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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796.

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dinanden; so noch überall, wo Gewalt vor
Recht geht, und wo, zur Bemäntelung des Un-
rechts, Justiz-Sachen in Staats-Sachen ver-
wandelt werden.

Eine ganz eigene und bey weitem die schlimm-
ste und gefährlichste Gattung der Cabinets-
Justiz
ist, wo, um den Unschuldigen desto
gewisser zu drücken und zu unterdrücken,
die äussere Form und Schein einer gesetzmässi-
gen Justiz-Verwaltung beybehalten wird; wohl
gar die Richter, um das Publicum desto mehr
zu täuschen, von ihren sonstigen Diener-Pflich-
ten losgebunden werden; ihnen eine ohne An-
sehen der Person zu leistende unpartheyische
Justiz anbefohlen, heimlich aber der Gang und
die ganze Behandlungsart vorgeschrieben wird,
um den Leidenden entweder seines Rechts ganz
verlustig zu machen, oder die Sache so zu
verwirren und zu verzögern, dass er, ohne
ein Wunder, das Ende derselben nicht erleben
könne. Freylich gehört ein ungewöhnlicher
Grad von Argheit auf Seiten des Regenten da-
zu, der es wagen darf, seinen Dienern derglei-
chen Zumuthungen zu thun, und eine Hunde-
Art von Menschen, die sich dazu gebrauchen

dinanden; so noch überall, wo Gewalt vor
Recht geht, und wo, zur Bemäntelung des Un-
rechts, Justiz-Sachen in Staats-Sachen ver-
wandelt werden.

Eine ganz eigene und bey weitem die schlimm-
ste und gefährlichste Gattung der Cabinets-
Justiz
ist, wo, um den Unschuldigen desto
gewisser zu drücken und zu unterdrücken,
die äussere Form und Schein einer gesetzmäſsi-
gen Justiz-Verwaltung beybehalten wird; wohl
gar die Richter, um das Publicum desto mehr
zu täuschen, von ihren sonstigen Diener-Pflich-
ten losgebunden werden; ihnen eine ohne An-
sehen der Person zu leistende unpartheyische
Justiz anbefohlen, heimlich aber der Gang und
die ganze Behandlungsart vorgeschrieben wird,
um den Leidenden entweder seines Rechts ganz
verlustig zu machen, oder die Sache so zu
verwirren und zu verzögern, daſs er, ohne
ein Wunder, das Ende derselben nicht erleben
könne. Freylich gehört ein ungewöhnlicher
Grad von Argheit auf Seiten des Regenten da-
zu, der es wagen darf, seinen Dienern derglei-
chen Zumuthungen zu thun, und eine Hunde-
Art von Menschen, die sich dazu gebrauchen

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[236/0242] dinanden; so noch überall, wo Gewalt vor Recht geht, und wo, zur Bemäntelung des Un- rechts, Justiz-Sachen in Staats-Sachen ver- wandelt werden. Eine ganz eigene und bey weitem die schlimm- ste und gefährlichste Gattung der Cabinets- Justiz ist, wo, um den Unschuldigen desto gewisser zu drücken und zu unterdrücken, die äussere Form und Schein einer gesetzmäſsi- gen Justiz-Verwaltung beybehalten wird; wohl gar die Richter, um das Publicum desto mehr zu täuschen, von ihren sonstigen Diener-Pflich- ten losgebunden werden; ihnen eine ohne An- sehen der Person zu leistende unpartheyische Justiz anbefohlen, heimlich aber der Gang und die ganze Behandlungsart vorgeschrieben wird, um den Leidenden entweder seines Rechts ganz verlustig zu machen, oder die Sache so zu verwirren und zu verzögern, daſs er, ohne ein Wunder, das Ende derselben nicht erleben könne. Freylich gehört ein ungewöhnlicher Grad von Argheit auf Seiten des Regenten da- zu, der es wagen darf, seinen Dienern derglei- chen Zumuthungen zu thun, und eine Hunde- Art von Menschen, die sich dazu gebrauchen

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/242>, abgerufen am 02.05.2024.