denen
Hertzogen zu Sachſen oder Braunſchweig untergeben worden iſt/ oder auch
nur hat koͤnnen untergeben werden/ eben ſo wenig findet ſich auch ſo wohl bey
alten als neuen Hiſtoricis nur die geringſte Spuhr/ daß in denen folgenden
etlichen hundert Jahren einem Hertzogen zu Sachſen oder Braunſchweig ein-
gefallen waͤre/ ſich einer Landes-Hoheit uͤber ermeltes Reichs-Stifft anzu-
maſſen/ auſſer daß zu Zeiten Biſchoffs Conradi II. Hertzog Otten eine derglei-
chen Luſt angekommen; wie es aber ihme gelungen und was der Kayſer und
das geſammte Reich auf ſothane Prætenſion gehalten haben/ das lehret uns
das Chronicon Hildeſienſe, (welchem der Gegner ſelbſt p. 34. eine ohnwider-
ſprechliche Autoritaͤt beygelegt) apud LEIBNITIUM Script. rer. Brunſvic.
Tom. I. p. 752.
mit folgenden Worten: Præter hæc omnia Diœceſin noſtram
à Jurisdictione Ducatûs, quam Jurisdictionem Dominus Otto, Dux Brun-
ſvicenſis ſibi uſurpare coram Domino Imperatore & Principibus in Curia
ſolemni apud Magunciam intendebat, prudenter liberavit, ibidem voce
publicâ proteſtans coram omnibus, Hildenſemenſem Epiſcopatum nullius
Dominio, nullius Ducatui, præterquam ſolius Epiſcopi, ſubjacere, & hoc
fuit ab univerſis Principibus approbatum.
Jetzt quid ad hæc? Hic Rho-
dus, hic ſalta!
Leibnizens Ausflucht/ daß es ein teſtimonium domeſticum
ſeye/ iſt von geringem Gewicht. Wann dann wir die teſtimonia domeſtica
alter Hiſtoricorum, die ſonſten unverdaͤchtig ſeynd/ und deren aſſertum mit
der Analogie der uͤbrigen Hiſtorie uͤbereinkommt/ nicht mehr paſſiren laſſen
wollen/ wo wuͤrden wir mit der Hiſtorie hinkommen? Und wie wuͤrden ſich
die Braunſchweigiſche JCti und Hiſtorici ſperren/ wann man ihnen die teſti-
monia
ihrer Scriptorum domeſticorum nicht mehr wollte gelten laſſen/ auf
welche ſie doch in denen wichtigſten Strittigkeiten ſo vieles bauen. Zu deme
ſo atteſtiret eben dieſes auch der dem Gegner ſo hochgelobte PAPPENBURG,
(der nach des Adverſarii Meynung p. 24. ſein Chronic aus dem Hildesheimi-
ſchen Archiv geſchrieben hat) in dieſen terminis: „Die Hertzogen von Braun-
„ſchweig hatten vormalens lange und viele Jahren dem Biſthum hart zugeſe-
„tzet/ ſelbiges bekuͤmmert und ſtarck angefochten/ als weil das Stifft zwiſchen
„ihren Laͤnderen und Fuͤrſtenthuͤmern gelegen/ und von denſelben gantz und

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[20/0022] Probſtlicher Seits nicht noͤhtig/ dem nudo aſſerto eines Cauſidici, welcher offenbahr/ wann er nur koͤnte/ dieſem Hoch-Stifft gern wehe thun moͤchte/ das geringſte entgegen zu ſetzen: Doch die Malice und Ignorance dieſes Man- nes noch deutlicher zu Tag zu legen/ will man ſupererogatoriè erweiſen/ daß dieſer von dem Gegner faſt auf allen Linien recoquirte und durch das gantze Geſchmier præſupponirte Satz ſo wenig fidem hiſtoricam habe/ als ſein Au- tor bonam fidem. Dann 1. iſt eine niemals beſtrittene Wahrheit/ daß das Biſthum Hildes- heim von Kayſer Carolo M. geſtifftet worden iſt/ nun iſt aber eine unter den Gelehrten ebenfalls gantz ausgemachte Sache/ daß zu Zeiten Caroli M. Sach- ſer kein Hertzogthum oder geſchloſſen Territorium geweſen/ Witekindus auch hoͤchſtens nur den Perſonal-Hertzoglichen Titul gefuͤhret/ der erſte Hertzog