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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796.

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Aus einer Menge alltäglicher Beyspiele nur
ein illüstres anzuführen, so erzählt Zimmer-
mann
*) in der Krankheits-Geschichte Fried-
richs des Grossen, aus dem Munde des König-
lichen Cammerdieners Schöning: Der König
habe die allerausgesuchtesten und seinem Zu-
stand angemessensten Arzneyen nie über ein-
oder zweymal gebraucht. Er sey äusserst ein-
genommen gegen alle Arzneymittel, mit Aus-
nahme eines gemeinen Digestivpulvers, und
einiger andern Kleinigkeiten, an die er einzig
glaube und denen er einzig und allein traue.
Ueber alle Begriffe gehe sodann die Unmässig-
keit des Königs im Essen. -- Die unverdau-
lichsten Speisen seyen seine liebsten Speisen. --
Oft befalle ihn daher bey der Tafel Uebelkeit
und Erbrechen, und ein paarmal in jeder Wo-
che nach dem Essen eine heftige Colik. Kein
Mensch dürfe hierüber Vorstellungen machen.
So oft der König durch seine Aerzte beredet
worden, irgend ein Arzneymittel zu versuchen,
habe er desswegen seiner Unmässigkeit im Es-
sen keine Schranken gesetzt. Er habe zuwei-
len das Mittel gelobt, nachdem er die erste

*) In seinen Fragmenten, III. B. S. 49.

Aus einer Menge alltäglicher Beyspiele nur
ein illüstres anzuführen, so erzählt Zimmer-
mann
*) in der Krankheits-Geschichte Fried-
richs des Groſsen, aus dem Munde des König-
lichen Cammerdieners Schöning: Der König
habe die allerausgesuchtesten und seinem Zu-
stand angemessensten Arzneyen nie über ein-
oder zweymal gebraucht. Er sey äusserst ein-
genommen gegen alle Arzneymittel, mit Aus-
nahme eines gemeinen Digestivpulvers, und
einiger andern Kleinigkeiten, an die er einzig
glaube und denen er einzig und allein traue.
Ueber alle Begriffe gehe sodann die Unmäſsig-
keit des Königs im Essen. — Die unverdau-
lichsten Speisen seyen seine liebsten Speisen. —
Oft befalle ihn daher bey der Tafel Uebelkeit
und Erbrechen, und ein paarmal in jeder Wo-
che nach dem Essen eine heftige Colik. Kein
Mensch dürfe hierüber Vorstellungen machen.
So oft der König durch seine Aerzte beredet
worden, irgend ein Arzneymittel zu versuchen,
habe er deſswegen seiner Unmäſsigkeit im Es-
sen keine Schranken gesetzt. Er habe zuwei-
len das Mittel gelobt, nachdem er die erste

*) In seinen Fragmenten, III. B. S. 49.
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[157/0163] Aus einer Menge alltäglicher Beyspiele nur ein illüstres anzuführen, so erzählt Zimmer- mann *) in der Krankheits-Geschichte Fried- richs des Groſsen, aus dem Munde des König- lichen Cammerdieners Schöning: Der König habe die allerausgesuchtesten und seinem Zu- stand angemessensten Arzneyen nie über ein- oder zweymal gebraucht. Er sey äusserst ein- genommen gegen alle Arzneymittel, mit Aus- nahme eines gemeinen Digestivpulvers, und einiger andern Kleinigkeiten, an die er einzig glaube und denen er einzig und allein traue. Ueber alle Begriffe gehe sodann die Unmäſsig- keit des Königs im Essen. — Die unverdau- lichsten Speisen seyen seine liebsten Speisen. — Oft befalle ihn daher bey der Tafel Uebelkeit und Erbrechen, und ein paarmal in jeder Wo- che nach dem Essen eine heftige Colik. Kein Mensch dürfe hierüber Vorstellungen machen. So oft der König durch seine Aerzte beredet worden, irgend ein Arzneymittel zu versuchen, habe er deſswegen seiner Unmäſsigkeit im Es- sen keine Schranken gesetzt. Er habe zuwei- len das Mittel gelobt, nachdem er die erste *) In seinen Fragmenten, III. B. S. 49.

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/163>, abgerufen am 05.05.2024.