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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796.

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lassen. Dass es aber solche gebe, ist leider!
bewahrheitete Erfahrung.

Diese Art von Ungerechtigkeit zu ergründen
und zu entkräften, macht den Deutschen Reichs-
gerichten um so mehrere Mühe, weil sie sich
einerseits hinter Formalitäten, an welche auch
die Reichsgerichte gebunden sind, verstecken,
und andererseits mit denen so hochgespannten
Reichsständischen Jurisdictions-Gerechtsamen
kreuzen; endlich weil nicht selten Cabinets-
Justiz
des Despoten und Staats-Justiz
des Richters mit einander einverstanden sind,
und der Misshandelte politischen Rücksichten,
sollte es auch nur ein angedrohter Recursus
ad Comitia
seyn, aufgeopfert wird. Doch
hat man von ältern Zeiten noch Beyspiele thä-
tiger und exemplarischer Hülfe, und von neuern,
dass wenigstens zum Schein ein Schreckschuss
von Dinten-Pulver geschieht, welchen sich
der, den er treffen soll, schon selbst zu erklä-
ren weiss. Mit den kleinen Potentaten wer-
den schon weniger Umstände gemacht, und
ihnen zuweilen die volle Ladung gegeben, ob-
gleich die in dem mittlern Zeitalter gewöhnli-
che Strafe des Hunde-Tragens vorlängst in
Abgang gekommen.

lassen. Daſs es aber solche gebe, ist leider!
bewahrheitete Erfahrung.

Diese Art von Ungerechtigkeit zu ergründen
und zu entkräften, macht den Deutschen Reichs-
gerichten um so mehrere Mühe, weil sie sich
einerseits hinter Formalitäten, an welche auch
die Reichsgerichte gebunden sind, verstecken,
und andererseits mit denen so hochgespannten
Reichsständischen Jurisdictions-Gerechtsamen
kreuzen; endlich weil nicht selten Cabinets-
Justiz
des Despoten und Staats-Justiz
des Richters mit einander einverstanden sind,
und der Miſshandelte politischen Rücksichten,
sollte es auch nur ein angedrohter Recursus
ad Comitia
seyn, aufgeopfert wird. Doch
hat man von ältern Zeiten noch Beyspiele thä-
tiger und exemplarischer Hülfe, und von neuern,
daſs wenigstens zum Schein ein Schreckschuſs
von Dinten-Pulver geschieht, welchen sich
der, den er treffen soll, schon selbst zu erklä-
ren weiſs. Mit den kleinen Potentaten wer-
den schon weniger Umstände gemacht, und
ihnen zuweilen die volle Ladung gegeben, ob-
gleich die in dem mittlern Zeitalter gewöhnli-
che Strafe des Hunde-Tragens vorlängst in
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[237/0243] lassen. Daſs es aber solche gebe, ist leider! bewahrheitete Erfahrung. Diese Art von Ungerechtigkeit zu ergründen und zu entkräften, macht den Deutschen Reichs- gerichten um so mehrere Mühe, weil sie sich einerseits hinter Formalitäten, an welche auch die Reichsgerichte gebunden sind, verstecken, und andererseits mit denen so hochgespannten Reichsständischen Jurisdictions-Gerechtsamen kreuzen; endlich weil nicht selten Cabinets- Justiz des Despoten und Staats-Justiz des Richters mit einander einverstanden sind, und der Miſshandelte politischen Rücksichten, sollte es auch nur ein angedrohter Recursus ad Comitia seyn, aufgeopfert wird. Doch hat man von ältern Zeiten noch Beyspiele thä- tiger und exemplarischer Hülfe, und von neuern, daſs wenigstens zum Schein ein Schreckschuſs von Dinten-Pulver geschieht, welchen sich der, den er treffen soll, schon selbst zu erklä- ren weiſs. Mit den kleinen Potentaten wer- den schon weniger Umstände gemacht, und ihnen zuweilen die volle Ladung gegeben, ob- gleich die in dem mittlern Zeitalter gewöhnli- che Strafe des Hunde-Tragens vorlängst in Abgang gekommen.

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/243>, abgerufen am 02.05.2024.