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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796.

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telte oder erlogene Attestaten, die sogenannte
Veniam aetatis einem noch so unreifen und
ungezogenen Fürsten-Sohn zu geben, so bleibt
es doch immer für jedes Reich oder Land ein
bedaurenswerter Fall, wenn die schwere Strafe
über ihm zutrift, welche Gott bereits den Is-
raeliten durch die Propheten *) angedrohet
hat: "Ich will ihnen Jünglinge zu Fürsten ge-
ben, und Kindische sollen über sie herrschen."
So gelind diese Drohung scheint, so bedeutend
ist sie in ihren Folgen. Schon in einer Privat-
Familie ist es ein gewisser Vorbote ihres Ruins,
wenn ein ehrlich und mühsam erworbenes Ver-
mögen in die Hände eines leichtsinnigen Ver-
schwenders kommt, der unbekümmert, wie
lange es währen könne, drauf loshaust, so lan-
ge was da ist. Dieses möchte aber noch im-
mer das geringere Unglück seyn; denn durch
Schaden wird man, wenigstens zuweilen, klug.
Wenn aber ein Reich oder Land das harte Schick-
sal trift, dass auf einen Salomo ein Rehabeam
folgt, von dem die Geschichte *) erzählt, dass
er den weisen Rath der alten Räthe seines Va-
ters verlassen, und durch die mit ihm aufge-

*) Jesaias III, 4.
*) I. Könige XII, 6 -- 13.

telte oder erlogene Attestaten, die sogenannte
Veniam ætatis einem noch so unreifen und
ungezogenen Fürsten-Sohn zu geben, so bleibt
es doch immer für jedes Reich oder Land ein
bedaurenswerter Fall, wenn die schwere Strafe
über ihm zutrift, welche Gott bereits den Is-
raeliten durch die Propheten *) angedrohet
hat: „Ich will ihnen Jünglinge zu Fürsten ge-
ben, und Kindische sollen über sie herrschen.„
So gelind diese Drohung scheint, so bedeutend
ist sie in ihren Folgen. Schon in einer Privat-
Familie ist es ein gewisser Vorbote ihres Ruins,
wenn ein ehrlich und mühsam erworbenes Ver-
mögen in die Hände eines leichtsinnigen Ver-
schwenders kommt, der unbekümmert, wie
lange es währen könne, drauf loshaust, so lan-
ge was da ist. Dieses möchte aber noch im-
mer das geringere Unglück seyn; denn durch
Schaden wird man, wenigstens zuweilen, klug.
Wenn aber ein Reich oder Land das harte Schick-
sal trift, daſs auf einen Salomo ein Rehabeam
folgt, von dem die Geschichte *) erzählt, daſs
er den weisen Rath der alten Räthe seines Va-
ters verlassen, und durch die mit ihm aufge-

*) Jesaias III, 4.
*) I. Könige XII, 6 — 13.
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[119/0125] telte oder erlogene Attestaten, die sogenannte Veniam ætatis einem noch so unreifen und ungezogenen Fürsten-Sohn zu geben, so bleibt es doch immer für jedes Reich oder Land ein bedaurenswerter Fall, wenn die schwere Strafe über ihm zutrift, welche Gott bereits den Is- raeliten durch die Propheten *) angedrohet hat: „Ich will ihnen Jünglinge zu Fürsten ge- ben, und Kindische sollen über sie herrschen.„ So gelind diese Drohung scheint, so bedeutend ist sie in ihren Folgen. Schon in einer Privat- Familie ist es ein gewisser Vorbote ihres Ruins, wenn ein ehrlich und mühsam erworbenes Ver- mögen in die Hände eines leichtsinnigen Ver- schwenders kommt, der unbekümmert, wie lange es währen könne, drauf loshaust, so lan- ge was da ist. Dieses möchte aber noch im- mer das geringere Unglück seyn; denn durch Schaden wird man, wenigstens zuweilen, klug. Wenn aber ein Reich oder Land das harte Schick- sal trift, daſs auf einen Salomo ein Rehabeam folgt, von dem die Geschichte *) erzählt, daſs er den weisen Rath der alten Räthe seines Va- ters verlassen, und durch die mit ihm aufge- *) Jesaias III, 4. *) I. Könige XII, 6 — 13.

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/125>, abgerufen am 29.04.2024.