der hergestellter Legalität und Ordnung, über- geben wurde.
Man würde eine Unwahrheit sagen: Dass sich der verstorbene Landgraf zur Ehre und Freude gemacht habe, die seit dritthalb hundert Jahren von seinen Voreltern her angehäufte Schulden zu bezahlen; seiner Neigung nach hätte er lie- ber gar nichts bezahlt, und die entbehrliche Landes-Einkünfte dagegen zu Vermehrung sei- nes Militar-Etats angewandt; es war aber doch der nächste Vortheil für ihn selbst mit dabey, dass er die von seinen Vätern bereits vorgefun- dene Schulden nicht erst zu machen brauchte, wie ausser diesem Fall gewiss geschehen seyn würde. Sodann verdient ein Fürst allemahl Lob, für das Gute, was er auch nicht gerne und aus gezwungenem Willen thut; wanns dann nur geschieht. Die Seufzer, Thränen und Klagen so vieler Unglücklichen wurden gestillt, und in lautes Lob des Fürsten, in dem man den ehr- lichen Mann erkannte, verwandelt, und der mit Schmach bedeckte Nahme des Fürstlichen Hauses Darmstadt vor dem grossen Publico wie- der ehrlich gemacht, der Credit und das Ver- trauen aber so geschwind und vollständig wie-
der hergestellter Legalität und Ordnung, über- geben wurde.
Man würde eine Unwahrheit sagen: Daſs sich der verstorbene Landgraf zur Ehre und Freude gemacht habe, die seit dritthalb hundert Jahren von seinen Voreltern her angehäufte Schulden zu bezahlen; seiner Neigung nach hätte er lie- ber gar nichts bezahlt, und die entbehrliche Landes-Einkünfte dagegen zu Vermehrung sei- nes Militar-Etats angewandt; es war aber doch der nächste Vortheil für ihn selbst mit dabey, daſs er die von seinen Vätern bereits vorgefun- dene Schulden nicht erst zu machen brauchte, wie ausser diesem Fall gewiſs geschehen seyn würde. Sodann verdient ein Fürst allemahl Lob, für das Gute, was er auch nicht gerne und aus gezwungenem Willen thut; wanns dann nur geschieht. Die Seufzer, Thränen und Klagen so vieler Unglücklichen wurden gestillt, und in lautes Lob des Fürsten, in dem man den ehr- lichen Mann erkannte, verwandelt, und der mit Schmach bedeckte Nahme des Fürstlichen Hauses Darmstadt vor dem groſsen Publico wie- der ehrlich gemacht, der Credit und das Ver- trauen aber so geschwind und vollständig wie-
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der hergestellter Legalität und Ordnung, über-
geben wurde.
Man würde eine Unwahrheit sagen: Daſs sich
der verstorbene Landgraf zur Ehre und Freude
gemacht habe, die seit dritthalb hundert Jahren
von seinen Voreltern her angehäufte Schulden
zu bezahlen; seiner Neigung nach hätte er lie-
ber gar nichts bezahlt, und die entbehrliche
Landes-Einkünfte dagegen zu Vermehrung sei-
nes Militar-Etats angewandt; es war aber doch
der nächste Vortheil für ihn selbst mit dabey,
daſs er die von seinen Vätern bereits vorgefun-
dene Schulden nicht erst zu machen brauchte,
wie ausser diesem Fall gewiſs geschehen seyn
würde. Sodann verdient ein Fürst allemahl Lob,
für das Gute, was er auch nicht gerne und aus
gezwungenem Willen thut; wanns dann nur
geschieht. Die Seufzer, Thränen und Klagen
so vieler Unglücklichen wurden gestillt, und
in lautes Lob des Fürsten, in dem man den ehr-
lichen Mann erkannte, verwandelt, und der
mit Schmach bedeckte Nahme des Fürstlichen
Hauses Darmstadt vor dem groſsen Publico wie-
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/252>, abgerufen am 18.12.2024.
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