Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Königliche Staats-Verwalter in Schweden
hat sich auf dem Reichstag zu Gefle von seiner
Rechnung losgeredt, musste aber seine Bered-
samkeit mit seinem Leben bezahlen. In Däne-
mark murrt der Volks-Sprecher, und die Regie-
rung schweigt. Joseph II. starb unter dem Schre-
ken- und Schmerzens-Geschrey empörter Völ-
ker, welche die Sanftmuth und Weisheit seiner
Nachfolger kaum zu besänftigen vermochte.
-- -- Ueberall geht es hinter und über die Mo-
narchen her; und sie, sie sind es selbst und al-
lein, die durch ihre Neologie vom Staat den
Mund und die Augen der Völker geöfnet haben.
Die Fürsten haben diese Sprache und Grund-
sätze nachgeahmt; die Reihe wird an sie und
ihre Ministers auch kommen! Die Völker for-
dern nur Gerechtigkeit, und die Fürsten werden
weder Muth noch Macht haben, ihnen solche
zu verweigern.


Diese Betrachtungen greifen unmittelbar und
tief in die wichtige Frage ein: Ist dann aber
das Volk berechtiget, die Handlungen seiner
Fürsten zu richten, und -- zu bestrafen? Vor
zwölf Jahren sagte ein diese Frage aufwerfen-

M

Der Königliche Staats-Verwalter in Schweden
hat sich auf dem Reichstag zu Gefle von seiner
Rechnung losgeredt, muſste aber seine Bered-
samkeit mit seinem Leben bezahlen. In Däne-
mark murrt der Volks-Sprecher, und die Regie-
rung schweigt. Joseph II. starb unter dem Schre-
ken- und Schmerzens-Geschrey empörter Völ-
ker, welche die Sanftmuth und Weisheit seiner
Nachfolger kaum zu besänftigen vermochte.
— — Ueberall geht es hinter und über die Mo-
narchen her; und sie, sie sind es selbst und al-
lein, die durch ihre Neologie vom Staat den
Mund und die Augen der Völker geöfnet haben.
Die Fürsten haben diese Sprache und Grund-
sätze nachgeahmt; die Reihe wird an sie und
ihre Ministers auch kommen! Die Völker for-
dern nur Gerechtigkeit, und die Fürsten werden
weder Muth noch Macht haben, ihnen solche
zu verweigern.


Diese Betrachtungen greifen unmittelbar und
tief in die wichtige Frage ein: Ist dann aber
das Volk berechtiget, die Handlungen seiner
Fürsten zu richten, und — zu bestrafen? Vor
zwölf Jahren sagte ein diese Frage aufwerfen-

M
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0183" n="177"/>
Der Königliche Staats-Verwalter in Schweden<lb/>
hat sich auf dem Reichstag zu Gefle von seiner<lb/>
Rechnung losgeredt, mu&#x017F;ste aber seine Bered-<lb/>
samkeit mit seinem Leben bezahlen. In Däne-<lb/>
mark murrt der Volks-Sprecher, und die Regie-<lb/>
rung schweigt. Joseph II. starb unter dem Schre-<lb/>
ken- und Schmerzens-Geschrey empörter Völ-<lb/>
ker, welche die Sanftmuth und Weisheit seiner<lb/>
Nachfolger kaum zu besänftigen vermochte.<lb/>
&#x2014; &#x2014; Ueberall geht es hinter und über die Mo-<lb/>
narchen her; und sie, sie sind es selbst und al-<lb/>
lein, die durch ihre Neologie vom <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Staat</hi></hi> den<lb/>
Mund und die Augen der Völker geöfnet haben.<lb/>
Die Fürsten haben diese Sprache und Grund-<lb/>
sätze nachgeahmt; die Reihe wird an sie und<lb/>
ihre Ministers auch kommen! Die Völker for-<lb/>
dern nur Gerechtigkeit, und die Fürsten werden<lb/>
weder Muth noch Macht haben, ihnen solche<lb/>
zu verweigern.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Diese Betrachtungen greifen unmittelbar und<lb/>
tief in die wichtige Frage ein: Ist dann aber<lb/>
das Volk berechtiget, die Handlungen seiner<lb/>
Fürsten zu richten, und &#x2014; zu bestrafen? Vor<lb/>
zwölf Jahren sagte ein diese Frage aufwerfen-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[177/0183] Der Königliche Staats-Verwalter in Schweden hat sich auf dem Reichstag zu Gefle von seiner Rechnung losgeredt, muſste aber seine Bered- samkeit mit seinem Leben bezahlen. In Däne- mark murrt der Volks-Sprecher, und die Regie- rung schweigt. Joseph II. starb unter dem Schre- ken- und Schmerzens-Geschrey empörter Völ- ker, welche die Sanftmuth und Weisheit seiner Nachfolger kaum zu besänftigen vermochte. — — Ueberall geht es hinter und über die Mo- narchen her; und sie, sie sind es selbst und al- lein, die durch ihre Neologie vom Staat den Mund und die Augen der Völker geöfnet haben. Die Fürsten haben diese Sprache und Grund- sätze nachgeahmt; die Reihe wird an sie und ihre Ministers auch kommen! Die Völker for- dern nur Gerechtigkeit, und die Fürsten werden weder Muth noch Macht haben, ihnen solche zu verweigern. Diese Betrachtungen greifen unmittelbar und tief in die wichtige Frage ein: Ist dann aber das Volk berechtiget, die Handlungen seiner Fürsten zu richten, und — zu bestrafen? Vor zwölf Jahren sagte ein diese Frage aufwerfen- M

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/183
Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/183>, abgerufen am 21.11.2024.