oder vielmehr Graff in Sachſen Ecbertus aber erſt unter Kayſer Ludovico Pio ge- lebet habe/ wie dieſes die beyde offtangezogene Braunſchweigiſche JCti PFEF- FINGER in Vitriar. illuſtrat. Tom. II. p, 89. ſeq. und LEIBNIZ in Introd. ad Scriptor. rer. Brunſvic. Tom. II. in recenſ. Vitæ S. Idæ & Translationis S. Pu- ſinnæ ad Hervordiam Weſtphaliæ ſelbſt geſtehen muͤſſen. Jſt nun aber bey Stifftung des Biſthums Hildesheim noch kein Hertzog zu Sachſen in rerum natura geweſen/ wie haben ihme dann die weltliche Regalia in dem Stifft an- vertrauet werden koͤnnen? So wenig alſo das Biſthum Hildesheim zu Zeit ſeiner Stifftung denen Hertzogen zu Sachſen oder Braunſchweig untergeben worden iſt/ oder auch nur hat koͤnnen untergeben werden/ eben ſo wenig findet ſich auch ſo wohl bey alten als neuen Hiſtoricis nur die geringſte Spuhr/ daß in denen folgenden etlichen hundert Jahren einem Hertzogen zu Sachſen oder Braunſchweig ein- gefallen waͤre/ ſich einer Landes-Hoheit uͤber ermeltes Reichs-Stifft anzu- maſſen/ auſſer daß zu Zeiten Biſchoffs Conradi II. Hertzog Otten eine derglei- chen Luſt angekommen; wie es aber ihme gelungen und was der Kayſer und das geſammte Reich auf ſothane Prætenſion gehalten haben/ das lehret uns das Chronicon Hildeſienſe, (welchem der Gegner ſelbſt p. 34. eine ohnwider- ſprechliche Autoritaͤt beygelegt) apud LEIBNITIUM Script. rer. Brunſvic. Tom. I. p. 752. mit folgenden Worten: Præter hæc omnia Diœceſin noſtram à Jurisdictione Ducatûs, quam Jurisdictionem Dominus Otto, Dux Brun- ſvicenſis ſibi uſurpare coram Domino Imperatore & Principibus in Curia ſolemni apud Magunciam intendebat, prudenter liberavit, ibidem voce publicâ proteſtans coram omnibus, Hildenſemenſem Epiſcopatum nullius Dominio, nullius Ducatui, præterquam ſolius Epiſcopi, ſubjacere, & hoc fuit ab univerſis Principibus approbatum. Jetzt quid ad hæc? Hic Rho- dus, hic ſalta! Leibnizens Ausflucht/ daß es ein teſtimonium domeſticum ſeye/ iſt von geringem Gewicht. Wann dann wir die teſtimonia domeſtica alter Hiſtoricorum, die ſonſten unverdaͤchtig ſeynd/ und deren aſſertum mit der Analogie der uͤbrigen Hiſtorie uͤbereinkommt/ nicht mehr paſſiren laſſen wollen/ wo wuͤrden wir mit der Hiſtorie hinkommen? Und wie wuͤrden ſich die Braunſchweigiſche JCti und Hiſtorici ſperren/ wann man ihnen die teſti- monia ihrer Scriptorum domeſticorum nicht mehr wollte gelten laſſen/ auf welche ſie doch in denen wichtigſten Strittigkeiten ſo vieles bauen. Zu deme ſo atteſtiret eben dieſes auch der dem Gegner ſo hochgelobte PAPPENBURG, (der nach des Adverſarii Meynung p. 24. ſein Chronic aus dem Hildesheimi- ſchen Archiv geſchrieben hat) in dieſen terminis: „Die Hertzogen von Braun- „ſchweig hatten vormalens lange und viele Jahren dem Biſthum hart zugeſe- „tzet/ ſelbiges bekuͤmmert und ſtarck angefochten/ als weil das Stifft zwiſchen „ihren Laͤnderen und Fuͤrſtenthuͤmern gelegen/ und von denſelben gantz und gar

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Zitationshilfe: Moser, Johann Jacob: Abgenöthigte Beleuchtung der Ignorantz und vielfältigen Unwahrheiten. [s. l.], 1731, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_beleuchtung_1731/22>, abgerufen am 21.11.2024.